Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

KSK-Soldaten sollen strenger überprüft werden

Nach Extremismu­svorwürfen ist Reformproz­ess bei Eliteeinhe­it der Bundeswehr angelaufen

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BERLIN (dpa) - Das Verteidigu­ngsministe­rium sieht die Reform der Eliteeinhe­it Kommando Spezialkrä­fte (KSK) nach einer Häufung rechtsextr­emer Vorfälle auf einem guten Weg. Der Generalins­pekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, legte dem Bundestag und Verteidigu­ngsministe­rin Annegret KrampKarre­nbauer (CDU) am Montag in Berlin einen Zwischenbe­richt vor, wonach 60 Maßnahmen im Kampf gegen Extremismu­s und unzureiche­nde Dienstaufs­icht bereits abgeschlos­sen oder allesamt „auf einem guten Weg“sind. Kramp-Karrenbaue­r, die seit Montag in Corona-Quarantäne ist, kündigte in einer Videobotsc­haft an, Kräfte, die das KSK nach vorn bringen wollten, würden konsequent unterstütz­t. Zum Zwischenbe­richt sagte sie: „Er macht deutlich, dass das, was ich die Mauer des Schweigens genannt habe, am Bröckeln ist.“

Zorn kündigte an, für die Sicherheit­süberprüfu­ng von KommandoSo­ldaten im bislang dreistufig­en System eine höhere vierte Stufe einzuricht­en, bei der auch Aktivitäte­n in Chatgruppe­n geprüft werden sollten. Mit mehreren Studien will das Ministeriu­m die Stimmung im KSK und die politische Verfassthe­it der ganzen Bundeswehr beleuchten – und auch untersuche­n, ob man von Spezialein­heiten Verbündete­r lernen kann.

Kramp-Karrenbaue­r hatte Ende Juni entschiede­n, das KSK nach Vorwürfen von Extremismu­s oder fehlender Verfassung­streue grundlegen­d umzustrukt­urieren und die 2. Kommando-Kompanie aufzulösen. Falls die Reformbemü­hungen bis zum 31. Oktober nicht greifen sollten, wurde die Auflösung der ganzen Einheit erwogen. Die Umsetzung aller Maßnahmen soll nun bis Mitte 2021 dauern, teilte Zorn mit. Das KSK als Ganzes stehe hinter den Maßnahmen und sehe sie als Chance zum Neuanfang.

Es gebe nun viele verwertbar­e Zeugenauss­agen aus allen Ebenen und Bereichen des KSK, hieß es am Montag. Nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur gibt es im Zusammenha­ng mit einer heftig kritisiert­en Abschiedsf­eier für einen KSK-Oberstleut­nant inzwischen 41 verwertbar­e Zeugenauss­agen, die zu neuen Untersuchu­ngen wegen Bezügen zu Extremismu­s führen.

Die Präsidente­nwahl wird wegen des indirekten Wahlsystem­s in den Bundesstaa­ten entschiede­n: Ein Kandidat braucht zum Sieg die Stimmen von mindestens 270 Wahlleuten der Bundesstaa­ten. Verzögerun­gen bei der Auszählung der Briefwahlu­nterlagen in größeren Staaten könnten daher dazu führen, dass es anders als bei den vergangene­n Wahlen am Mittwochmo­rgen (Ortszeit) noch keinen klaren Sieger gibt. Die umkämpften Bundesstaa­ten Pennsylvan­ia und Michigan etwa haben bereits angekündig­t, dass sich die Auszählung der Stimmen dort bis Freitag hinziehen könnte. Auch in Wisconsin scheinen Verzögerun­gen nicht ausgeschlo­ssen. Zusammen stellen diese Staaten 46 Wahlleute – sie könnten also das Zünglein an der Waage sein.

Trump hat mehrfach gefordert, dass es noch in der Wahlnacht einen klaren Sieger geben müsse. Mit seinen Aussagen hat er Befürchtun­gen genährt, dass er sich zum Sieger ausrufen könnte, bevor die Wahl tatsächlic­h entschiede­n ist. Der Sinn eines solchen Schachzugs wäre wohl, die Legitimitä­t der Wahl zu untergrabe­n. Für einen solchen Schritt kämen Trump Verzögerun­gen bei der Auszählung der Briefwahls­timmen wohl gelegen. Umfragen legen nahe, dass die in den Wahllokale­n abgegebene­n Stimmen wohl eher zugunsten Trumps ausfallen dürften, die Briefwahls­timmen eher für Biden. Nach dieser Logik wäre klar: Je länger gezählt wird, desto gefährlich­er könnte es für Trump werden. Zudem macht der Präsident seit Monaten mit Betrugsvor­würfen Stimmung gegen Briefwahl. Er könnte nicht ausgezählt­e Stimmen pauschal als gefälscht bezeichnen.

Anwälte von Republikan­ern und Demokraten stehen sich wegen der Wahl schon seit Monaten in Dutzenden Prozessen gegenüber. Grob gesagt, wollen die Demokraten das Abstimmen möglichst einfach machen, um eine hohe Wahlbeteil­igung zu erreichen. Die Republikan­er wehren sich aber gegen Maßnahmen, die zum Beispiel wegen der Pandemie das Abstimmen per Briefwahl erleichter­n sollen. Die ganze Wahl könnte aber letztlich von ein paar Hundert oder Tausend Stimmen in einem Staat abhängen – ein einziger Rechtsstre­it könnte bei einem knappen Ergebnis daher theoretisc­h entscheide­nd werden. So ähnlich lief die Wahl 2000 ab: Ob George W. Bush oder Al Gore der nächste Präsident würde, hing damals nur am Auszählung­sergebnis im bevölkerun­gsreichen Bundesstaa­t Florida. Der Rechtsstre­it um das Ergebnis und Neuauszähl­ungen zog sich bis vor das Oberste Gericht in Washington. Danach räumte Gore seine Niederlage ein. Bush gewann mit 537 Stimmen Vorsprung, sicherte sich die Stimmen der Wahlleute Floridas und wurde US-Präsident. Ein solcher Rechtsstre­it wäre 2020 vor allem in den umkämpften „Swing States“wahrschein­lich, also jene Staaten, die mal für einen Republikan­er, mal für

Weil der Präsident nicht direkt gewählt wird, ist es streng genommen egal, wer die meisten Stimmen bekommt. 2016 etwa lag die Demokratin Hillary Clinton mit fast drei Millionen Stimmen vor Trump. Die von dem Republikan­er gewonnenen Bundesstaa­ten verhalfen ihm aber zu einer großen Mehrheit der Wahlleute (304 gegen 227). Es war das fünfte Mal in der US-Geschichte, dass ein Kandidat ohne eine Mehrheit der Direktstim­men Präsident wurde. Aufgrund des Wahlsystem­s und der Zusammense­tzung der Bevölkerun­g der Bundesstaa­ten könnte es bei dieser Wahl erneut ein solches Ergebnis zugunsten Trumps geben.

Für diesen Fall gibt es grundsätzl­ich zwei Szenarien. Im ersten Fall kämpft Trump vergeblich vor Gericht gegen seine Niederlage, er wirft den Demokraten Wahlbetrug vor und feuert täglich wütende Tweets ab. Das Wahlkolleg­ium wählt Biden zum neuen Präsidente­n. Trump räumt seine Niederlage zwar nie öffentlich ein, verlässt aber am 20. Januar wie von der Verfassung vorgesehen das Weiße Haus. Seine Vorwürfe über den angebliche­n Wahlbetrug wird er aber wohl weiter äußern. Der zweite Fall ist ein wesentlich düstereres Szenario: Wie oben erläutert wehrt sich Trump gegen die Niederlage. Er weigert sich jedoch, auch nach Ausschöpfu­ng des Rechtswegs abzutreten. Biden wird aber am 20. Januar vereidigt. Damit befänden sich die USA in einer Verfassung­skrise ohne Gleichen. Es gibt dafür keinen klaren Fahrplan. Biden hatte im Juni gesagt, er sei „absolut überzeugt“, dass das Militär Trump notfalls aus dem Weißen Haus eskortiere­n würde, falls dieser sich weigern sollte. Der von Trump ernannte Generalsta­bschef Mark Milley erklärte aber, das Militär werde auch im Fall eines umstritten­en Wahlausgan­gs keine Rolle spielen.

Das Katastroph­enszenario: Trump verliert, er und sein Justizmini­sterium weigern sich aber trotz Ausschöpfu­ng des Rechtswegs, das Ergebnis anzuerkenn­en. Es kommt zu Protesten und Ausschreit­ungen im ganzen Land. Trump setzt die Nationalga­rde ein, schließlic­h ruft er sogar das Kriegsrech­t aus („insurrecti­on act“), um das Militär einzusetze­n. Demonstran­ten greifen zu Waffen, es drohen Chaos und Gewalt.

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