Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gläubiger fordern 12,5 Millionen Euro
Insolvenzverwalter spricht über die Nachlassinsolvenz des verstorbenen Waldseer Unternehmers Christian Heinzl
BAD WALDSEE - Nachdem der Bad Waldseer Unternehmer Christian Heinzl im Sommer 2019 überraschend verstorben ist, kamen kurz drauf die ersten Fragen zu seinem Vermögen auf. Schließlich waren etliche Schulden in Höhe von mehreren Millionen Euro noch nicht abbezahlt und diverse Rechnungen offen, sodass schließlich ein Nachlassinsolvenzverfahren angeordnet wurde . Wolfgang Heyer hat mit dem betrauten Ravensburger Insolvenzverwalter Matthäus Rösch über den außergewöhnlichen Fall gesprochen.
Herr Rösch, wie viele Gläubiger gibt es?
Es sind insgesamt 40 Gläubiger, darunter einige Banken, Handwerker und öffentliche Stellen, wie das Finanzamt oder die Stadt Bad Waldsee und die Stadt Bad Schussenried. Bei den Städten handelt es sich um Forderungen zur Gewerbesteuer oder Grundsteuer.
Und wie hoch sind die Forderungen insgesamt?
Angemeldet haben die Gläubiger Forderungen in Höhe von 12,5 Millionen Euro – von mir anerkannt wurden rund 10,5 Millionen Euro. Man muss aber dazu sagen, dass viele Gläubiger gesichert sind. Das sind zum Beispiel Banken, die Grundpfandrechte haben. Die Handwerker, die an den Immobilien gearbeitet und bislang kein Geld bekommen haben, sind ungesicherte Gläubiger.
Ist die Vielzahl der Gläubiger eine Herausforderung für Sie?
Die Herausforderung ist, dass die Gläubigergemeinschaft unterschiedliche Interessen hat. Ich erkläre das mal anhand eines fiktiven Beispiels: Eine Bank ist bei einer Wohnung aus der Insolvenzmasse mit 200 000 Euro beteiligt. Ein Käufer würde dafür 210 000 Euro zahlen. Die Bank als gesicherter Gläubiger wäre damit zufrieden, weil sie die 200 000 Euro bekäme und die 10 000 Euro in die Masse fließe und unter den ungesicherten Gläubigern aufgeteilt werden könnte. Was aber, wenn die Wohnung 350 000 Euro wert ist. Dann müsste man etwas länger nach einem Käufer suchen, um mehr Geld für die ungesicherten Gläubiger zu bekommen. Da kann es schnell zu Interessenskonflikten kommen.
Um wie viele Objekte handelt es sich eigentlich?
Die Insolvenzmasse umfasst in erster Linie zehn Grundstücke, die zumeist bebaut sind, und sechs Photovoltaikanlagen.
Wie hoch liegt der Gesamtwert der Insolvenzmasse?
Das ist schwer zu sagen und hängt davon ab, wie die Grundstücke am Markt verwertet werden können. Außerdem müssen wir uns die Zahlungsflüsse von den Konten noch genauer ansehen. Von wo kam das Geld und wo ist es hin geflossen. Das ist auf den ersten Blick nicht immer klar.
Welche Schritte stehen als nächstes für Sie an?
Wir haben bislang die Verbindlichkeiten und Vermögensgegenstände ermittelt und geprüft und nun gilt es, das Vermögen zu Geld zu machen und die Objekte am Markt anzubieten. Im Verhältnis zu anderen Verfahren ist der Koordinationsaufwand deutlich größer, weil andere Miteigentümer
bestehen. Das bedeutet, dass weder der andere Miteigentümer noch ich ein Objekt alleine verkaufen kann. Es braucht immer auch die Zustimmung der Miteigentümer.
Wie viele Grundstücke haben Sie bereits verkauft?
Es wurde noch kein Grundstück veräußert. Einzelne Objekte haben wir vermietet. Hier müssen wir uns um die Verwaltung kümmern. Da ist man manchmal ein besserer Hausmeister. Das ist ebenfalls nicht immer ganz leicht.
Sie beschäftigen sich seit mehr als 20 Jahren mit Insolvenzen. Hatten Sie schon einmal so einen Fall?
Nein, so einen Fall hatte ich noch nicht. Der Umfang und die Anzahl an Vermögenswerten und die damit einhergehenden rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten machen diesen Fall außergewöhnlich.
Welche rechtlichen Schwierigkeiten meinen Sie?
Bei den Immobilien gibt es spezielle Konstellationen. Mal wurde eine Garage auf dem Nachbargrundstück gebaut, mal fehlen Genehmigungen. Da wurden beispielsweise Ferienwohnungen angeboten, die gar nicht angemeldet waren. Oder über Immobilien sind Klageverfahren anhängig. Vereinzelt ist das ein großes Chaos. Das sind komplexe Sachverhalte, die man in einem normalen Verfahren nicht hat.
Bis wann wird das Verfahren voraussichtlich abgeschlossen sein?
Nach dem Tod von Christian Heinzl wurde zunächst ein Nachlassverwalter aus Ulm bestellt. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Insolvenz noch vermieden und Lösungen mit den Gläubigern gefunden werden. Über Vergleiche konnten aber nicht alle Gläubiger befriedigt werden. Also wurde Anfang März die Nachlassinsolvenz eröffnet. Das Verfahren wird sicher fünf Jahren dauern.