Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hold wirft CSU Taschenspielertricks vor
Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler fordert CSU auf, „das Ergebnis der Seilbahn-Studie endlich hinzunehmen“
KEMPTEN - Die Seilbahn-Pläne sind geplatzt, der Ausschuss für Mobilität und Verkehr hat gegen die Stimmen der CSU entschieden, die KostenNutzen-Analyse zu stoppen. Zuvor hatte der Gutachter in seinem Zwischenbericht der Stadtseilbahn ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Alexander Hold, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler-ÜP, erklärt das vorzeitige Aus der Untersuchung – und wirft der CSU vor, nicht mit offenen Karten gespielt zu haben.
Warum stoppen Sie die Arbeit am Gutachten kurz vor dessen Fertigstellung?
Alexander Hold: Ein fertiges Gutachten liegt intern schon seit Juli vor. Noch am selben Tag hat der Fraktionsvorsitzende der CSU in einem mehrseitigen Schreiben dem Gutachterbüro mitgeteilt, was in dem Gutachten zusätzlich berücksichtigt werden solle. Spätestens seit 13. August liegt der Stadt eine überarbeitete Fassung des Gutachtens vor, das die Gutachter eindeutig als „Abschlussbericht“gekennzeichnet haben. Deutlich später hat der Oberbürgermeister anderen Fraktionen erstaunlicherweise noch mitgeteilt, es läge kein schriftliches Gutachten vor. Beide Versionen des Gutachtens waren eindeutig negativ, trotzdem wurde noch einmal versucht, dem Gutachten mit neuen Parametern eine neue Wendung zu geben. Es geht also nicht um ein halb fertiges Gutachten, sondern darum, endlich das Ergebnis hinzunehmen, dass eine Stadtseilbahn in Kempten volkswirtschaftlich nicht sinnvoll ist.
Sie werfen der CSU vor, „Taschenspielertricks“anzuwenden. Was soll das heißen?
Hold: Das begann schon damit, dass das Gutachten nicht so in Auftrag gegeben wurde, wie es der Stadtrat beschlossen hatte: Still und leise wurde der Verlauf der Trasse verändert. Dass das Gutachten nicht wie zugesagt vor der Kommunalwahl fertig wurde, hatten wir schon fast erwartet, weil das negative Ergebnis abzusehen war. Als dann über Monate das Gutachten nicht veröffentlicht wurde, haben wir beantragt, das Thema samt Beschluss im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) am 29. September zu behandeln. Das hat der OB schlicht ignoriert. Dann haben wir erneut eine Entscheidung für die HFA-Sitzung am 12. November beantragt.
Hold: Ja, plötzlich findet sich das Thema im bisher nicht damit befassten Mobilitätsausschuss Ende Oktober auf der Tagesordnung – aber nicht zur beantragten Abstimmung, ob man das Projekt weiter betreibt, sondern nur zur Kenntnisnahme, dass die Verwaltung das Gutachten nochmals nachbessern lässt. Wenn man dann zu dieser Sitzung auch noch den ursprünglichen „Abschlussbericht“kaum verändert als „Vorstellung Zwischenergebnisse“präsentiert bekommt, muss sich niemand wundern, wenn die Mehrheit sagt: Am Ergebnis wird sich nichts ändern. Der Gutachter sagt klar, dass wir in Kempten den Busverkehr stärken müssen, statt eine Seilbahn zu bauen.
Der Mobilitätsbeauftragte des Stadtrates, Dr. Stefan Thiemann, gehört der Grünen-Fraktion an, ist also Teil Ihrer Allianz. Hat er die Ergebnisse des Gutachters ebenfalls erst jetzt erhalten?
Hold: Meines Wissens hat die erste Fassung zunächst nur der CSUStadtrat Berchtold erhalten. Ich kann aber nur für mich selbst sprechen. Ich habe das Gutachten erst auf Nachfrage im September erhalten. Für alle Stadträte ist bisher nur die letzte Fassung und zwar erst Mitte Oktober zugänglich gemacht worden.
Hold: Das sieht das Gutachten anders: Das Umsteigen in die Seilbahn ist unattraktiv und Busse sind genauso schnell. Daher halten wir es für richtig, diesen Weg zu verfolgen. Nun beginnt das Stricken an der Legende, die Seilbahn hätte die Verkehrsprobleme der Stadt gelöst, wenn die Freien Wähler, Grüne, SPD, und FFK sie nicht verhindert hätten. Erstaunlich, dass wir den Busunternehmer dazu drängen müssen, dem Gutachten zu glauben und lieber den Busverkehr zu stärken.
Interview: Uli Hagemeier