Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Wenn man will, kann man das bewusst falsch interpretieren“
Kiechle und Berchtold weisen Kritik vehement zurück – Thiemann (Grüne) erhielt Zwischenstand im Juli
KEMPTEN (jaj) - Auch nach dem Aus der Seilbahn-Pläne für Kempten sorgt das Thema weiter für Diskussionen. Oberbürgermeister Thomas Kiechle und sein CSU-Parteikollege Helmut Berchtold weisen die Vorwürfe von Alexander Hold, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler-ÜP, vehement zurück (siehe Artikel oben) . „Es fand von meiner Seite zu keiner Zeit eine Beeinflussung statt“, betont Kiechle.
Aus seiner Sicht sei es wichtig, die Diskussion zu versachlichen: „Es ergibt keinen Sinn, mit Unterstellungen zu arbeiten.“Er akzeptiere die Entscheidung der Mehrheit, das Gutachten im laufenden Prozess zu stoppen. Wenngleich er den Beschluss sehr bedauere: Kiechle habe sich Erkenntnisse erhofft, wie man den öffentlichen Nahverkehr in Kempten attraktiver gestalten kann. „Wenn wir es ernst meinen mit dem ÖPNV, brauchen wir zwei neue Umsteigepunkte“, sagt er. In der Stadt sei das aufgrund des begrenzten Platzes nicht darstellbar. Und eben diese zwei Umsteigepunkte und deren Einbindung in das gesamte ÖPNV-Konzept der Stadt sollte der Gutachter weiter untersuchen. Auch seien die Pendlerströme aus dem Umland bislang nicht berücksichtigt worden. Das Ergebnis der Untersuchung hätte aus Sicht Kiechles auch Grundlage für andere Verkehrsmittel sein können.
Es sei bei solchen Gutachten übliches Prozedere, dass das beauftragte
Büro in Kontakt mit der Stadtverwaltung tritt und das weitere Vorgehen sowie offene Fragen bespricht. Nichts anderes sei auch in diesem Fall geschehen. „Wenn man will, kann man das bewusst falsch interpretieren.“
Kiechle räumt ein, dass über einem Entwurf des Gutachters „Abschlussbericht“stand. „Das war ein Lapsus“, sagt der Oberbürgermeister. Der Gutachter habe sich hierfür entschuldigt – es habe sich um nichts anderes als um ein Zwischenergebnis gehandelt, betont Kiechle.
Erstmals Anfang Oktober seien Vertreter der Stadtverwaltung und des bayerischen Verkehrsministeriums, das die Kosten-Nutzen-Analyse mitfinanziert, sowie die Gutachter zusammengekommen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Mit dabei waren zudem CSU-Fraktionsvorsitzender Helmut Berchtold, der eigenen Angaben zufolge seit vergangenem Jahr der Seilbahn-Lenkungsgruppe angehört, und der neue Mobilitätsbeauftragte des Stadtrats, Dr. Stefan Thiemann von den Grünen, die sich mit Freien Wählern, SPD und FDP zu einer Allianz zusammengeschlossen haben.
Thiemann bestätigt auf AZ-Anfrage, dass er den Zwischenbericht bereits im Juli erhalten habe und in das Verfahren eingebunden worden sei. Berchtold verweist außerdem auf ein Treffen im Sommer, bei dem Kiechle und er mit Alexander Hold über das
Zwischenergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse gesprochen hätten.
Während der Ausschuss-Sitzung am Dienstag habe erstmals öffentlich eine Diskussion über den Zwischenbericht stattgefunden, sagt Kiechle. Dabei lud er die Fraktionen ein, sich am weiteren Vorgehen zu beteiligen. Dazu kam es bekanntlich allerdings nicht.