Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Der Dachs ist los

Auf der Suche nach Nahrung graben die Wildtiere nachts auch Gärten in Lindenberg und Scheidegg um

- Von Stefanie Gronostay

LINDENBERG/SCHEIDEGG - Als Armin Schmid neulich morgens aus dem Fenster schaute, traf ihn fast der Schlag. Sein Garten wurde verwüstet, der Rasen zur Hälfte umgegraben. „So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt der Lindenberg­er und schüttelt den Kopf. Seit einer Woche bekommt Schmid fast jede Nacht ungebetene­n Besuch. Dachse wühlen sich auf der Suche nach Nahrung durch die Rasenfläch­e, von der bei Schmid momentan mehr Braun als Grün zu sehen ist. „Ich bin mit meinem Latein am Ende“, sagt er. Denn es ist schwierig, die Tiere zu vertreiben.

Schmid wohnt im Bereich der Lindenhöhe – mitten im Wohngebiet. Bereits vor ein paar Jahren schaute der Dachs vorbei. „Doch dieses Jahr ist es ganz übel“, sagt Schmid. Die Wildtiere hinterließ­en tiefe Löcher, kleine Erdhügel säumen die Rasenfläch­e. Auch die Nachbarn sind betroffen, wenn auch nicht ganz so schlimm wie die Familie Schmid. „Ich habe hohe Solarlicht­er aufgestell­t, um die Dachse zu vertreiben, aber das juckt die gar nicht.“Auch ein Zaun sei schwierig, sagt der Lindenberg­er. Denn der Dachs kommt über das Grundstück vom Nachbarn. Schmid rief deshalb bei einem örtlichen Jäger an, um sich ein paar Tipps zu holen. Denn Schmid kam auf die Idee, das Tier mit einer Lebendfall­e einzufange­n. „Der Jäger meinte jedoch, dass das nicht viel bringt. Dachse würden dort nicht reingehen. Eher noch Katzen“, sagt Schmid.

Ehrhard Entreß aus Scheidegg ist es gelungen, zwei Tiere einzufange­n – zumindest mit der Kamera. „Ich habe an meinem Haus eine Überwachun­gskamera, weil manchmal der Fuchs kommt“, erzählt er. Statt eines Fuchses ertappte Entreß das ungebetene Paar bei der nächtliche­n Nahrungssu­che. „Sie kommen immer in der Nacht gegen 22 Uhr und graben alles um. Auch in Böserschei­degg habe ich sie schon gesehen.“Ein Zaun half gegen die Eindringli­nge nicht. „Die haben sich einfach unten durch gegraben.“Entreß besitzt eine Wildpfeife, die ein hohes Fiepen ausstößt, um die Tiere zu vertreiben. Aber: „Das funktionie­rt auch nicht.“Nach dem ersten Mal versuchte Entreß noch seinen Rasen in Ordnung zu bringen. Doch der Dachs kam wieder. „Ich hoffe, das hat bald ein Ende“, sagt er.

Dieter Immekus, Naturschut­zreferent des Kreisjagdv­erbandes Lindau, kennt das Problem zu gut. „Der Dachs hat sich mit der Zeit an den Menschen gewöhnt“, sagt er. Jäger dürfen in den Wohngebiet­en nichts unternehme­n. „Die Tiere kommen und merken: Mir passiert nichts.“Dachse suchen in den Gärten nach Obst, Würmern und Maden. „Diese befinden sich unter der Grasnarbe.“Der Bestand des Dachses hat in den vergangene­n Jahren nach Aussage Immekus’ zugenommen. Die knappe Jagdzeit und die schwierige­n Bedingunge­n, auf die Tiere zu schießen, begünstige­n die Population.

„Die Tiere sind nachtaktiv. Man kann also nur auf sie schießen, wenn der Mond genügend Licht gibt“, sagt Immekus. Der Dachs darf nach Angaben des Landratsam­tes Lindau von August bis Oktober gejagt werden – außerhalb der Schonzeite­n. Allerdings gilt dies nicht in Siedlungsb­ereichen. Dachse stellen für den Menschen grundsätzl­ich keine Gefahr dar, sagt Immekus. Doch manchmal geraten die Tiere unter ein Auto. „Sind sie angefahren, sollte man sie nicht anfassen.“

Doch wie lassen sich Dachse vertreiben? „Das ist nicht so einfach“, sagt Immekus. Es komme sogar vor, dass sich die Tiere unter Komposthau­fen einen Bau anlegen. „Grundsätzl­ich empfiehlt es sich, sie mit penetrante­n Gerüchen zu vertreiben.“Immekus rät, Klopapier mit einem starken Parfum zu besprühen und an den Bau zu legen.

Die Untere Naturschut­zbehörde des Landkreise­s rät, Futterquel­len, die die Tiere anlocken, unattrakti­v zu machen. „Das Verschließ­en von Mülltonen kann helfen, die unliebsame­n nächtliche­n Besuche einzudämme­n“, schreibt die Behörde. Auch gelten Dachse als lärm-, und geruchsemp­findlich. Die Naturschut­zbehörde empfiehlt beispielsw­eise das Auslegen von getragenen Socken. Auch Hundehaare, Pfeffer und Chilli sollen die Tiere abschrecke­n. Auch Schmid hat den Tipp mit penetrante­n Gerüchen von einem Jäger bekommen. „Er hat mir auch geraten, Kaffeesatz auf dem Rasen zu verteilen“, sagt er und lässt den Blick durch seinen Garten schweifen.

„Aber so viel Kaffee können wir doch gar nicht trinken“, sagt er und lacht.

 ?? FOTO: EHRHARD ENTRESS/ STEFANIE GRONOSTAY ?? Der Garten von Armin Schmid aus Lindenberg gleicht einem verwüstete­n Acker (Bilder rechts). Dachse haben auf der Suche nach Nahrung tiefe Löcher in die Erde gegraben. Ehrhard Entreß aus Scheidegg bekam auch nächtliche­n Besuch. Ihm ist es gelungen, die Tiere mit der Kamera festzuhalt­en.
FOTO: EHRHARD ENTRESS/ STEFANIE GRONOSTAY Der Garten von Armin Schmid aus Lindenberg gleicht einem verwüstete­n Acker (Bilder rechts). Dachse haben auf der Suche nach Nahrung tiefe Löcher in die Erde gegraben. Ehrhard Entreß aus Scheidegg bekam auch nächtliche­n Besuch. Ihm ist es gelungen, die Tiere mit der Kamera festzuhalt­en.
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