Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Der Dachs ist los
Auf der Suche nach Nahrung graben die Wildtiere nachts auch Gärten in Lindenberg und Scheidegg um
LINDENBERG/SCHEIDEGG - Als Armin Schmid neulich morgens aus dem Fenster schaute, traf ihn fast der Schlag. Sein Garten wurde verwüstet, der Rasen zur Hälfte umgegraben. „So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt der Lindenberger und schüttelt den Kopf. Seit einer Woche bekommt Schmid fast jede Nacht ungebetenen Besuch. Dachse wühlen sich auf der Suche nach Nahrung durch die Rasenfläche, von der bei Schmid momentan mehr Braun als Grün zu sehen ist. „Ich bin mit meinem Latein am Ende“, sagt er. Denn es ist schwierig, die Tiere zu vertreiben.
Schmid wohnt im Bereich der Lindenhöhe – mitten im Wohngebiet. Bereits vor ein paar Jahren schaute der Dachs vorbei. „Doch dieses Jahr ist es ganz übel“, sagt Schmid. Die Wildtiere hinterließen tiefe Löcher, kleine Erdhügel säumen die Rasenfläche. Auch die Nachbarn sind betroffen, wenn auch nicht ganz so schlimm wie die Familie Schmid. „Ich habe hohe Solarlichter aufgestellt, um die Dachse zu vertreiben, aber das juckt die gar nicht.“Auch ein Zaun sei schwierig, sagt der Lindenberger. Denn der Dachs kommt über das Grundstück vom Nachbarn. Schmid rief deshalb bei einem örtlichen Jäger an, um sich ein paar Tipps zu holen. Denn Schmid kam auf die Idee, das Tier mit einer Lebendfalle einzufangen. „Der Jäger meinte jedoch, dass das nicht viel bringt. Dachse würden dort nicht reingehen. Eher noch Katzen“, sagt Schmid.
Ehrhard Entreß aus Scheidegg ist es gelungen, zwei Tiere einzufangen – zumindest mit der Kamera. „Ich habe an meinem Haus eine Überwachungskamera, weil manchmal der Fuchs kommt“, erzählt er. Statt eines Fuchses ertappte Entreß das ungebetene Paar bei der nächtlichen Nahrungssuche. „Sie kommen immer in der Nacht gegen 22 Uhr und graben alles um. Auch in Böserscheidegg habe ich sie schon gesehen.“Ein Zaun half gegen die Eindringlinge nicht. „Die haben sich einfach unten durch gegraben.“Entreß besitzt eine Wildpfeife, die ein hohes Fiepen ausstößt, um die Tiere zu vertreiben. Aber: „Das funktioniert auch nicht.“Nach dem ersten Mal versuchte Entreß noch seinen Rasen in Ordnung zu bringen. Doch der Dachs kam wieder. „Ich hoffe, das hat bald ein Ende“, sagt er.
Dieter Immekus, Naturschutzreferent des Kreisjagdverbandes Lindau, kennt das Problem zu gut. „Der Dachs hat sich mit der Zeit an den Menschen gewöhnt“, sagt er. Jäger dürfen in den Wohngebieten nichts unternehmen. „Die Tiere kommen und merken: Mir passiert nichts.“Dachse suchen in den Gärten nach Obst, Würmern und Maden. „Diese befinden sich unter der Grasnarbe.“Der Bestand des Dachses hat in den vergangenen Jahren nach Aussage Immekus’ zugenommen. Die knappe Jagdzeit und die schwierigen Bedingungen, auf die Tiere zu schießen, begünstigen die Population.
„Die Tiere sind nachtaktiv. Man kann also nur auf sie schießen, wenn der Mond genügend Licht gibt“, sagt Immekus. Der Dachs darf nach Angaben des Landratsamtes Lindau von August bis Oktober gejagt werden – außerhalb der Schonzeiten. Allerdings gilt dies nicht in Siedlungsbereichen. Dachse stellen für den Menschen grundsätzlich keine Gefahr dar, sagt Immekus. Doch manchmal geraten die Tiere unter ein Auto. „Sind sie angefahren, sollte man sie nicht anfassen.“
Doch wie lassen sich Dachse vertreiben? „Das ist nicht so einfach“, sagt Immekus. Es komme sogar vor, dass sich die Tiere unter Komposthaufen einen Bau anlegen. „Grundsätzlich empfiehlt es sich, sie mit penetranten Gerüchen zu vertreiben.“Immekus rät, Klopapier mit einem starken Parfum zu besprühen und an den Bau zu legen.
Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises rät, Futterquellen, die die Tiere anlocken, unattraktiv zu machen. „Das Verschließen von Mülltonen kann helfen, die unliebsamen nächtlichen Besuche einzudämmen“, schreibt die Behörde. Auch gelten Dachse als lärm-, und geruchsempfindlich. Die Naturschutzbehörde empfiehlt beispielsweise das Auslegen von getragenen Socken. Auch Hundehaare, Pfeffer und Chilli sollen die Tiere abschrecken. Auch Schmid hat den Tipp mit penetranten Gerüchen von einem Jäger bekommen. „Er hat mir auch geraten, Kaffeesatz auf dem Rasen zu verteilen“, sagt er und lässt den Blick durch seinen Garten schweifen.
„Aber so viel Kaffee können wir doch gar nicht trinken“, sagt er und lacht.