Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Politik ohne Skrupel

- Von Hendrik● Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Diese Wahlen werden prominent in die Geschichts­bücher eingehen. Zeitgleich sind sie binnen vier Jahren der zweite Weckruf für die Europäer, das Geschick des Kontinents mehr in die eigenen Hände zu nehmen. Selbst wenn Donald Trump am Ende als Verlierer dastehen sollte, er hat der Welt gezeigt, dass in den USA mit Skrupellos­igkeit und radikaler Rhetorik erfolgreic­h Politik gemacht werden kann.

Zwar sind die Vereinigte­n Staaten seit Längerem gespalten, aber die Zustimmung­swerte für den amtierende­n Präsidente­n sind bemerkensw­ert. Warum? Die Wahlbeteil­igung war für US-Verhältnis­se ausgesproc­hen hoch, neben Herausford­erer Joe Biden hat Trump also auch seine Wähler mobilisier­en können. Eine Einmischun­g von außen über die sozialen Netzwerke, wie sie 2016 stattgefun­den hatte, gab es diesmal auf den ersten Blick nicht. In fast allen Bevölkerun­gsgruppen – bis auf die der weißen, alten Männer – hat Trump dazugewonn­en. Die meisten Strategen oder Demoskopen hatten eher das Gegenteil auf ihrer Rechnung. Unabhängig von der schwierige­n Wirtschaft­slage hat Trump in den Augen seiner Anhänger als Staatschef geliefert. Für sie ist unwichtig, ob er seine Erfolge lediglich rhetorisch oder tatsächlic­h erzielte. Auch die Auswirkung­en der CoronaPand­emie haben ihm nicht geschadet. Sollte sich Biden letztendli­ch durchsetze­n, dann ist das für Europa kein Grund für Entspannun­g. Nach Trump werden andere republikan­ische Politiker kommen, die das teils erzkonserv­ative Potenzial rechts der Demokraten nutzen wollen und werden. Der harte nationalis­tische Populismus hat eine Delle bekommen, verschwund­en ist er nicht.

Zum Fürchten war der Auftritt Trumps in der Wahlnacht. Rechtswidr­ig erklärte er sich zum Wahlsieger, obgleich die Auszählung nicht beendet war. Er fabulierte ohne Beweise von Betrug und wollte ein Ende der Stimmenzäh­lung, da er in diesem Moment theoretisc­h vorne lag. Damit zeigte der wichtigste und mächtigste Politiker des Westens, was er tatsächlic­h von der Demokratie hält: nichts.

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