Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Hoffnung für den Maschinenbau
Auftragseingang der Unternehmen stabilisiert sich im September – Südwesten liegt über dem Bundesschnitt
FRANKFURT - In Trippelschritten erholt sich der deutsche Maschinenund Anlagenbau von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. So verzeichneten die Bestellungen aus dem Inland im September zum ersten Mal seit Januar wieder einen Zuwachs – immerhin von vier Prozent. Allerdings sind die meisten Unternehmen damit noch längst nicht aus dem Tal der Tränen heraus. Denn die leicht positive September-Bilanz verdankt sich auch einem vergleichsweise schwachen September 2019.
So zeigen sich denn auch in der Auslandsnachfrage deutlich die Folgen der Krise: Die Nachfrage ausländischer Kunden sank um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Die Auftragslage hat sich zuletzt aufgehellt“, resümierte der Chefvolkswirt des Verbandes der deutschen Maschinenbauer (VDMA) Ralph Wiechers in Frankfurt. „Aber Rückschläge sind angesichts einer zunehmenden Verunsicherung der Investoren wegen der steigenden Infektionszahlen nicht auszuschließen“.
In Baden-Württemberg lief es im Vergleich zu den Bundeszahlen sogar noch etwas besser: Das Volumen der neu eingegangenen Aufträge lag um sieben Prozent über dem Vorjahresniveau, sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland gingen mehr Bestellungen ein, wie der VDMA Baden-Württemberg mitteilte. „Der September sendet ein positives Signal“, sagte Geschäftsführer Dietrich Birk. Allerdings sei der September im Vorjahr ein schwacher Monat gewesen. „Außerdem steht die Belebung angesichts steigender Infektionszahlen im Herbst unter Vorbehalt“, sagte Birk.
Das deckt sich mit Einschätzungen der Wirtschaftsforscher aus dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die haben ausgerechnet, dass die nun wieder in Kraft getretenen Corona-Gegenmaßnahmen das Bruttoinlandsprodukt zum Ende des Jahres noch einmal um rund 19 Milliarden Euro belasten werden. Und davon seien nicht nur die Dienstleister wie Gastronomen und Veranstalter betroffen, sondern auch die Industrie. „Auch dort wird die Wirtschaftsleistung zurückgehen, weil die Nachfrage aus dem Ausland nachlässt und die Unternehmen weniger investieren“, sagte der Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik, Claus Michelsen der „Schwäbischen Zeitung“. „Unter dem Strich sind das zweieinhalb Prozent weniger Wirtschaftsleistung, als noch im Herbst erwartet“. Auf das Quartal gerechnet würde sich das mit rund einem Prozent weniger Wachstum niederschlagen.
Zusammengenommen lagen die Inlands- und Auslandsbestellungen für die deutschen Maschinenbauer im September um rund zehn Prozent unter Vorjahresniveau. Schaut man auf die Bilanz der ersten neun Monate des Jahres für die Maschinenbauer, so ergibt sich ein reales Minus von deutlichen 15 Prozent in den Auftragsbüchern der Unternehmen. Dabei wurden die schlimmsten Auswirkungen der Corona-Krise im Frühjahr durch einen guten Jahresbeginn abgemildert. Im ersten Quartal konnte die mittelständisch geprägte Branche noch auf einen quasi vernachlässigbaren Rückgang von Bestellungen um rund zwei Prozent blicken. Dann kam der Lockdown, der die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen quasi zum Erliegen brachte – in den Büchern stand ein tiefrotes Minus von 30 Prozent.
In der aktuellen Situation schließlich zeigt sich der VDMA mit dem leichten Rückenwind zumindest der inländischen Bestellungen im September verhalten optimistisch. „Der Tiefpunkt wurde im dritten Quartal eindeutig überwunden – vorerst“, sagt Wiechers. Die Unternehmen kämpften derzeit um jeden Auftrag, hätten aber auch Rückendeckung und Hilfen seitens der Politik nötig. „Wichtig ist, dass die Regierung ihre Hilfsprogramme noch stärker durch langfristige, Innovationen und Investitionen fördernde Maßnahmen ergänzt und sich zum Beispiel den Forderungen nach Steuererhöhungen eindeutig widersetzt“, sagte Wiechers.
Klar ist aber auf alle Fälle: Die Pandemie hat im Maschinenbau schon Tausende Jobs gekostet. Im August beschäftigte die Branche fast 41 000 Menschen weniger als im Vorjahresmonat, Kurzarbeit verhinderte noch Schlimmeres.