Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
31-Jährige druckt 100-Euro-Scheine selbst
Wegen Geldfälschung vor Gericht – Taxifahrer und Busfahrer in Friedrichshafen akzeptieren ihre Blüte
FRIEDRICHSHAFEN/TETTNANG Eine 31-jährige Deutschrussin ist am Montag vor dem Amtsgericht Tettnang gestanden. Sie räumte ein, vier 100-Euro-Scheine gedruckt und in Umlauf gebracht zu haben.
Während sie damit zweimal im Kaufland im BodenseeCenter an aufmerksamen Kassiererinnen scheiterte, bezahlte sie damit erfolgreich eine Busfahrt von Ravensburg nach Friedrichshafen, außerdem wechselte ihr ein Taxifahrer am Häfler Stadtbahnhof den falschen Hunderter in lauter echte Euros.
Die Angeklagte kam Ende der 90er-Jahre nach Deutschland, lebte zeitweise im Heim, lernte nach dem Besuch der Schule Frisörin, arbeitete aber nur kurz in dem Beruf. Sie ist verwitwet, hat drei Kinder, die bei Pflegeeltern leben.
Und sie hat ein massives Drogenproblem, wegen dessen sie mehrmals in Haft war und am Montag in Fußfesseln aus der Justizvollzugsanstalt in Schwäbisch Gmünd vorgeführt wurde.
Sie konsumierte Heroin, Kokain und Marihuana. Vier Therapien, von denen sie nur eine beendete, halfen nicht, davon wegzukommen. Derzeit in der Haft, erhält sie keinen Drogenersatz, wurde auch nicht ins Methadon-Programm aufgenommen, was ihr Verteidiger kritisierte.
Geldfälschung befand sich in ihrem bisherigen Vorstrafenregister mit 14 Einträgen, meist Diebstähle, nicht. Bis zum Januar dieses Jahres, als sie in einem Geschäft im Bodensee-Center Friedrichshafen ein Päckchen Kaugummi für 75 Cent mit einem falschen Hunderter bezahlen wollte.
Die Kassiererin erkannte die Blüte, denn der Schein sah zwar fast wie das Original aus, war aber etwas kleiner als der echte Schein, trug einen kyrillischen Schriftzug und führte oben rechts kleingedruckt den Vermerkt „Souvenir-Production“.
Die Kassiererin rief eine Kollegin, die der russischen Sprache mächtig ist, und beide befanden trotz des Widerspruchs der Angeklagten: „Damit können Sie nicht bezahlen.“Daraufhin entfernte sich die 31-Jährige mit dem falschen Hunderter in der Hand und versuchte es in einem anderen Geschäft erneut.
Doch die Kassiererin verfolgte sie, ließ den Betreiber des anderen Ladens wissen, dass es sich hier um Falschgeld handle, und stoppte den
Versuch, die Blüte in Umlauf zu bringen.
Am Busbahnhof Ravensburg gelang der Angeklagten das Bezahlen mit dem falschen Hunderter. „Oh, so großes Geld, reiche Frau“, begrüßte sie der türkische Busfahrer, als die ihm den falschen Eigendruck hinstreckte und er echte 95 Euro und einige Cents zurückgab. Im Zeugenstand entschuldigte er sich für seine Leichtfertigkeit damit, er habe es eilig gehabt und den einzigen Hunderter an diesem Tag in seiner Kasse eine halbe Stunde später genauer angeschaut. Mittlerweile war sein Bus in Friedrichshafen angekommen und die Frau ausgestiegen.
Noch mehr Erfolg hatte die Angeklagte bei einem Taxifahrer am Häfler Stadtbahnhof. Als sie am späten Abend mit ihrem Wechselwunsch zu ihm an den Taxistand kam, wechselte der ihren falschen 100-Euro-Schein – und sie verschwand.
Kontrolliert hat er den Schein nicht, denn hinter der Geldfälscherin stand eine Kundin, die es eilig hatte, von schnell chauffiert zu werden. Entdeckt wurde die Blüte erst bei der Abrechnung in der der Zentrale.
In seinem Strafantrag sah der Staatsanwalt die der Angeklagten zur Last gelegten Vorwürfe bestätigt. Sie habe Geldfälschung in Tateinheit mit zwei Betrugsfällen betrieben.
Trotz der erheblichen Vorstrafen ging er von einem minderschweren Fall aus und sah eine Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Bewährung tat- und schuldangemessen. Was den Erfolg von Therapien bei ihr anging, sah er bei ihr keine positiven Prognosen.
Das Gericht verurteilte die Frau zu einer fünfmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung wegen Geldwäsche und Betrugs in zwei Fällen.
Die Scheine seien trotz ihrer sehr schlechten Qualität, so Richter Peter Pahnke, im Eifer des Gefechts nicht leicht erkennbar gewesen. Auf welchem Weg die Scheine hergestellt wurden blieb offen. Geldknappheit habe im Vordergrund für die Taten gestanden, um die Drogenbeschaffung zu finanzieren.
Für alle Versuche, aus dem Vollzug in eine Therapie zu kommen, gebe es nach vier gescheiterten Therapien keine Chance. Dass die Krankenkassen nicht mehr zur Kostenübernahme bereit seien, sei nachvollziehbar. Die Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, sei aufgrund der Vorgeschichte nicht möglich gewesen.