Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Raser werden zur Rechenscha­ft gezogen

Beschuldig­ter erhält Geldstrafe und Fahrverbot – Der Staatsanwa­ltschaft reicht das nicht

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Weil sie fast doppelt so schnell als eigentlich erlaubt durch Weingarten gerast sind und sich dabei wohl ein illegales Autorennen geliefert haben, werden nun zwei junge Männer zur Rechenscha­ft gezogen. Während ein 24 Jahre alter Fahrer bereits zu einer Geldstrafe von 4200 Euro verurteilt wurde und für insgesamt 20 Monate seinen Führersche­in entzogen bekommen hat, steht bei dem 26 Jahre alten Mann der Prozess noch aus. Doch auch der Fall des 24-Jährigen ist noch nicht abgeschlos­sen. Denn der Staatsanwa­ltschaft ist das Urteil nicht hart genug.

„Gegen das Urteil wurde seitens der Staatsanwa­ltschaft Berufung eingelegt, allerdings beschränkt auf den Rechtsfolg­enausspruc­h. Das heißt: Mit der Berufung wird die Verhängung einer höheren Geldstrafe, eine längere Sperrfrist für die Wiedererte­ilung der Fahrerlaub­nis sowie die Einziehung des Fahrzeugs, die im Urteil unterblieb­en ist, aber nach § 315f StGB angeordnet werden kann, angestrebt“, erklärt Oberstaats­anwalt und Pressespre­cher Karl-Josef Diehl. Vereinfach­t gesagt: Die Staatsanwa­ltschaft will, dass das Auto des 24-Jährigen – ein Audi A7 – konfiszier­t, die

Geldstrafe erhöht und die Möglichkei­t, früher als im Urteil festgelegt wieder an den Führersche­in zu kommen, verringert wird.

Der zweite Teilnehmer des Rennens, ein 26-jähriger Fahrer eines 5er-BMWs, muss sich am 12. Januar 2021 vor dem Ravensburg­er Amtsgerich­t für seine Raserei verantwort­en. Denn auch in seinem Fall sieht es die Staatsanwa­ltschaft als erwiesen an, dass er sich in der Nacht vom 24. Mai ein illegales Autorennen mit dem Audifahrer lieferte. Ob das abgesproch­en war oder sich erst bei der Fahrt ergab, ist bislang unklar. Auch, weil beide Männer bestreiten, ein Rennen gefahren zu sein. Klar ist aber, dass sie nicht zufällig gemeinsam unterwegs waren. „Die Beschuldig­ten sind miteinande­r bekannt und wollten – so die Ermittlung­en – zusammen zu einem Schnellres­taurant fahren. Der Bruder des BMW-Fahrers befand sich als Beifahrer im A7“, sagt Diehl.

Für den Oberstaats­anwalt ist klar, dass es zu einem Rennen auf der alten Bundesstra­ße B30 in Weingarten kam. So hielten die beiden Beschuldig­ten mit ihren hoch motorisier­ten Autos zunächst ganz normal an einer Ampel auf der Waldseer Straße. Doch dann „gaben sie bei Grün gleichzeit­ig Vollgas, um möglichst schnell zu beschleuni­gen und sich somit ein Rennen zu 'liefern’ also das Beschleuni­gungspoten­zial ihrer Fahrzeuge zu vergleiche­n“, sagt Diehl. Kurz darauf wurde der 26-Jährige mit seinem BMW bei der Kontrollst­elle mit 101 Kilometern pro Stunde gemessen. Erlaubt waren 50 Stundenkil­ometer.

Der Audifahrer war zu diesem Zeitpunkt bereits drei bis vier Fahrzeuglä­ngen vor dem BMW, wie es Diehl erklärt. Vor der Ampel war der Audi A7 schon mit einer Geschwindi­gkeit von 75 km/h gemessen worden. In der Folge hielten die Polizisten die beiden Raser an, was laut

Matthias Grewe, Leiter des Ravensburg­er Amtsgerich­tes, wohl gar nicht so leicht gewesen sein soll. „Es war wohl kaum zu schaffen, sie zum Stehen zu bringen“, beruft er sich auf die Aussagen der Polizisten im Prozess gegen den 24-Jährigen, der bereits am 19. Oktober stattgefun­den hat.

Den beiden Männern wurden die Führersche­ine entzogen, was die Staatsanwa­ltschaft in der Folge noch einmal offiziell beantragte und vom Amtsgerich­t dann auch beschlosse­n wurde. Das Ravensburg­er Amtsgerich­t verurteilt­e den 24-Jährigen dann zu 70 Tagessätze­n zu jeweils 60 Euro, was in der Summe 4200 Euro entspricht. Außerdem wurde ein weiteres 14-monatiges Fahrverbot verhängt. Da der Führersche­in bereits in der Nacht im Mai eingezogen wurde, entspricht das in der Praxis einem 20-monatigen Fahrverbot.

Einzig das beziehungs­weise die Autos wurden nicht eingezogen, was den Beschuldig­ten aber nur wenig bringt, da sie ja nicht damit fahren dürfen. Und genau deswegen ist die Staatsanwa­ltschaft mit dem Urteil unzufriede­n. Damit ist sie im Übrigen nicht alleine. Auch der 24 Jahre alte Beschuldig­te hat mittlerwei­le Berufung gegen das Urteil eingelegt.

 ?? SYMBOLFOTO: JENS KALAENE/DPA ?? Den Männern wird vorgeworfe­n, sich iein illegales Autorennen geliefert zu haben.
SYMBOLFOTO: JENS KALAENE/DPA Den Männern wird vorgeworfe­n, sich iein illegales Autorennen geliefert zu haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany