Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Raser werden zur Rechenschaft gezogen
Beschuldigter erhält Geldstrafe und Fahrverbot – Der Staatsanwaltschaft reicht das nicht
WEINGARTEN - Weil sie fast doppelt so schnell als eigentlich erlaubt durch Weingarten gerast sind und sich dabei wohl ein illegales Autorennen geliefert haben, werden nun zwei junge Männer zur Rechenschaft gezogen. Während ein 24 Jahre alter Fahrer bereits zu einer Geldstrafe von 4200 Euro verurteilt wurde und für insgesamt 20 Monate seinen Führerschein entzogen bekommen hat, steht bei dem 26 Jahre alten Mann der Prozess noch aus. Doch auch der Fall des 24-Jährigen ist noch nicht abgeschlossen. Denn der Staatsanwaltschaft ist das Urteil nicht hart genug.
„Gegen das Urteil wurde seitens der Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, allerdings beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch. Das heißt: Mit der Berufung wird die Verhängung einer höheren Geldstrafe, eine längere Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis sowie die Einziehung des Fahrzeugs, die im Urteil unterblieben ist, aber nach § 315f StGB angeordnet werden kann, angestrebt“, erklärt Oberstaatsanwalt und Pressesprecher Karl-Josef Diehl. Vereinfacht gesagt: Die Staatsanwaltschaft will, dass das Auto des 24-Jährigen – ein Audi A7 – konfisziert, die
Geldstrafe erhöht und die Möglichkeit, früher als im Urteil festgelegt wieder an den Führerschein zu kommen, verringert wird.
Der zweite Teilnehmer des Rennens, ein 26-jähriger Fahrer eines 5er-BMWs, muss sich am 12. Januar 2021 vor dem Ravensburger Amtsgericht für seine Raserei verantworten. Denn auch in seinem Fall sieht es die Staatsanwaltschaft als erwiesen an, dass er sich in der Nacht vom 24. Mai ein illegales Autorennen mit dem Audifahrer lieferte. Ob das abgesprochen war oder sich erst bei der Fahrt ergab, ist bislang unklar. Auch, weil beide Männer bestreiten, ein Rennen gefahren zu sein. Klar ist aber, dass sie nicht zufällig gemeinsam unterwegs waren. „Die Beschuldigten sind miteinander bekannt und wollten – so die Ermittlungen – zusammen zu einem Schnellrestaurant fahren. Der Bruder des BMW-Fahrers befand sich als Beifahrer im A7“, sagt Diehl.
Für den Oberstaatsanwalt ist klar, dass es zu einem Rennen auf der alten Bundesstraße B30 in Weingarten kam. So hielten die beiden Beschuldigten mit ihren hoch motorisierten Autos zunächst ganz normal an einer Ampel auf der Waldseer Straße. Doch dann „gaben sie bei Grün gleichzeitig Vollgas, um möglichst schnell zu beschleunigen und sich somit ein Rennen zu 'liefern’ also das Beschleunigungspotenzial ihrer Fahrzeuge zu vergleichen“, sagt Diehl. Kurz darauf wurde der 26-Jährige mit seinem BMW bei der Kontrollstelle mit 101 Kilometern pro Stunde gemessen. Erlaubt waren 50 Stundenkilometer.
Der Audifahrer war zu diesem Zeitpunkt bereits drei bis vier Fahrzeuglängen vor dem BMW, wie es Diehl erklärt. Vor der Ampel war der Audi A7 schon mit einer Geschwindigkeit von 75 km/h gemessen worden. In der Folge hielten die Polizisten die beiden Raser an, was laut
Matthias Grewe, Leiter des Ravensburger Amtsgerichtes, wohl gar nicht so leicht gewesen sein soll. „Es war wohl kaum zu schaffen, sie zum Stehen zu bringen“, beruft er sich auf die Aussagen der Polizisten im Prozess gegen den 24-Jährigen, der bereits am 19. Oktober stattgefunden hat.
Den beiden Männern wurden die Führerscheine entzogen, was die Staatsanwaltschaft in der Folge noch einmal offiziell beantragte und vom Amtsgericht dann auch beschlossen wurde. Das Ravensburger Amtsgericht verurteilte den 24-Jährigen dann zu 70 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro, was in der Summe 4200 Euro entspricht. Außerdem wurde ein weiteres 14-monatiges Fahrverbot verhängt. Da der Führerschein bereits in der Nacht im Mai eingezogen wurde, entspricht das in der Praxis einem 20-monatigen Fahrverbot.
Einzig das beziehungsweise die Autos wurden nicht eingezogen, was den Beschuldigten aber nur wenig bringt, da sie ja nicht damit fahren dürfen. Und genau deswegen ist die Staatsanwaltschaft mit dem Urteil unzufrieden. Damit ist sie im Übrigen nicht alleine. Auch der 24 Jahre alte Beschuldigte hat mittlerweile Berufung gegen das Urteil eingelegt.