Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Isny gibt Traum von der Bahn nicht auf
Bürgerinitiative äußert Zweifel an den Fahrgastzahlen der landesweiten Potenzialanalyse
ISNY/LEUTKIRCH - Eine Bürgerinitiative setzt sich dafür ein, dass die Bahnstrecke zwischen Isny und Leutkirch wieder reaktiviert wird. Bei der Anfang dieser Woche vorgestellten landesweiten Potenzialanalyse zur Reaktivierung von Schienenstrecken wurde für die Verbindung zwischen den beiden Allgäustädten allerdings nur eine geringe Zahl an Fahrgästen prognostiziert. Zu wenige, um nach dem Maßstäben des Verkehrsministeriums als lohnenswerte Strecke angesehen zu werden. Aufgeben wollen die Isnyer ihren Traum vom Bahnanschluss deswegen aber keinesfalls.
Nein, sagt Andreas Schulz von der Bürgerinitiative, ein großer Rückschlag sei das Gutachten der Beratungsfirma PTV Transport Consult aus Karlsruhe nicht. Im Prinzip habe er mit einem solchen Ergebnis gerechnet. Er kenne PTV aus seiner aktiven Berufszeit als Abteilungsleiter Planung bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft. In ländlichen Bereiche seien deren prognostizierte Zahlen schon früher oft „unverständlich niedrig“gewesen. Bemerkenswert sei auch jetzt wieder, dass fast alle Strecken, denen PTV ein hohes Potential attestiert, im dicht besiedelten mittleren Neckarraum liegen und gleichzeitig nicht nur Leutkirch-Isny, sondern die meisten Strecken in Oberschwaben und anderen ländlichen Räumen sehr schlecht abschneiden, erklärt die Bürgerinitiative nun in einer Pressemitteilung.
Das aktuelle Gutachten, das für die Strecke Leutkirch-Isny nur durchschnittlich 470 Fahrgäste prognostiziert, weise „erhebliche Mängel und unrealistische Ansätze“auf, heißt es dort weiter. Schließlich, so die Initiative, gebe es schon heute allein etwa 500 bis 600 Schülerfahrten täglich auf dieser Strecke. Dazu kommen in der wirtschaftsstarken Region zahlreiche Berufstätige, ein im Allgäu besonders hoher Freizeit- und Gelegenheitsverkehr sowie viele an- und abreisende Kurgäste und Urlauber. Die Bürgerinitiative selbst erwarte deshalb etwa doppelt so viele Fahrgäste, wie von PTV prognostiziert. Außerdem sei vermutlich nicht berücksichtigt worden, dass die alte Strecke abgebaut ist und die neuen Bahnschienen voraussichtlich wesentlich ortsnäher liegen könnten, wodurch Siedlungen entlang der Strecke wesentlich besser erschlossen werden würden, so Schulz.
Ihr nächstes Ziel sei es nun, dass die Potenzialprognose nochmals vertieft wird. Dabei setzen sie auf das von Landrat Harald Sievers initiierte Ringzugprojekt für die Region Bodensee-Oberschwaben. Wenn die Bahnstrecke in das Konzept aufgenommen wird, könnte in diesem Zuge ein neues vertieftes Gutachten entstehen, erklärt Schulz. Dafür müssten sie aber noch Überzeugungsarbeit bei Kommunalpolitikern leisten. Zumindest
beim Isnyer Bürgermeister Rainer Magenreuter können sie bei diesem Unterfangen mit Unterstützung rechnen.
Auf SZ-Nachfrage kritisiert auch er das vorgestellte Gutachten. „Wir gehen davon aus, dass die Prognose aufgrund statistischer Daten errechnet wurde und die örtlichen Potentiale nicht vollumfänglich berücksichtigt worden sind“, so Magenreuter, der dabei unter anderem auf das bayerische Umland, den Ferienpark und die Pendlerströme verweist. „Zudem erwähnt selbst die PTV zu Recht die Nachfragesituation beim Schülerverkehr, die nochmals betrachtet werden sollte. Auch hier sehen wir weiteres Fahrgastpotential. Die Stadt Isny wird auf jeden Fall am Ball bleiben und im Rahmen der Gegebenheiten unterstützend einwirken“, versichert er.
Keine Unterstützung dagegen kann die Initiative vom CDU-Landtagsabgeordnete Raimund Haser erwarten. In einem Brief an Verkehrsminister Winfried Hermann begrüßt er die Umsetzung der Bundes-Initiative „Belebung von Bahnstrecken“, rechnet aber mit wenig Chancen für die Wiederbelebung der Bahnstrecke Leutkirch-Isny. Haser verweist darauf, dass das Projekt allein schon baulich, und erst recht finanziell schwer umsetzbar wäre.
Insofern hält der Landtagsabgeordnete die Realisierung des Projekts - bei aller Liebe und Nähe zum Bahnfahren - für nahezu unmöglich. Statt deshalb hier weiterzuprüfen, macht er sich im Brief beim Verkehrsminister für mehr Engagement in anderen Infrastrukturprojekten rund um die Bahn stark, wie etwa die Elektrifizierung der Bahnstrecke Kißlegg-Aulendorf sowie die Bahnunterführungen in Wangen und Kißlegg.