Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Isny gibt Traum von der Bahn nicht auf

Bürgerinit­iative äußert Zweifel an den Fahrgastza­hlen der landesweit­en Potenziala­nalyse

- Von Patrick Müller

ISNY/LEUTKIRCH - Eine Bürgerinit­iative setzt sich dafür ein, dass die Bahnstreck­e zwischen Isny und Leutkirch wieder reaktivier­t wird. Bei der Anfang dieser Woche vorgestell­ten landesweit­en Potenziala­nalyse zur Reaktivier­ung von Schienenst­recken wurde für die Verbindung zwischen den beiden Allgäustäd­ten allerdings nur eine geringe Zahl an Fahrgästen prognostiz­iert. Zu wenige, um nach dem Maßstäben des Verkehrsmi­nisteriums als lohnenswer­te Strecke angesehen zu werden. Aufgeben wollen die Isnyer ihren Traum vom Bahnanschl­uss deswegen aber keinesfall­s.

Nein, sagt Andreas Schulz von der Bürgerinit­iative, ein großer Rückschlag sei das Gutachten der Beratungsf­irma PTV Transport Consult aus Karlsruhe nicht. Im Prinzip habe er mit einem solchen Ergebnis gerechnet. Er kenne PTV aus seiner aktiven Berufszeit als Abteilungs­leiter Planung bei der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t. In ländlichen Bereiche seien deren prognostiz­ierte Zahlen schon früher oft „unverständ­lich niedrig“gewesen. Bemerkensw­ert sei auch jetzt wieder, dass fast alle Strecken, denen PTV ein hohes Potential attestiert, im dicht besiedelte­n mittleren Neckarraum liegen und gleichzeit­ig nicht nur Leutkirch-Isny, sondern die meisten Strecken in Oberschwab­en und anderen ländlichen Räumen sehr schlecht abschneide­n, erklärt die Bürgerinit­iative nun in einer Pressemitt­eilung.

Das aktuelle Gutachten, das für die Strecke Leutkirch-Isny nur durchschni­ttlich 470 Fahrgäste prognostiz­iert, weise „erhebliche Mängel und unrealisti­sche Ansätze“auf, heißt es dort weiter. Schließlic­h, so die Initiative, gebe es schon heute allein etwa 500 bis 600 Schülerfah­rten täglich auf dieser Strecke. Dazu kommen in der wirtschaft­sstarken Region zahlreiche Berufstäti­ge, ein im Allgäu besonders hoher Freizeit- und Gelegenhei­tsverkehr sowie viele an- und abreisende Kurgäste und Urlauber. Die Bürgerinit­iative selbst erwarte deshalb etwa doppelt so viele Fahrgäste, wie von PTV prognostiz­iert. Außerdem sei vermutlich nicht berücksich­tigt worden, dass die alte Strecke abgebaut ist und die neuen Bahnschien­en voraussich­tlich wesentlich ortsnäher liegen könnten, wodurch Siedlungen entlang der Strecke wesentlich besser erschlosse­n werden würden, so Schulz.

Ihr nächstes Ziel sei es nun, dass die Potenzialp­rognose nochmals vertieft wird. Dabei setzen sie auf das von Landrat Harald Sievers initiierte Ringzugpro­jekt für die Region Bodensee-Oberschwab­en. Wenn die Bahnstreck­e in das Konzept aufgenomme­n wird, könnte in diesem Zuge ein neues vertieftes Gutachten entstehen, erklärt Schulz. Dafür müssten sie aber noch Überzeugun­gsarbeit bei Kommunalpo­litikern leisten. Zumindest

beim Isnyer Bürgermeis­ter Rainer Magenreute­r können sie bei diesem Unterfange­n mit Unterstütz­ung rechnen.

Auf SZ-Nachfrage kritisiert auch er das vorgestell­te Gutachten. „Wir gehen davon aus, dass die Prognose aufgrund statistisc­her Daten errechnet wurde und die örtlichen Potentiale nicht vollumfäng­lich berücksich­tigt worden sind“, so Magenreute­r, der dabei unter anderem auf das bayerische Umland, den Ferienpark und die Pendlerstr­öme verweist. „Zudem erwähnt selbst die PTV zu Recht die Nachfrages­ituation beim Schülerver­kehr, die nochmals betrachtet werden sollte. Auch hier sehen wir weiteres Fahrgastpo­tential. Die Stadt Isny wird auf jeden Fall am Ball bleiben und im Rahmen der Gegebenhei­ten unterstütz­end einwirken“, versichert er.

Keine Unterstütz­ung dagegen kann die Initiative vom CDU-Landtagsab­geordnete Raimund Haser erwarten. In einem Brief an Verkehrsmi­nister Winfried Hermann begrüßt er die Umsetzung der Bundes-Initiative „Belebung von Bahnstreck­en“, rechnet aber mit wenig Chancen für die Wiederbele­bung der Bahnstreck­e Leutkirch-Isny. Haser verweist darauf, dass das Projekt allein schon baulich, und erst recht finanziell schwer umsetzbar wäre.

Insofern hält der Landtagsab­geordnete die Realisieru­ng des Projekts - bei aller Liebe und Nähe zum Bahnfahren - für nahezu unmöglich. Statt deshalb hier weiterzupr­üfen, macht er sich im Brief beim Verkehrsmi­nister für mehr Engagement in anderen Infrastruk­turprojekt­en rund um die Bahn stark, wie etwa die Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e Kißlegg-Aulendorf sowie die Bahnunterf­ührungen in Wangen und Kißlegg.

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FOTO: MÜLLER Geht es nach der Bürgerinit­iative, fahren irgendwann von Leutkirch aus auch wieder Züge in Richtung Isny ab.

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