Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Herbstgoldene Momente im Moor erleben
Was die Pfeifengräser für das Wurzacher Ried tun
BAD WURZACH (sz) - Die Tage werden nun kürzer, die Temperaturen niedriger. Dies sind die Signale für Laubbäume, ihr wertvolles, grünes Chlorophyll aus den Blättern zurückzuziehen und für das nächste Jahr zu speichern. Damit geben sie den Blick auf die gelben und roten Farbstoffe frei. Wie das Naturschutzzentrum Wurzacher Ried in einer Pressemitteilung weiter berichtet, setzt jetzt aber nicht nur das Herbstlaub farbige Akzente in der Natur. Auf den Riedwiesen verleihen auch die Pfeifengräser der Landschaft einen gelblichen oder rötlichen Schimmer.
Das Naturschutzzentrum präsentiert unter der Rubrik „Moor-Momente“regelmäßig Spannendes und Unterhaltsames aus der vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt des Wurzacher Rieds. Dabei werden Arten vorgestellt, die die Besucher aktuell im Ried antreffen können. Zurzeit sind das die Pfeifengräser. Sie gehören zur Familie der Süßgräser. Sie besitzen runde Stängel mit knotenartigen Verdickungen. Als Besonderheit unter den Süßgräsern liegen die Stängelknoten beim Pfeifengras in Bodennähe, sodass die Halme, die über einen Meter hoch werden können, scheinbar knotenlos sind. Diese langen, harten und glatten Halme wurden früher zum Reinigen der langen Tabakspfeifen verwendet. Daher der Name Pfeifengras, heißt es in der Pressemitteilung. Während im Sommer blau-grüne Farbtöne die Pflanze prägen, färben sie sich im Herbst von gelb über gelbbraun bis hin zu rotbraunen Tönen.
Wie das Naturschutzzentrum weiter berichtet, bevorzugen Pfeifengräser feuchte bis nasse, nährstoffarme Böden wie zum Beispiel Niedermoorwiesen. Solche Flächen seien unbrauchbar als Viehfutter, wurden aber traditionell im Herbst gemäht und als Einstreumaterial in den Ställen verwendet. Da sie nicht gedüngt wurden, entstanden im Laufe der Zeit magere, nährstoffarme
Standorte, die Streuwiesen. Neben Pfeifengräsern wachsen hier auch seltene Knabenkraut-Orchideen, Teufelsabbiss oder Weidenalant. Als Anpassung an den mageren Standort verlagern Pfeifengräser im Herbst alle wichtigen Stoffe in die Pflanzenbasis, sodass diese beim Mähen nicht verloren gehen. Zudem gehen sie eine Lebensgemeinschaft mit Pilzen ein, die sogenannte Mykorrhiza, die im Gegensatz zu Bäumen bei Gräsern relativ selten sei.
Streuwiesen sind ein Kulturgut und auf die Pflege durch den Menschen angewiesen, so die Pressemitteilung. Im Laufe der Modernisierung der Landwirtschaft gingen sie in der Landschaft größtenteils verloren. Im Wurzacher Ried gebe es noch etwa 15 Hektar Streuwiesen, die durch entsprechende Pflegemaßnahmen erhalten werden. So könne man aktuell vor den Toren des ehemaligen Haidgauer Torfwerks, aber auch entlang des Torflehrpfads, das herbstliche Farbenspiel im Sonnenlicht beobachten.