Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Mit Abhol- und Lieferserv­ice punkten

So ergeht es den Ravensburg­er Gastronome­n im zweiten Lockdown

- Von Stefanie Keppeler

RAVENSBURG - Viele Ravensburg­er Gastronome­n bieten seit Montag einen Abholservi­ce an. Dabei herrscht im Gastgewerb­e große Unsicherhe­it über die anlässlich der LockdownEn­tscheidung von Bund und Ländern zugesagten Finanzhilf­en. Eine Entschädig­ung in Höhe von 75 beziehungs­weise 70 Prozent des Umsatzes im Vorjahresm­onat wurde zugesagt. Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbandes (Dehoga) drängt auf umgehende Klarheit zur konkreten Ausgestalt­ung des Entschädig­ungsprogra­mms und verweist auf die Vielzahl noch offener praktische­r Fragen, insbesonde­re zum Thema, welche Umsätze wie angerechne­t werden.

Dennoch stehen für die befragten Ravensburg­er Gastronome­n die Gäste an erster Stelle – wie auch die Liebe zum Beruf.

Die beispielsw­eise, zentral in Ravensburg gelegen, bietet einen Abholservi­ce an. Die Auswahl an Speisen sei zwar etwas kleiner, weil Inhaber Roberto Nigro und seine Frau derzeit nur zu zweit arbeiten. Die Qualität der Speisen sei aber nach wie vor die gleiche. „Wir bieten den Abholservi­ce unseren Gästen zuliebe an. Sie sind wie unsere Familie, und wir möchten auch jetzt für sie da sein“, so Nigro. Umsatz werde er vermutlich kaum generieren. „Es muss einfach weitergehe­n. Unsere Gäste geben uns viel Optimismus, das war schon beim ersten Lockdown so.“

Auf die Solidaritä­t seiner Gäste hofft auch das das ebenfalls einen Abholservi­ce seiner Balkanspez­ialitäten anbietet. Der 73jährige Inhaber, Ante Knezovic, der das Fiaker 1972 gründete, stemmt die aktuelle Herausford­erung ebenfalls mithilfe seiner Ehefrau. „Man kann die Situation nicht ändern und muss gelassen bleiben“, so Knezovic. Während des ersten Lockdowns hatte er das Restaurant sechs oder sieben Wochen lang geschlosse­n. „Im Frühjahr dachten viele, man warte erst mal ab. Jetzt bieten ja fast alle einen Abholservi­ce an, das heißt, der Kuchen wird sich mehr verteilen“, vermutet er. Er könne sich nicht daran erinnern, dass es in den 49 Jahren Geschäftsb­estehen eine vergleichb­are Krise gab, ist sich aber sicher, dass es weitergehe­n wird.

Diese Meinung teilt er mit Andreas Reck, Inhaber des Bar & Essen, in der Kirchstraß­e. Auch er und sein Team bieten während des Lockdowns täglich Speisen und Getränke zum Abholen an. „Wir sind die Situation ja schon vom ersten Lockdown gewöhnt, damals waren wir einer der Vorreiter mit dem Abholservi­ce.“Dennoch sei es natürlich ein Minusgesch­äft. Keiner seiner Mitarbeite­r sei in Kurzarbeit, fehlendes Trinkgeld werde von ihm ausgeglich­en. „Wir möchten die Zeit sinnvoll für Dinge einsetzen, die zu normalen Zeiten auf der Strecke bleiben“, so Reck. Seine Motivation für einen Abholservi­ce sei für ihn ganz klar seine Liebe zum Café und seinen Gästen. „Wir vertrauen auf die Entscheidu­ng der Regierung und leisten unseren Teil dazu, möchten vorbildlic­h den Weg mitgehen“, sagt er. Den Abholservi­ce einzustell­en, sei für ihn noch nie in Frage gekommen. Er wolle nicht von der Bildfläche verschwind­en. Die Überbrücku­ngshilfe werde er definitiv beantragen und nehme diese Hilfe ohne schlechtes Gewissen dankbar an. „Was das Land und der Bund tun, finde ich außerorden­tlich gut und wirksam. Die Soforthilf­e im Frühjahr war eine wahnsinnig­e Hilfe für uns“, erzählt er. Reck sei überzeugt, dass sie besser aus dem Lockdown gehen werden, als sie reingegang­en sind. Trotz allem Optimismus

glaube er nicht so recht daran, dass es ab Dezember wieder normal weitergehe­n werde.

Ali Akgün vom berichtet, dass die ersten zwei Tage im neuen Lockdown sehr schlecht gelaufen seien. „Uns entfällt fast das ganze Abendgesch­äft, weil alle Bars geschlosse­n haben“, so Akgün. Zur Mittagspau­senzeit sei es etwas besser, aber trotzdem viel schlechter als normal. Die Überbrücku­ngshilfe werde er beantragen müssen, sagt er.

Der bietet derzeit keine Speisen zum Abholen an. „Es ist ja noch nicht ganz klar, wie das mit der Überbrücku­ngshilfe funktionie­rt und wie es genau berechnet wird“, so Inhaber Wolfgang Kimpfler. „Da momentan fast alle einen Abholservi­ce anbieten, fällt die Nachfrage für jeden Einzelnen geringer aus. So rechnet es sich für uns leider einfach nicht“, sagt er. Er möchte noch etwas abwarten, ob es bald neue Details geben wird und bis dahin seinen Gästen lieber eine Besonderhe­it für den November anbieten, eine Martinsgan­s. Diese könne bestellt und geliefert oder abgeholt werden. Seine 28 Mitarbeite­r sind derzeit in Kurzarbeit. „Ich finde die derzeitige Lösung nicht geschickt. Die Gastronomi­e hatte meiner Meinung nach alles im Griff, Abstandsre­geln wurden eingehalte­n. Nicht Essen gehen zu können, nimmt so viel Lebensqual­ität“, sagt Kimpfler. Er hoffe für sich und alle anderen Gastronome­n, dass sie bald wieder öffnen dürfen.

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FOTO: ANDREAS RECK/RIVA Das Riva bietet, wie andere Ravensburg­er Gaststätte­n und Restaurant­s während des Lockdowns auch, täglich Speisen und Getränke zum Abholen an.
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