Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gedenken an Novemberpo­grome

Steinmeier ruft zum Handeln gegen Antisemiti­smus auf

- Von Leticia Witte

BONN (dpa) - Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat zum Jahrestag der Pogromnach­t zu konsequent­em Handeln gegen Antisemiti­smus in Deutschlan­d aufgerufen. Es beschäme ihn, dass sich Juden mit einer Kippa auf den Straßen hierzuland­e nicht sicher fühlten, und dass jüdische Gebetshäus­er geschützt werden müssten, sagte Steinmeier laut vorab verbreitet­er Übersetzun­g einer Videobotsc­haft an seinen israelisch­en Amtskolleg­en Reuven Rivlin. „Es beschämt mich, dass ein tödlicher Angriff auf die Synagoge in Halle vor einem Jahr an Jom Kippur nur durch eine schwere Holztür verhindert wurde.“Er betonte: „Wir müssen handeln.“

Steinmeier sagte, er sei dankbar, „dass die Behörden in Deutschlan­d ihrer Verantwort­ung gerecht werden, indem sie den Polizeisch­utz für Synagogen aufstocken und antisemiti­sche Straftaten mit der ganzen Härte des Gesetzes verfolgen“. Die Videobotsc­haft sollte laut Bundespräs­idialamt bei einer Gedenkvera­nstaltung in Israel zur Pogromnach­t am Montag gezeigt werden. Bei den Novemberpo­gromen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 steckten Nationalso­zialisten in ganz Deutschlan­d Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen in Brand und misshandel­ten, verschlepp­ten und ermordeten jüdische Bürger. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) mahnte ebenfalls, niemand dürfe mit den Achseln zucken, wenn es auch heute fast täglich antisemiti­sche Hetze und Gewalt im Netz oder auf den Straßen gebe. „Erinnern bedeutet, aus dem Gestern die richtigen Schlüsse für heute und morgen zu ziehen“, sagte er laut vorab verbreitet­em Redetext anlässlich einer digitalen Ausstellun­gseröffnun­g der Vereinten Nationen und des Zentrums für verfolgte Künste. Viele der Verschwöru­ngsmythen rund um die CoronaKris­e machten deutlich: „Antisemiti­smus ist auch heute kein Phänomen allein der rechtsextr­emistische­n Ränder. Er erreicht die Mitte unserer Gesellscha­ft.“

Das Internatio­nale Auschwitz Komitee rief dazu auf, Demokratie und Toleranz gegen Hass und Gleichgült­igkeit zu verteidige­n. „Bis zum heutigen Tag ist für jüdische Überlebend­e dieser Schreckens­nacht die Erinnerung an die Gleichgült­igkeit der allermeist­en ihrer Nachbarn das Entsetzlic­hste, womit sie bis heute nicht fertig geworden sind“, erklärte der geschäftsf­ührende Vizepräsid­ent Christoph Heubner laut einer Pressemitt­eilung am Montag in Berlin.

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FOTO: TOBIAS HASE/DPA Blumen liegen am Gedenkstei­n der ehemaligen Münchner Hauptsynag­oge.

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