Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Wie lange wollen wir noch zuschauen?“
Zum Artikel „Biogasanlage: Anwohner fühlen sich von Biogasanlage bei Isny belästigt“(SZ vom 5. November):
In der Diskussion um die geplante Erweiterung der Biogasanlage vermissen wir ein paar ganz entscheidende Fakten. Das Erzeugen von Strom aus Biomasse ist ökologisch nur sinnvoll, wenn lokal vorhandene Biomasse verstromt wird und andere Bereiche dadurch nicht geschädigt werden.
Einige Isnyer mögen sich noch an die Anfangszeiten der Anlage erinnern, wo es erlaubt war, Grünschnitt aus Privatgärten anzuliefern – Biomasse, die in der Region sowieso da ist. Dies wurde bald unterbunden. Auch reiner Pferdemist (frei von unerwünschten Strohhalmen) darf nicht angeliefert werden, sofern der Lieferant keinen landwirtschaftlichen Status hat.
Die Uni Hohenheim hat 2014 eine Studie zur Verstromung von Pferdemist veröffentlicht. Rein rechnerisch kann mit dem Mist eines Pferdes ein Dreipersonenhaushalt mit Strom versorgt werden. Warum können wir nicht die Biomasse verstromen, die bei uns in der Region anfällt? Wieso soll zukünftig noch mehr herangekarrt werden? Viel schlimmer wiegt jedoch die Tatsache, dass das Saatgut von Mais für Biogaserzeugung stark gebeizt ist – mit Fungiziden, Pestiziden und Insektiziden. Diese Substanzen schädigen nachhaltig Insekten und Zugvögel – das ist seit Langem bekannt. Und nein, es sind nicht die Steingärten in manchen Siedlungen für den Rückgang der Bienen verantwortlich. Erst vergangene Woche wurde die Studie der Forschungsstation Randecker Maar veröffentlicht – mit einem Ergebnis, das uns alle wachrütteln müsste: Es wurde ein Rückgang der sogenannten wandernden Insekten um bis zu 97 Prozent auf der Schwäbischen Alb seit 1970 festgestellt. Wie lange wollen wir da als Gesellschaft noch zuschauen? Unser Appell: Wenn diese Anlage schon vergrößert werden muss, dann bitte verträglich. Wie wäre es, wenn sich Böck & Halder auf den Weg machen und zum Biogas Vorzeigeunternehmen werden? Statt Gewinnmaximierung könnte man Biogas aus Wildpflanzen erzeugen. Ja, der Ertrag wird geringer sein – der Kollateralschaden aber auch.
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