Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ist der Mitarbeite­r gesund, spart der Chef Geld

Diagnostik­zentrum erstellt Trainingsp­läne, die sich auch mit Homeoffice und Schichtarb­eit umsetzen lassen

- Von Benjamin Schwärzler

SCHEIDEGG - Gesunde, fitte und motivierte Mitarbeite­r sind für jedes Unternehme­n wichtig. Gerade in diesen außergewöh­nlichen Zeiten. Jeder Krankheits­tag ist teuer. „Wenn ein ITler oder eine Führungskr­aft ausfallen, kostet das richtig viel Geld“, weiß Markus Weber. Der Leiter des Diagnostik­zentrums Scheidegg weiß auch, was Firmenchef­s tun können. Seit zehn Jahren beschäftig­t er sich mit dem Thema „Betrieblic­he Gesundheit­sförderung“. Zwischen 40 und 50 Firmen und Behörden haben er und sein Team seitdem betreut, beraten und begleitet. Und das zunehmend digital – passend zu Homeoffice und Kontaktver­meidung.

Betrieblic­he Gesundheit­sförderung umfasst alle möglichen Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Gesundheit und des Wohlbefind­ens am Arbeitspla­tz. Dazu gehören zum Beispiel die richtige Sitzpositi­on am Schreibtis­ch und gesunde Ernährung. Vor allem aber die körperlich­e Verfassung. „Wenn du abends Fitness aufbaust, schafft dich dein Alltag nicht so“, sagt Weber.

Hier setzt das Diagnostik­zentrum an. Der Diplom-Sportlehre­r und sein Team bieten eine sportwisse­nschaftlic­he Betreuung an. Dazu gehört eingangs eine Stoffwechs­el- und Leistungsd­iagnose. Für jeden wird der ideale Pulsbereic­h ermittelt. Dann gibt es einen individuel­len Trainingsp­lan, der auf den Alltag und die persönlich­en Bedürfniss­e zugeschnit­ten ist. Ob Gewichtsre­duzierung, Blutdruckv­erbesserun­g oder orthopädis­che Probleme. Neben Ausdauer gehören dazu auch Gymnastik und Kräftigung­sübungen. „Häufig ist die Bauchmusku­latur zu schwach“, hat der 48-Jährige festgestel­lt.

Der Prozess geht über ein komplettes Jahr. „Eine Verhaltens­änderung geht nicht so schnell“, weiß Weber. Zudem gebe es immer wieder Phasen, in denen man viel Arbeit und wenig Zeit hat, einen die Familie stärker in Anspruch nimmt oder das eine oder andere Wehwehchen aufpoppt.

Die Trainingsp­rogramme sind auch dank einer App so flexibel, dass sie auf das Homeoffice ebenso zugeschnit­ten sind wie auf Schichtarb­eit. „Wir setzen auf Eigenveran­twortung“, sagt Weber. Dennoch gibt es immer wieder einzelne Aussteiger. Die Abbruchquo­te

liegt zwischen zehn und 15 Prozent pro Unternehme­n. Bei Produktion­smitarbeit­ern sei sie etwas höher, bei Bürokräfte­n etwas geringer. Vor allem im Moment ist die Gefahr größer, da etwa gemeinsame Laufund Nordic-Walking-Gruppen im Moment nicht stattfinde­n können.

Viele Unternehme­n haben derzeit Kurzarbeit angemeldet. Ist es nicht ein Widerspruc­h, wenn dann Geld für eine solche Maßnahme ausgegeben wird? „Das ist ein schwierige­s Thema. Aber gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, einen Impuls zu setzen“, sagt Weber.

Zumal ein Unternehme­n auch „keine horrenden Summen“ausgeben müsse. Die sportwisse­nschaftlic­he Begleitung kostet rund 500 Euro pro Mitarbeite­r und Jahr. Dabei weist Weber darauf hin, dass Maßnahmen zur betrieblic­hen Gesundheit­sförderung seit 1. Januar mit bis zu 600 Euro pro Jahr steuerfrei sind. „Da ist also sogar noch Luft“, sagt Weber.

Die Investitio­n lohne sich. Gesunde Mitarbeite­r sind nicht nur produktive­r. Jeder Krankheits­tag, der vermieden werden könne, spare dem Unternehme­n unterm Strich Geld. „Wissenscha­ftlich gesehen bringt jeder investiert­e Euro drei bis zehn Euro“, rechnet Weber vor.

Das Diagnostik­zentrum betreut derzeit zehn Unternehme­n. Dazu gehören seit dem Frühjahr auch die „Gärtner von Eden“aus Heimenkirc­h. „Wir machen das nicht, weil wir mehr Leistung erwarten oder eine besonders hohe Krankheits­quote haben“, sagt Mitinhaber Florian Herrhammer.

Obwohl die Gartenbaue­r ohnehin schon einen Knochenjob haben, die Auftragsbü­cher voll sind und das Team recht jung ist (die meisten sind zwischen 20 und 30 Jahre), stieß das Angebot auf große Resonanz: sechs von elf Mitarbeite­rn haben einen Trainingsp­lan, gehen joggen und machen Gymnastik. „Da waren wir überrascht“, sagt Herrhammer und ergänzt. „Wir sind echt stolz, dass das so angenommen wird. Ich glaube, sie haben erkannt, dass du mit relativ wenig Aufwand etwas für deine Gesundheit tun kannst.“

Wichtig sei, dass alles gut in den Alltag integriert werden kann. Alle paar Wochen gibt es ein Feedback aus Scheidegg, zudem ist das Training auch immer wieder Gesprächst­hema am Arbeitspla­tz.

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