Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Brauchen einen verlässlichen Schulalltag“
Dorothea Sutter aus Scheidegg hat online eine Petition gestartet
SCHEIDEGG (groh) - Dorothea Sutter aus Scheidegg hat vor knapp zwei Wochen im Internet eine Unterschriftenaktion gestartet. „Verlässlicher Schulalltag ohne dauerhafte Maskenpflicht im Unterricht – auch in PandemieZeiten!“lautet die Forderung ihrer Petition, die sich an die bayerische Staatsregierung und den Landtag richtet. Fast 2000 Unterschriften liegen bereits vor – doch die Zahl ist der Initiatorin nicht am wichtigsten. Sie will vielmehr erreichen, dass die Sorgen und Probleme von Schülereltern gehört werden und dass die Verantwortlichen „tragfähige Konzepte und Strategien“für die Schule erarbeiten.
Der dreifachen Mutter ist bewusst, dass in jeder Familie die Probleme anders liegen – und darum die Vorstellung, wie Schule in Zeiten der Pandemie funktionieren soll, auseinandergehen. Für einige Eltern ist es wichtig, den Nachwuchs in der Schule unterrichtet und betreut zu wissen, weil sie es kaum hinbekommen, ihre Jobs mit Homeschooling zu vereinbaren. Andere, zu ihnen gehört Dorothea Sutter, hätten ihre Kinder lieber daheim, als dass diese stundenlang mit Maske in der Schule sitzen – „auch, wenn es mir leid tut um die Klassengemeinschaft“, sagt Sutter.
Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Familien hat die Scheideggerin versucht, in ihrer Petition einzuarbeiten. In dieser übt sie scharfe Kritik an den „Verantwortlichen in der Politik“. Diese hätten „den Sommer verschlafen“, ist ihr Eindruck. Den kann sie mit eigenen Erfahrungen unterstreichen.
Ihre achtjährige Tochter Anneli besucht die Grundschule. Nach den Sommerferien sei es ein großes Aufatmen gewesen, als endlich wieder normal Schule war. Seit jedoch die Infektionszahlen deutlich steigen, seien Schulen und Eltern mit immer neuen, teils widersprüchlichen Informationen konfrontiert. „Wir haben innerhalb von zwei Tagen drei oder vier Mails bekommen, wie jetzt die Schule läuft“, erzählt Dorothea Sutter.
Der erste Plan habe die Klassenteilung und Unterricht in täglichem Wechsel vorgesehen, der zweite täglichen Unterricht, aber weniger Stunden. Zuletzt gab es Präsenzun-terricht mit Maskenpflicht für alle – das gilt auch nach den Herbstferien.
„Schule muss verlässlich sein“, sagt Dorothea Sutter. Aus vielen Gesprächen
weiß sie, welchen Stress es in Familien verursacht, wenn sie nie wissen, ob und wie ihre Kinder betreut sind, wann sie ihren Arbeitgeber um andere Schichten oder Urlaub bitten müssen beziehungsweise – sofern vorhanden – Großeltern einspannen. Auch die häufig wechselnden Einschätzungen führen zu Verunsicherung. „Am Anfang hieß es: Abstand sticht Maske. Und jetzt heißt es: Maske sticht alles.“Sie sei keine Maskengegnerin, betont Dorothea Sutter. „Aber acht, neun Stunden Maske tragen – das sehe ich problematisch bei Kindern.“
Damit ist sie nicht allein. Melanie Neupert ist berufstätig, Homeschooling ist schon organisatorisch schwer zu leisten. Außerdem funktioniere auch das Ausdrucken und Erklären von Aufgaben nicht immer – „wenn man teilweise selbst nicht weiß, wie es geht“, sagt die Scheideggerin. Und jetzt noch Maskenpflicht: „Mein Kind will nicht mehr zur Schulkindbetreuung, weil es auf Dauer von der Maske Kopfschmerzen bekommt.“Weil sie sich alleingelassen fühlt, unterstützt Melanie Neupert die Petition. Das tut auch die vierfache Mutter Ramona
Matt, die ihre Probleme bereits in Briefen an Schulleitung und Landrat formuliert hat. Ihr Familienleben beschreibt sie als „wundervolles, kunterbuntes Durcheinander“. Die Vorstellung, „eine halbe Kinderewigkeit lang für meine beiden Großen die Lehrerin zu spielen“, macht sie indes ratlos. „Für unsere Familienkonstellation ist das dauerhaft keine Alternative.“Dorothea Sutter ist der Meinung: „Die jetzige Zeit braucht kreative Lösungen und das richtige Maß an Regeln und Vorgaben.“Sie ist der Meinung: „Es gäbe viele Wege der Solidarität – wenn man miteinander reden würde.“Die Eltern sollten einbezogen werden. „Sie könnten etwa Lehrer unterstützen beim Vorbereiten des Materials für daheim oder bei Klassenteilung als Aufsicht helfen.“
Eine andere Idee: „Wenn fünf Familien ihre Kinder freiwillig daheim unterrichten, ist im Klassenraum vielleicht Platz für die nötigen Abstände.“Das wäre ein mehrfacher Gewinn, glaubt Sutter. „Kinder lernen konzentrierter, wenn niemand neben ihnen sitzt, und brauchen keine Maske zu tragen. Bei Gruppenarbeit setzen sie sie wieder auf.“