Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Zu hohe Mieten in der Memminger Innenstadt?
In der Memminger Fußgängerzone gibt es einige Leerstände – Eine Ursachen-Suche
MEMMINGEN - In der Memminger Fußgängerzone stehen einige Läden leer, das Sporthaus Aksamit am Roßmarkt kommt Mitte November ebenso dazu wie „Bonita“am Theaterplatz zum Jahreswechsel. Gerade im vorderen Bereich der Kramerstraße nahe dem Marktplatz häufen sich die Leerstände in Memmingen. Liegt das vor allem an Corona? An der Online-Konkurrenz? An zu hohen Mieten?
So pauschal könne man das nicht sagen, sagt Memmingens städtischer Wirtschaftsförderer Michael Haider. „Bei den aktuellen Leerständen war die Höhe der Miete wohl zumindest nicht der Hauptgrund“, mutmaßt er. Denn die Miete mache ja nur einen Teil der Betriebskosten aus. Oft höher schlügen beispielsweise die Personalkosten zu Buche.
„Die Miete runter ist sicher nicht DIE Lösung“, ist der Wirtschaftsförderer überzeugt. „Wenn einem Ladenmieter das Wasser beispielsweise wegen Corona bis zum Hals steht, wird er wohl auf den Vermieter zugehen und über einen Mietnachlass verhandeln“, denkt Haider. Das müsse sich letztlich für beide Seiten rechnen.
Stundungen der Ladenmiete gab es zum Beispiel bei der „Siebendächer Baugenossenschaft“– in wenigen Fällen, wie Vorstand Markus Sonntag erklärt. Die Genossenschaft hat Gewerbeeinheiten – zum Beispiel die Schranne mit C&A, Backhaus Häussler, Reformhaus Merk, Stern-Apotheke, Juwelier-Böckh und auch die Gastronomie Chaplin sowie die Zangmeisterpassage mit Apotheke, Der Reiseladen und dem Café Bienvenue. Leerstände gibt es dort bisher nicht. Das führt Sonntag darauf zurück, dass zu den Mietern viele kleine Firmen der Region gehören, zu denen man einen direkten Kontakt habe und die umgekehrt Verantwortung für ihre Heimat und ihre Arbeitsplätze übernehmen. „Die lassen wir nicht hängen.“
Die Filialisten seien von der Konzernpolitik abhängig und hätten oft keinen Bezug zur Region. Ob die Leerstände in der Innenstadt auch durch zu hohe Mieten kommen, mag Sonntag nicht beurteilen. Er glaubt aber, dass es Corona als „Beschleuniger“
den Geschäften schwer macht. „Jetzt geht halt niemand gern shoppen.“Was die Stadt Memmingen auf keinen Fall in den guten Lagen wolle, seien Billigläden, die in die Leerstände reingingen wegen einer günstigeren Miete und vielleicht auch noch mit einem langfristigen Mietvertrag, betont Wirtschaftsförderer Haider. „Das wäre ein Abstieg für die Innenstadt.“Aktuell befürchtet er aber gerade in der Kramerstraße „keinen Domino-Effekt“im Sinne von weiteren verwaisten Schaufenstern.
Einige Monate Leerstand seien noch kein Problem für eine gute Lage, ist der Wirtschaftsförderer überzeugt – „solange eine Nachbesetzung möglich ist“. Wegen Corona werde das aber zunehmend schwerer. „Aktuell gibt es null Nachfrage und große Unsicherheit zu investieren.“Ihm würden jedoch weniger die oft inhabergeführten Läden Sorge bereiten, sondern große Filialisten, die in Schieflage geraten – so wie „Bonita“und „Hallhuber“. „Die ordnen vom fernen Schreibtisch aus Schließungen an.“
In Memmingen halten sich hartnäckig Gerüchte, dass die halbe Innenstadt
einer Handvoll Leuten gehört – und dadurch der Immobilienmarkt beherrscht würde. Das bestätigt Haider nicht. „Manche Eigentümer haben durchaus mehr als ein Objekt – aber nicht alles ist in wenigen Händen.“
Er sehe es sogar als Vorteil an, wenn ein Eigentümer mehrere Gebäude gerade in der oft sanierungsaufwendigen Altstadt hat. „Da schadet es nicht, wenn man Erfahrungen bei der Instandsetzung hat.“
Gerade die oft finanzkräftigen Filialisten stellten hohe Ansprüche. Die Ausstattung müsse hochwertig sein. Auf der „grünen Wiese“sei das leichter zu leisten als in der Fußgängerzone.
Insgesamt sei eine Mischung von Geschäften wichtig, betont Haider – also Filialisten und inhabergeführte kleine Läden. „Eine Einkaufsstadt lebt von beidem.“Wichtig sei aber auch, dass die potenziellen Kunden mit Aktionen wie dem Jahrmarkt oder dem Christkindlesmarkt nach Memmingen gelockt würden. Doch wegen Corona sei das derzeit schwierig. Haider räumt ein: „Da sind wir leider ziemlich ratlos.“