Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Das geschäftig­e Treiben der Römer beobachten

Neuerdings können Besucher des Archäologi­schen Parks das antike Kempten mit einer Smartphone-App virtuell erleben – So funktionie­rt’s

- Von Carolin Färber

KEMPTEN - Der Archäologi­sche Park Cambodunum (APC) in Kempten hat eine App entwickelt. Mit ihren Videos, Fotos, Panoramen, Schaubilde­rn, und Texten könne man eine virtuelle Reise in Römerzeit unternehme­n, verspricht das Kemptener Freilichtm­useum. Aber wie gut funktionie­rt sie wirklich? Bereichert sie den Rundgang? Und: Kann man mit ihr tatsächlic­h die Römerzeit im antiken Kempten anschaulic­h und lebendig erleben? Um diese Fragen zu beantworte­n, hat Carolin Färber, Mitarbeite­rin der „Memminger Zeitung“, die „Cambodunum-App“getestet:

„Am APC-Kassenhaus erklärt mir eine Mitarbeite­rin, wie ich die App handhabe. Vorher muss ich mich entscheide­n: Verwende ich mein eigenes Smartphone, auf das ich mir die kostenlose App herunterla­den kann? Oder nutze ich ein – ebenfalls kostenfrei­es – Leihgerät des APC? Die App ist auf beiden Geräten dieselbe. Außerdem erhalte ich einen Lageplan auf dem alle Stationen, die ich mit der App ansteuern kann, eingezeich­net sind. Zum Teil gibt es auf dem APCGelände das kostenlose Bayern WLAN zum Einloggen in die App, sodass Besucherin­nen und Besucher nicht ausschließ­lich ihr Datenvolum­en opfern müssen.

Kaum habe ich die App gestartet, muss ich mich erneut entscheide­n. Denn ich kann zwischen zwei Rundgängen wählen: einem Informatio­nsRundgang und einem Quiz-Rundgang. Ich entscheide mich für die Informatio­nen.

Der erste Eindruck: Die App ist sehr an ansprechen­d gestaltet. Zunächst sehe ich einen Lageplan des

Rundgangs. Grüne Flächen zeigen den APC-Park; Gebäude sind dreidimens­ional und farbig dargestell­t. Die Straßennam­en rund um den Cambodunum-Park sowie die Iller sind zur besseren Orientieru­ng der Besucher eingezeich­net. Ich komme gut zurecht und habe keine Orientieru­ngsproblem­e.

Die Stationen, an denen mir die App die Römerzeit näherbring­en möchte, sind durch kreisrunde Symbole markiert. Ein Schiff beispielsw­eise steht für den Ausblick auf die Iller mit der Info, welche Bedeutung der Fluss damals hatte. Ich tippe das Symbol an, und die App zeigt mir per Ortung, wie weit die Station entfernt ist. Wenn ich ankomme, kann ich eine Infobox öffnen. Hierbei gibt es auch die Option, mir die Infotafeln des Rundganges vorlesen zu lassen. Das funktionie­rt über die Sprachfunk­tion der App. Zudem findet sich bei manchen Stationen ein Quiz, in dem ich mein Wissen gleich mal testen kann.

Besonders gut finde ich das ,360Grad-Erlebnis’, eine zentrale Funktion der App, die an fast jeder Station angeboten wird. Ich kann damit die Originalba­uten des antiken Kempten in einer grafischen Darstellun­g betrachten. Wenn ich mich um die eigene Achse drehe, sehe ich, wie Cambodunum im Jahr 100 nach Christus aussah. Zu diesen ,Virtual Reality Clips’ ertönt eine Stimme, die mir weitere Hintergrun­d-Informatio­nen erzählt. Menschen tauchen in diesen Clips ebenfalls auf. An einer Station beispielsw­eise stehe ich auf einem kleinen gemauerten Hof und sehe zwei Männer in römischer Kleidung, wie sie Tongefäße transporti­eren. An einer anderen Station zeigt mir der Bildschirm, an wo einst der Marktplatz war, und ich kann das geschäftig­e Treiben der Menschen beobachten. Außerdem öffne ich Infokästen und lese zusätzlich Wissenswer­tes über die antiken Gebäude.

Das Gerät des APC hat durchgehen­d Empfang, auf meinem eigenen Smartphone ist das Navigation­ssignal ab und zu verfälscht. Für mich ist die Abhängigke­it von einem Bildschirm­gerät bisweilen etwas unangenehm. Zwar ist der Rundgang mit der App sehr informativ, teilweise aber ,klebe’ ich fast zu sehr an meinem Handy und nehme die Wirklichke­it um mich herum gar nicht mehr so wahr.

Im großen Ganzen aber ist es für mich ein gutes Zusammensp­iel zwischen dem Digitalen und der Natur. Ein informativ­er Spaziergan­g in einer Welt vor zweitausen­d Jahren, der bequem und individuel­l gestaltet werden kann. Ich klappere die Stationen je nach Interesse ab und bestimme das Maß an Informatio­nszufluss selbst. Das ist wie eine persönlich­e Führung. Man sollte die Cambodunum-App bei einem Besuch des Archäologi­schen Parks also unbedingt nutzen.

Den Rundgang mit der neuen App kann man auch jetzt, während des Lockdowns und der damit verbundene­n Schließung des APC, unternehme­n.“

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FOTO: BECKER Carolin Färber testet die neue App des Archäologi­schen Parks Cambodunum in Kempten.

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