Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
„Die Stimmung ist labil“
Bei Konferenz des CDU-Kreisverbands zu Corona-Maßnahmen werden auch kritische Töne laut
LANDKREIS RAVENSBURG - Die Einschränkungen in der Corona-Pandemie und deren Folgen für die Gesellschaft – das hat im Mittelpunkt einer mitgliederoffenen Digitalkonferenz des CDU-Kreisverbands Ravensburg am Mittwochabend gestanden. Mit von der Partie waren die Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß, Axel Müller, Josef Rief und Christian Natterer. Sie bezogen unter anderem Stellung zum veränderten Infektionsschutzgesetz sowie der damit verbundenen Demonstration in Berlin. Die wichtigsten Themen der Digitalkonferenz mit rund 50 Teilnehmern im Überblick:
„Wir befinden uns in einer herausfordernden Zeit“, stellte
der unter anderem als Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium fungiert, klar. Die Krawalle im Zuge der Reform der Corona-Maßnahmen am Mittwoch in Berlin bezeichnet er als „erschreckend“. Seiner Einschätzung nach sind derzeit „Gruppen am Werk“, die Stimmung gegen die Bundesregierung machen und die Stabilität im Land mit einer „perfiden Herangehensweise“bedrohen könnten.
Es gelte nun, die Balance zwischen der Freiheit der Bürger und dem Schutz der Bevölkerung zu finden. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht nur Kriegsrhetorik machen“, sagte Bareiß. Sämtliche Entscheidungen müssten gut begründet und erklärbar sein. „Die Stimmung ist labil. Wir müssen die Bedenken der Menschen ernst nehmen“, forderte der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung. Es gehe darum, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu vermitteln.
Viele der aktuell geltenden Corona-Einschränkungen sind „Eingriffe in persönliche Freiheiten“, betonte der Bundestagsabgeordnete
Deshalb müssten solche Entscheidungen immer auf Grundlage eines Gesetzes getroffen werden. Trotzdem brauche die Regierung kurzfristig Spielräume, die sich über Rechtsverordnungen bieten. Müller betonte, dass mit dem Ende der Corona-Pandemie automatisch auch die Schutzmaßnahmen ihre gesetzliche Grundlage verlieren.
Dass bei der Demonstration in Berlin Wasserwerfer zum Einsatz kamen, hält Müller für gerechtfertigt. Wenn Teilnehmer auch nach dem erklärten Ende der Versammlung nicht weichen, sei das ein Rechtsbruch. „Der Staat muss manchmal auch durchgreifen, um Recht durchzusetzen“, sagte Müller. Bundestagsabgeordneter
ergänzte indes, dass „zum Wohle der Bevölkerung“in Zeiten einer Pandemie eben Einschränkungen in Kauf genommen werden müssten. Bei geplanten Kampagnen von Gruppen, die möglicherweise die Demokratie und den Frieden der Gesellschaft gefährden, forderte er: „Wir müssen ganz klar gegenhalten.“
„Die Wirtschaft hat mit uns einen guten Partner“, ist sich
der auch als Beauftragter der Bundesregierung für den Mittelstand tätig ist, sicher. So habe die Bundesregierung „über eine Billion Euro“an Hilfsgeldern in verschiedenen Formen ermöglicht. Bisher seien davon rund 150 Milliarden Euro vergeben. „Wir wollen damit Strukturen erhalten und Zukunftshoffnung geben“, versichert Bareiß. Damit meint er unter anderem Betriebe aus den Bereichen Gastronomie und Einzelhandel.
Als „ganz starke Förderung“und einen „kleinen Geldsegen“bezeichnet Bareiß die Hilfsgelder, die im Rahmen des jüngsten Teil-Lockdowns im November an die Betriebe ausbezahlt werden sollen. Er geht davon aus, dass die Firmen dadurch – und mit neuen Überbrückungshilfen im Januar – überleben können. Für 2021 rechnet der Parlamentarische Staatssekretär mit einem Wirtschaftswachstum von vier bis fünf Prozent.
Der Landtagsabgeordnete
forderte in der Digitalkonferenz, die Bürokratie bei der Antragsstellung und der Auszahlung der Hilfsgelder zu drosseln. „Es ist wichtig, die Dinge korrekt umzusetzen.“Schließlich gehe es dabei um Vertrauen und Glaubwürdigkeit.
Die an der Digitalkonferenz teilnehmenden
sparten nicht mit Kritik. „Es fehlt die kritische Kultur. Ich fühle mich nicht wahrgenommen und werde gleich als Querdenker oder Demonstrant gesehen“, bemängelte beispielsweise ein Mitglied. Ein weiterer politisch Engagierter forderte: „Wir brauchen mehr Gebote, weniger Verbote.“Auch ein regionaler Gastronom machte auf seine schwierige Situation aufmerksam. „Uns wurde schnelle, unbürokratische Hilfe versprochen. Bisher haben wir nichts bekommen.“Ebenso kritisch äußerte sich ein Einzelhändler aus dem Landkreis. In seiner Branche gebe es zwar keinen Lockdown, dafür aber große finanzielle Einbußen, für die es – im Gegensatz zur Gastronomie – keinen Ausgleich gebe.
Kißleggs Bürgermeister
berichtete von einer „ernsten Stimmung“, die derzeit in vielen Städten und Gemeinden herrsche. Die Verwaltungen und Gesundheitseinrichtungen seien sehr gefordert, aber nicht überfordert. „Wir haben noch nicht das Ende des Tunnels im Blick“, meinte Krattenmacher.
„Wir müssen uns davon befreien, immer nur von Corona zu reden“, meinte Landtagsabgeordneter
nachdem auch er die Bedeutung von ernsthaften Debatten mit Corona-Kritikern hervorgehoben hatte. Auch im Hinblick auf die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen sei es wichtig, sich über Themen wie den Klimawandel oder die Wasserversorgung zu unterhalten.