Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Omira vermeidet Zusagen für höhere Milchpreise
Landwirte hatten 15 Cent mehr pro Liter Milch gefordert
RAVENSBURG – Vergangene Woche sind bundesweit bei mehr als 150 Molkereien und Schlachthöfen Traktoren vorgefahren: Landwirte aus sechs Verbänden haben ein gemeinsames Forderungspapier übergeben, in dem sie mehr Geld für ihre Produkte verlangen. Das war auch bei der Molkerei Omira in Ravensburg der Fall (die SZ berichtete). Dabei hatten die Landwirte angekündigt, dass sie wiederkommen und eine Antwort abholen wollen. Das haben sie am Donnerstag getan.
Vor der Einfahrt zum Innenhof der Omira parken Traktoren, davor stehen rund 20 Landwirte im Regen. Peter Haberkorn, Leiter der Milcherfassung bei der Omira, liest den Landwirten das Antwortschreiben zu ihrem Forderungspapier vor. „Unserer Molkerei ist die schwierige wirtschaftliche Lage auf den landwirtschaftlichen Betrieben bewusst“, heißt es da. Die Forderung nach einer nationalen Milchpreiserhöhung sei jedoch kein „zielführender Ansatz“.
50 Prozent der deutschen Milcherzeugnisse würden im Ausland verkauft, außerdem sei Deutschland ein großer Importeur von Milcherzeugnissen. Die Märkte seien also eng miteinander verflochten. Und wenn man die Milchmenge beschränken wollte, stelle sich die Frage, wer dann weniger produzieren soll. „Höhere Preise waren in der Vergangenheit noch immer ein Anreiz, mehr Milch zu produzieren“, so Haberkorn.
Was kann man also tun? Die Molkerei schlägt vor, Vermarktung und Kommunikation zu stärken. Landwirte und Molkereien sollten gemeinsam die Milchbranche für den Verbraucher sichtbarer machen. Und damit dazu beitragen, dass die Wertschätzung der bäuerlichen Arbeit zunimmt. „Anstatt auf Konfrontation zu gehen, sollte auf Dialog gesetzt werden“, heißt es am Schluss des Schreibens. Unterzeichnet ist es von Johannes Eder aus der Abteilung Milcheinkauf der Omira.
Als Konfrontation wollen die Landwirte ihren Vorstoß nicht verstanden wissen. „Wir wollen nur zeigen, dass wir Forderungen haben, die berechtigt sind“, sagt ihr Sprecher Hermann Fischer aus Leutkirch-Wielazhofen. Die Landwirte beklagen steigende Kosten und niedrige Erlöse. Damit sich ihre Arbeit lohnt, wollen sie besser bezahlt werden. Gefordert hatten sie für den Liter Milch mindestens 15 Cent mehr, pro Kilogramm Rindfleisch mindestens einen Euro mehr, pro Kilogramm Schweinefleisch mindestens 50 Cent mehr und für das Kilogramm Geflügel mindestens 20 Cent mehr.
Auf diese Forderungen haben sich Verbände geeinigt, die sonst nicht immer einer Meinung sind, heißt es in der Pressemitteilung der Milcherzeuger. Die Delegationen, die bundesweit Molkereien und Schlachthöfe besucht haben, kommen von sechs verschiedenen landwirtschaftlichen Vereinigungen: dem Bundesverband deutscher Milchviehalter (BDM), der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Milchgruppe in der Initiative Land schafft Verbindung (LSV), dem European Milk Board (EMB), den Freien Bauern und der Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Milch Board.
Landwirt Georg Konzett aus Baindt erinnert an die potenziellen Hofnachfolger. „Viele Bauernbuben hängen an der Landwirtschaft“, sagt er. „Obwohl sie in der Industrie viel weiter kommen könnten.“Die eigentlich landwirtschaftlichen Arbeiten belasten offenbar auch die demonstrierenden Landwirte eher weniger. „Das Problem ist der Bürokratie-Wahnsinn“, schimpft Alexander Böhmer aus Berg-Ettishofen. „Was wir alles aufschreiben müssen – dabei geht es doch um Entscheidungen auf unseren eigenen Höfen!“
Und was ist nun bei der Aktion mit dem Forderungspapier herausgekommen? Zusagen für höhere Preise haben die Landwirte in Ravensburg nicht bekommen. „Wir sind nicht überrascht“, sagt ihr Sprecher Fischer. „Das haben wir so erwartet.“Nötig sei eine Systemänderung. Da müssten Politik und Bevölkerung mitziehen. „Und wenn die Politik was will, dann kann sie das sehr wohl durchsetzen“, meint Fischer. Das habe sich bei der Einführung der erneuerbaren Energien gezeigt. „Aber wenn die Politik nur will, dass die Nahrungsmittel billig und die Bauern auf der Strecke bleiben, dann ändert sich nichts.“Dann bleiben die Landwirte im Regen stehen, so wie gestern vor der Omira.
„Wir wollen nur zeigen, dass wir Forderungen haben, die berechtigt sind“
Hermann Fischer, Sprecher der Landwirte