Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gute bis erbärmliche Bushaltestellen
So bewerten die Altstadtfreunde die Wartebereiche in der Kemptener Innenstadt
KEMPTEN - Schon mal im Dunkeln bei Regen an einer Bushaltestelle ohne Unterstand gewartet? Oder mit dem Gehstock in den Rillen des Kopfsteinpflasters verfangen? Die Kemptener Altstadtfreunde haben systematisch untersucht, wie barrierefrei Haltestellen sind, wie sicher für Alleingehende in der Dunkelheit und ob die Ausstattung aktuellen Standards entspricht. Das Ergebnis ist teils ernüchternd; die Bewertungen reichen von gut bis erbärmlich.
„Wir haben bei der Haltestelle vor dem historischen Rathaus höchste Priorität bei der Nachrüstung gesehen“, sagt Vorsitzender Dietmar Markmiller. Für drei weitere Haltestellen empfehlen die Altstadtfreunde eine deutliche Verbesserung „in angemessener Zeit“– auch in kleinen Schritten. Den Altstadtfreunden ist klar, dass einige Empfehlungen Vorbereitungszeit brauchen und nicht zum Nulltarif zu haben sind.
Bei der Aktion geht es auch um die Frage, wie Bushaltestellen die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs steigern können. Zur Arbeitsgruppe zählen neben Markmiller Ursula Speiser, Carina Bauernfeind, Annette Rampp und Dr. Michael Büssemaker als Initiator der Haltestellenaktion. Sie besichtigten im Altstadtgebiet alle Bushaltestellen (abgesehen von der ZUM) und stellten Vorschläge zusammen. Das erfolgte nach einem einheitlichen Bewertungsmuster. „Haltestellen im Altstadtbereich auszubauen oder nachzurüsten, ist immer ein Kompromiss zwischen Platzmangel, denkmalgeschützter Umgebung und hoher Dichte vieler Aktivitäten“, erklärt Büssemaker. Als positives Beispiel gilt die Haltestelle „Burgstraße/Freudental“.
Diese Haltestellen schlagen die Altstadtfreunde zur Aufwertung vor: Haltestelle Rathaus: An dem hochwertigen Standort sei die Haltestelle eine Zumutung für alle Verkehrsteilnehmer, die Rathaus, historische Altstadt, die Freitreppe oder Kneipen anstreben. Es gebe nur eine Beschilderung, Untergrund aus
Kopfsteinpflaster, einen schwer lesbaren Fahrplan und eine nicht-überdachte Sitzbank. Für die Altstadtfreunde ist das weder eine Visitenkarte für die Stadt noch für den öffentliche Nahverkehr.
Residenz/Pfeilergraben: Die Altstadtfreunde finden, dass eine Gehwegüberdachung durch die Firma Kaufhof kein Ersatz für Haltestellendächer sei. Der Standort in der Nähe zu Residenz, Wochenmarkt und Fußgängerzone verdiene mehr als eine Beschilderung mit Sitzmöglichkeiten.
Parktheater: „Erbärmlicher geht es kaum“, betonen die Altstadtfreunde, dass es sich nicht um irgendeine Haltestelle handle. In der Umgebung fänden sich Einrichtungen des gesellschaftlichen Lebens, die Fußgängerzone und wichtige Dienstleister. Gegeben seien nur eine Busspur und eine Beschilderung mit Fahrplan, obwohl kein Platzmangel bestehe.
Illerstraße/Mühlberg: Die Altstadtfreunde sehen wegen der Enge auf den Gehwegen wenig Spielraum für eine Verbesserung, wohl aber etwa 100 Meter weiter in Richtung Stadttheater.
Oberbürgermeister Thomas Kiechle begrüßt die Vorschläge. Die Verwaltung werde sie in Zusammenarbeit mit den Kemptener Verkehrsbetrieben (KVB) prüfen. Platzangebot, Besitzverhältnisse und Denkmalschutz seien allerdings häufig erschwerende Faktoren. Und es sei jede einzelne Haltestelle detailliert zu betrachten. Wie es konkret weitergeht? Man müsse die interne Prüfung abwarten, heißt es. Im Rathaus betont man zudem, dass grundsätzlich bei Straßenumbauten betroffene Haltestellen barrierefrei ausgebaut werden. Dazu gehören neben dem barrierefreien Einstieg für Gehbehinderte auch taktile Leitsysteme für Sehbehinderte.
Zudem fragen die Altstadtfreunde, warum es nicht vorgelagert vor dem Stadttheater in beiden Fahrtrichtungen zusätzliche Haltestellen gibt. Dazu Kiechle: Das sei „grundsätzlich aus Sicht der KVB möglich und wünschenswert“. Man müsse die Grundstücksverhältnisse klären.