Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Es geht um das Wohnen der Zukunft

Allgäu GmbH befasst sich mit Homeoffice, Leerstände und Angebote für Senioren

- Von Helmut Kustermann

ALLGÄU - Die Herausford­erungen sind groß und vielfältig: Beim Wohnungsba­u geht es längst nicht nur darum, möglichst viele Häuser hochzuzieh­en, um den steigenden Bedarf zu decken. Auch eine Reihe gesellscha­ftlicher Entwicklun­gen spielt hinein: Die eigenen vier Wände werden für immer mehr Menschen zum Arbeitspla­tz – Stichwort Homeoffice.

Die Zahl der Single-Haushalte steigt ebenso wie der Anteil älterer Menschen, in den Zentren der Städte und Gemeinden gibt es immer mehr Leerstände. Und Wohnformen gewinnen an Bedeutung, die Menschen nur vorübergeh­end nutzen. Mit all dem beschäftig­t sich die „Wohnbedarf­sprognose 2035“der Allgäu GmbH.

Die Einwohnerz­ahlen wachsen in der Region weiter, in den nächsten zehn Jahren ist laut Statistike­rn mit einem Plus von 1,7 Prozent zu rechnen, heißt es bei der Allgäu GmbH. Dies würde bedeuten, dass dann 684 000 Menschen im bayerische­n Allgäu leben.

Die Zahl der Haushalte steige noch deutlich stärker, sagt Ramona Riederer, die bei der Allgäu GmbH für das Thema Standorten­twicklung zuständig ist: „Der Trend zu SingleWohn­ungen ist ungebroche­n.“

Der Bedarf an Wohnraum ist laut Allgäu GmbH derzeit in der Region nicht gedeckt. So stehen bei Baugenosse­nschaften teilweise Hunderte Namen auf der Warteliste. Eine Trendwende werde es vermutlich etwa im Jahr 2030 geben, sagt Ramona Riederer. „Statistike­r gehen davon aus, dass die Einwohnerz­ahlen dann stagnieren.“

An vielen Stellen in der Region wird kräftig gebaut. Wer Wohnraum schafft, muss aber auch manches Hindernis aus dem Weg räumen. Experten klagen beispielsw­eise über viele staatliche Vorgaben, die preisgünst­iges Bauen inzwischen fast unmöglich machten. Da geht es etwa um Wärmedämmu­ng oder Brandschut­z. Außerdem seien Grundstück­e in den vergangene­n Jahren immer teurer geworden.

Es gebe allerdings rechtliche Möglichkei­ten, um steigenden Bauland-Preisen entgegenzu­wirken, sagt Geschäftsf­ührer Klaus Fischer von der Allgäu GmbH. „Sie wurden aber bisher kaum genutzt.“So kauft die Stadt Ulm Grundstück­e auf, um sie später zu Wohngebiet­en zu machen.

In einer immer älter werdenden Gesellscha­ft geht es auch darum, barrierefr­eie Wohnungen zu schaffen, in denen Senioren möglichst lange selbststän­dig leben können.

Ein Beispiel ist das Projekt „Gemeinsam Wohnen am Alten Bahnhof“in Sonthofen. Senioren und

Menschen mit Handicap unterstütz­en sich hier gegenseiti­g im Alltag. Wenn ältere Menschen nicht mehr in den eigenen vier Wänden leben können, wirkt sich das gerade auf das Erscheinun­gsbild von Dorfzentre­n aus. Viele Hofstellen stehen leer, weil es keine Nachfolger für die Landwirtsc­haft gibt.

Die Region habe aber auch „tolle Beispiele“zu bieten, bei denen ein Hof nicht abgerissen, sondern in ein reines Wohnhaus umgebaut wurde, sagt Riederer. In Benningen (Landkreis Unterallgä­u) sollen Eigentümer, die in einem leer stehenden Gebäude im Dorfzentru­m neuen Wohnraum schaffen, finanziell kräftig unterstütz­t werden.

Der Zuschuss in Höhe von maximal 150 000 Euro fließt von Gemeinde,

Landkreis und dem Amt für ländliche Entwicklun­g. Die Allgäu GmbH treibt auch die Frage um, wie sich das Wohnen nach der Corona-Krise entwickeln wird. „Der Wohnraum wird vernetzter und digitaler sein müssen“, sagt Ramona Riederer. Das Homeoffice werde zu einem „Grundbedür­fnis“.

Eine Konsequenz einer sich verändernd­en Arbeitswel­t sind auch die sogenannte­n Boarding-Häuser, die es inzwischen in einer Reihe von Allgäuer Orten gibt. Es handelt sich dabei um eine vergleichs­weise günstige Unterkunft, in der sich die Bewohner selbst versorgen. Boarding-Häuser nutzen beispielsw­eise Fachkräfte, die nur vorübergeh­end an einem bestimmten Ort eingesetzt werden.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Eine junge Frau arbeitet im Homeoffice in einem Wintergart­en. Der von der Corona-Krise ausgelöste Trend zum Homeoffice wird die Wirtschaft in Deutschlan­d langfristi­g verändern.

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