Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Radl-Rambos“auch im Allgäu?

Senioren-Union klagt über rücksichts­lose Fahrradfah­rer – In der Region werden unterschie­dliche Meinungen laut

- Von Moritz von Laer

ALLGÄU - Mit Volldampf durch die Fußgängerz­one, ohne Licht bei Dämmerung über den Gehweg oder als Geisterfah­rer um die Ecke geschossen: Laut der Senioren-Union der CSU gibt es immer mehr rücksichts­lose Radfahrer, die Fußgänger in Gefahr bringen. Darüber diskutiert­en Vertreter der Senioren-Union auf Landeseben­e unter anderem mit der bayerische­n Verkehrsmi­nisterin Kerstin Schreyer. Ist das Problem mit den „Radl-Rambos“auch im Allgäu gravierend?

Ein Blick auf die Zahlen der Unfälle zwischen Radlern und Fußgängern, bei denen die Schuld beim Fahrradfah­rer liegt: Die Daten zeigen keine Tendenz, dass Vorfälle dieser Art in den vergangene­n Jahren zunahmen. 2016 waren es im gesamten Allgäu laut Polizei 21 solcher Unfälle. 2018 waren es ganze 43, 2019 dann 30; im laufenden Jahr bis zum 30. September bisher 26.

Georg Hieble, Vorsitzend­er der Senioren-Union im Kreisverba­nd Kempten, hat in Kempten von keinen großen Komplikati­onen zwischen Radfahrern und Fußgängern gehört: „Kempten ist aber auch keine RadlStadt“, sagt der 80-Jährige. Hieble, der selbst viel zu Fuß unterwegs ist, sieht eher den Radverkehr in den Bergen als Problem: „Da ist viel mehr los als in der Stadt.“Immer wieder komme es dabei zu Auseinande­rsetzungen zwischen Wanderern und Bikern. Die perfekte Lösung hat Hieble auch nicht parat: „Das geht nur mit gegenseiti­ger Rücksichtn­ahme.“

Anders als in Kempten ist der Radverkehr in Memmingen deutlich ausgeprägt­er. Das liege laut Hieble vor allem an der Topografie. „Radler brauchen eine flache Stadt.“Kempten sei viel zu bergig. Klaus Schuster, Vorsitzend­er des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Memmingen, weiß vom „Radl-Rambo-Problem“. Das hänge aber oft mit der Infrastruk­tur für Radler zusammen. Zum Beispiel, dass Radwege oft „im Nirvana enden“. Immer wieder komme es vor, dass sich Schuster mit anderen Radlern streitet, die sich nicht an die Verkehrsre­geln halten. Walter Röllig vom Seniorenbe­irat der Stadt Memmingen spricht dagegen von einem deutlich aggressive­ren Verhalten bei Radfahrern – aber nur bei einzelnen. „Oft sind auch Radler ohne Beleuchtun­g unterwegs oder klingeln nicht“, sagt er. Wenn man dann darauf hinweise, „reagieren manche aggressiv“. Und dann gebe es auch Leute, die „bewusst provoziere­n“wollen und „durch die Fußgängerz­one heizen“. Schuster ist sich aber sicher: „Wenn wir mehr Menschen dazu bewegen wollen, das Rad zu nehmen, dürfen wir den Ruf der Fahrradfah­rer nicht verschlech­tern.“Zudem müsse man umdenken: In der Rangfolge der Rücksichtn­ahme „muss erst der Fußgänger kommen, dann der Radler, dann der ÖPNV und erst dann das Auto. Nicht, wie in vielen Köpfen, umgekehrt.“

„Radler brauchen eine flache Stadt.“

Georg Hieble, Vorsitzend­er der Senioren-Union

Newspapers in German

Newspapers from Germany