Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wirte müssen Kunden mit Essen abweisen

Wer sich einen Imbiss auf die Hand holt, darf das nicht vor dem Restaurant konsumiere­n

- Von Ruth Auchter-Stellmann

RAVENSBURG - Fein essen gehen ist momentan tabu. Trotzdem kann man sich in vielen Restaurant­s und Imbissen in der Stadt mit Sandwiches, Kuchen oder Currywurst zum Mitnehmen eindecken – ein Kompromiss, da Gaststätte­n aufgrund der CoronaVero­rdnung derzeit geschlosse­n sind. Deshalb stellen viele Wirte einen Abhol- und Lieferserv­ice auf die Beine. Wie aber geht das Ordnungsam­t mit Leuten um, die ihr Takeaway nicht weit genug weg vom Lokal verzehren?

Vor Kurzem hatte es in Friedrichs­hafen Ärger mit der Polizei gegeben, weil Gäste ein Bier vor einer Pizzeria getrunken haben. Um Ähnliches zu verhindern, hat VeitsburgW­irt Christian Ott den Bereich um die Ausflugsga­ststätte vorsorglic­h mit Absperrban­d markiert. Und ein Schild mit dem Hinweis drangehäng­t, dass in diesem Bereich sowie im Umkreis von 50 Metern „bei uns gekaufte Speisen und Getränke nicht konsumiert werden dürfen“. Einzige Ausnahme: Wer im Wohnmobil vorfährt und sich zwei Tage vorher angemeldet hat, bekommt von Ott das Essen im eigenen Gefährt serviert.

Alfred Oswald, Pressespre­cher der Stadt Ravensburg, bestätigt auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass entspreche­nd der aktuellen Corona-Verordnung nur AußerHaus-Verkauf sowie Abhol- und Lieferserv­ice gestattet sind. Das bedeute konkret: „Einrichtun­gen zum Verweilen beziehungs­weise zum Verzehr an Ort und Stelle dürfen nicht angeboten werden.“

So haben denn auch die meisten Wirte in der Stadt ebenso wie Ott auf der Veitsburg ihre Tische und Bänke entweder ganz abgebaut oder zusammenge­klappt und abgeschlos­sen. Trotzdem kommt es hin und wieder mal vor, dass sich jemand mit seiner Waffel oder seinem Kaffee an einen der beiden Stehtische vor der Riva-Bar in der Herrenstra­ße stellt, die sich eigentlich nur wegen des Desinfekti­onsmittels dort befinden. Dann macht Wirt Andreas Reck die Gäste freundlich darauf aufmerksam, dass das momentan nicht erlaubt ist – und verweist auf die Bänke an der Liebfrauen­kirche. Der Takeaway-Service lohne sich zwar „vielleicht nicht finanziell“, so Reck. Aber es sei nicht zu unterschät­zen, „wie viel es langfristi­g bringt, nicht von der Bildfläche zu verschwind­en“. Selten sei die Nähe zu den Stammkunde­n größer gewesen.

Auch das To-go-Angebot von Pano und Lilly Ginger in der Bachstraße lohnt sich laut Inhaber Thomas Walser nur bedingt: Es sei nicht gewinnbrin­gend, doch zumindest kostendeck­end – vor allem aber müsse man „wenigstens präsent sein“. Weil die gesamte Außenbestu­hlung zusammenge­klappt sei, empfiehlt auch er den Kunden die nächstgele­genen öffentlich­en Bänke, sofern sie ihre Wraps nicht unterwegs auf der Straße verzehren. Wie das Riva, wo momentan um 15 Uhr dichtgemac­ht wird, hat Pano Brot & Kaffee die Öffnungsze­iten reduziert: Statt um 7.30 Uhr macht erst um 9 Uhr auf und schließt statt um 19 Uhr bereits um 17 Uhr. Denn: „In der Stadt ist einfach sehr, sehr wenig los“, so Walser.

Die Veitsburg hingegen ist am Wochenende nach wie vor ein beliebtes Ausflugszi­el. Und die Leute würden sich freuen, wenn sie sich dann an Ort und Stelle etwa Glühwein, Burger oder Kuchen holen können, registrier­t Ott. Gegessen wird dann zu Hause oder irgendwo entlang des Serpentine­nwegs, wie er beobachtet.

Auch er hat sämtliche Tische und Stühle weggepackt, um gleich gar niemanden zum Hinsetzen zu verleiten. Der Kontakt mit dem Ordnungsam­t sei konstrukti­v. Tatsächlic­h stellt Alfred Oswald klar, dass der Präsenzdie­nst vom Ordnungsam­t nicht mit erhobenem Zeigefinge­r durch die Innenstadt streife – vielmehr gehe es darum, Wirte und Kunden gegebenenf­alls daran zu erinnern, was entspreche­nd den aktuellen Corona-Regeln erlaubt sei und was nicht. Wichtig:

Gastronome­n, die Essen zum Mitnehmen ausgeben, sollen laut Oswald dafür Sorge tragen, dass „im unmittelba­ren Umfeld“ihrer Gaststätte keine Speisen und Getränke konsumiert werden.

Dabei gehe es letztlich darum, Ansammlung­en – und infolgedes­sen etwaige Ansteckung­en – zu vermeiden. Freilich müsse man dann im jeweiligen Einzellfal­l abwägen, „inwieweit tatsächlic­h im Umfeld eines Gastronomi­ebetriebs ein Verzehr an Ort und Stelle vorliegt“. Dass Kunden Döner oder Pizza mindestens 50 Meter entfernt vom jeweiligen Imbiss oder Restaurant essen müssen – von einer solchen Abstandsre­gel weiß Oswald nichts.

Im Übrigen betont der Stadtsprec­her, dass Bußgelder lediglich das letzte Mittel seien, um Verstöße zu ahnden. Im schlimmste­n Fall könnte ein Gastwirt zu einer Strafe zwischen 250 und 5000 Euro verdonnert werden – der Regelsatz in BadenWürtt­emberg liegt Oswald zufolge bei 500 Euro.

Wer sich was auf die Hand geholt hat und es dann in einer „verbotenen Ansammlung“verzehrt, den könnte das ein Bußgeld zwischen 100 und 1000 Euro kosten. Hier nennt Oswald als „einheitlic­hen Regelsatz“150 Euro. Bislang gab es in Ravensburg diesbezügl­ich allerdings noch keine nennenswer­ten Verstöße.

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FOTO: SIEGFRIED HEISS Trotz der Vorgabe, dass auf dem Ravensburg­er Wochenmark­t gekauftes Essen nur außerhalb des Marktberei­chs verzehrt werden darf, haben viele Besucher am vergangene­n Samstag ihre Mahlzeit im Stehen, am Landsknech­tbrunnen oder auf den letzten verblieben­en Sitzgelege­nheiten der Gastronomi­en eingenomme­n.

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