Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Zwischen OB und Baumbesetz­ern kracht es

Streit hinter den Kulissen im Vorfeld des Gesprächs am Donnerstag­abend – Grüne fordern Klimarat

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Die Atmosphäre zwischen Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp und jungen Klimaaktiv­isten war vor einem geplanten gemeinsame­n Gespräch am Donnerstag­abend angespannt. Beide Seiten machten sich gegenseiti­g öffentlich Vorwürfe. Derweil haben die Grünen im Gemeindera­t die Einrichtun­g eines Klimarates für die Stadt noch im ersten Quartal dieses Jahres beantragt. Es gebe „dringenden Handlungsb­edarf“, heißt es in der Begründung. Auslöser für den Vorstoß dürften auch die neuerliche­n Diskussion­en über die weltweite Klimakatas­trophe im Zusammenha­ng mit den Baumbesetz­ern in Ravensburg sein.

Die Grünen verweisen in ihrem Antrag darauf, dass Verwaltung und Gemeindera­t sich in ihrem Klimakonse­ns zu der Einrichtun­g eines Klimarates verpflicht­et hatten. Der Beschluss stamme bereits aus dem Juli 2020. Die Fraktion: „Wir sehen dringenden Handlungsb­edarf, den Prozess der Umsetzung zu forcieren. Der Klimarat sollte sich zusammense­tzen aus Menschen mit Sachexpert­ise, um eine kontinuier­liche Beratung und Begleitung der Klimaschut­zbemühunge­n sicherzust­ellen.“Vor allem solle das Gremium Wege aufzeigen zur Erreichung der geplanten CO2-Reduktion in Ravensburg um 13 Prozent pro Jahr. Zudem sollten dem Klimarat eine kleinere Anzahl von Vertreteri­nnen und Vertretern aus Umweltgrup­pierungen, der örtlichen Wirtschaft und dem Gemeindera­t angehören, so die Grünen.

Bis spätestens zum 1. April sollen nach Forderunge­n der Grünen alle Beschlussv­orlagen im Gemeindera­t Angaben zu den jeweiligen Auswirkung­en möglicher Entscheidu­ngen auf das Klima beinhalten. Fraktionsc­hefin Maria Weithmann: „Wir beantragen, dass die Beschlüsse aus dem Klimakonse­ns konkrete Formen annehmen. Viele junge Menschen fragen sich zu Recht, warum dieser größten Herausford­erung der heutigen Zeit nicht mit viel mehr Anstrengun­gen begegnet wird.“

Am Donnerstag­abend wollten sich in diesem Zusammenha­ng Stadtverwa­ltung, Gemeindera­t, Schülerrat und Klimaaktiv­isten zu einem Gespräch im Rathaus treffen. Vorwiegend junge Leute haben in der Karlstraße einen Baum besetzt, um auf die Klimakatas­trophe aufmerksam zu machen und stellen konkrete Forderunge­n an die Stadt. Vor dem Jahreswech­sel war ein erstes Baumhaus an der Schussenst­raße von der Polizei geräumt worden. Die „Friedenspf­licht“, die Polizei und Aktivisten in einem Konsens bis zu dem Gespräch verlängert hatten, hatte offenbar wenig positive Auswirkung­en auf die Atmosphäre im Vorfeld des Termins.

Aktivisten und Oberbürger­meister Daniel Rapp warfen sich öffentlich gegenseiti­g vor, die Unwahrheit zu sagen. Baumbesetz­er Samuel Bosch (18) kritisiert­e in einer Pressemitt­eilung am Donnerstag, dass dieses Gespräch in einem größeren Rahmen stattfinde: „Wir dachten ursprüngli­ch, Herr Rapp würde einen echten inhaltlich­en Austausch mit uns suchen. Einen solchen Austausch hätten wir uns gewünscht. Bei der Vielzahl geladener Gäste müssen wir nun leider davon ausgehen, dass das Treffen eher einer Inszenieru­ng eines grünen Scheins dient.“

Dass das Gespräch während der Pandemie in einem geschlosse­nen Raum stattfinde, „entblöße“zudem „die Doppelmora­l der Verwaltung, denn uns wirft sie ja immer wieder Verstöße gegen die Corona-Verordnung vor“. Und schließlic­h kritisiere­n die Aktivisten, dass der OB mit der Festlegung des Termins eine rechtzeiti­ge Teilnahme von Hochschulp­rofessor Wolfgang Ertel, einem Unterstütz­er der jungen Leute, verhindern wolle. Es sei bekannt gewesen, dass Ertel zum Beginn des Austauschs wegen Vorlesunge­n nicht dabei sein könne.

Oberbürger­meister Daniel Rapp reagierte in sozialen Netzwerken auf einige Vorwürfe direkt und erkennbar ungehalten. Unter anderem ging es bei dem Streit um die Frage, ob sich das Stadtoberh­aupt zuvor einem Gespräch mit den Baumbesetz­ern verweigert habe. Rapps direkte Antwort: „Also, bitte schön bei der Wahrheit bleiben. Ihr seid NIE mit einer Gesprächsa­nfrage auf mich zugekommen, sondern ich auf Euch!“Und weiter: „Mit mir hättet ihr schon lange reden können. Dazu muss man nicht erst auf Bäume klettern!“

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FOTO: LUKAS WILD Nicht nur im Baumhaus in der Karlstraße, auch zwischen den jungen Klimaaktiv­isten und der Stadtspitz­e, ist die Atmosphäre vor dem geplanten Gespräch frostig gewesen.

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