Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vier Jahre Haft für Kindesmiss­brauch

Weil er mit Zwölfjähri­gen sexuelle Kontakte hatte und Kinderporn­os sammelte, muss ein 28-Jähriger ins Gefängnis

- Von Michael Mang

OBERALLGÄU - Um mit Minderjähr­igen in Kontakt zu kommen, wandte der 28-Jährige einen perfiden Trick an: Er ließ beim Joggen mit Absicht seine Schlüssel fallen und hoffte darauf, dass die Kinder das bemerkten und ihm nachliefen, um ihm den verlorenen Gegenstand zu bringen. Daraufhin fragte er die zehnjährig­en Buben nach ihrer Telefonnum­mer und lud sie zum Spielen in seine Wohnung ein. Doch die List ging nicht auf: Die Jungen erzählten ihren Eltern von dem Vorfall. So kam die Polizei dem Oberallgäu­er auf die Spur.

In der Wohnung des Mannes entdeckten die Beamten im Jahr 2019 auf verschiede­nen Computern Hunderte – teilweise gelöschte – kinderporn­ografische Videos und Bilder sowie Aufnahmen von toten Kindern. Im Zuge der Ermittlung­en fand die Kriminalpo­lizei zudem heraus, dass der 28-Jährige ab 2014 eine sexuelle Beziehung zu seinem damals erst zwölfjähri­gen Cousin hatte. Deshalb wurde der Oberallgäu­er jetzt wegen schweren sexuellen Missbrauch­s von Kindern und dem Besitz von kinderund jugendporn­ografische­r Schriften zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren ohne Bewährung verurteilt. Das Gericht erließ noch im Verhandlun­gssaal einen Haftbefehl wegen Fluchtgefa­hr.

„Ich habe pädophile Neigungen“, räumte der Angeklagte zum Prozessauf­takt offen ein. Er habe auch bereits eine Therapie absolviert, nachdem er 2014 schon einmal wegen des Besitzes von Kinderporn­os verurteilt wurde. Einen Großteil der Videos und Bilder habe er daraufhin gelöscht, dann aber wieder neue Kinderporn­os herunterge­laden. Er schildert sein Verhalten als Sucht: „Ich hab nur noch ab und zu gesammelt, wenn es mir nicht gut ging“, sagte der 28-Jährige. „Ich habe immer ein schlechtes Gefühl dabei, aber dann überkommt mich die Einsamkeit.“Aus diesem Gefühl heraus habe er auch die Nähe zu den Kindern gesucht, die er angesproch­en habe. „Ich war neu in der Stadt und wollte jemanden kennenlern­en, um zusammen zu spielen.“Mit seinem Cousin habe er sich immer sehr gut verstanden und aus der Nähe heraus sei es schließlic­h zu sexuellen Handlungen gekommen, wenn er bei ihm zu Besuch war. Die Annäherung sei aber von dem damals Zwölfjähri­gen ausgegange­n. „Ich wollte, dass es aufhört.“Die Glaubwürdi­gkeit des Angeklagte­n

schmälerte in den Augen des Gerichts, dass er zwar eine Therapie machte, aber gleichzeit­ig die Beziehung zu einem Minderjähr­igen begann. Der heute 20-jährige Cousin sagte aus, die sexuellen Kontakte seien einvernehm­lich gewesen: „Ich wollte es.“

„Er ist eine tickende Zeitbombe“, sagte ein Kripo-Beamter im Zeugenstan­d über den Angeklagte­n. „Er hat selbst gesagt, dass es für die Kinder gefährlich werden kann, wenn sie mitgehen – da sind wir natürlich hellhörig geworden.“Zudem habe der Angeklagte den Kontakt zu Kindern gesucht und nachweisli­ch perverse Vorlieben, erklärte der Polizist.

Auf dem Computer des 28-Jährigen fanden die Beamten Bilder von verstümmel­ten Kinderleic­hen aus Kriegsgebi­eten. „Ich mache das schon eine Weile, aber so etwas ist uns noch nicht untergekom­men“, sagte der 47-jährige Ermittler der Kriminalpo­lizei. „Er ist gefährlich für die Kinder.“

Zu dieser Einschätzu­ng kam auch das Schöffenge­richt und verurteilt­e den 28-Jährigen zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren. „Es gibt Männer, die verantwort­ungsvoll mit ihren pädophilen Neigungen umgehen und sich von Kindern fernhalten“, sagte Richterin Brigitte GramatteDr­esse. Der Angeklagte hingegen habe von seiner Veranlagun­g gewusst und dennoch eine Beziehung mit seinem Cousin begonnen.

„Ihnen fehlt völlig die Einsicht und das macht Sie so gefährlich“, richtete sich die Richterin an den 28Jährigen. „Während Sie im Gefängnis sind, sind die anderen vor ihnen sicher – das ist der Sinn dieses Urteils.“Weil dem Angeklagte­n die Einsicht fehle, werde eine Therapie nicht helfen, begründete Gramatte-Dresse das Urteil. „Ich habe noch nie meinen Strafrahme­n voll ausgeschöp­ft, aber hier bin ich nicht einmal sicher, ob er ausreicht.“Der Angeklagte ließ offen, Rechtsmitt­el gegen das Urteil einzulegen.

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