Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Vier Jahre Haft für Kindesmissbrauch
Weil er mit Zwölfjährigen sexuelle Kontakte hatte und Kinderpornos sammelte, muss ein 28-Jähriger ins Gefängnis
OBERALLGÄU - Um mit Minderjährigen in Kontakt zu kommen, wandte der 28-Jährige einen perfiden Trick an: Er ließ beim Joggen mit Absicht seine Schlüssel fallen und hoffte darauf, dass die Kinder das bemerkten und ihm nachliefen, um ihm den verlorenen Gegenstand zu bringen. Daraufhin fragte er die zehnjährigen Buben nach ihrer Telefonnummer und lud sie zum Spielen in seine Wohnung ein. Doch die List ging nicht auf: Die Jungen erzählten ihren Eltern von dem Vorfall. So kam die Polizei dem Oberallgäuer auf die Spur.
In der Wohnung des Mannes entdeckten die Beamten im Jahr 2019 auf verschiedenen Computern Hunderte – teilweise gelöschte – kinderpornografische Videos und Bilder sowie Aufnahmen von toten Kindern. Im Zuge der Ermittlungen fand die Kriminalpolizei zudem heraus, dass der 28-Jährige ab 2014 eine sexuelle Beziehung zu seinem damals erst zwölfjährigen Cousin hatte. Deshalb wurde der Oberallgäuer jetzt wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und dem Besitz von kinderund jugendpornografischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren ohne Bewährung verurteilt. Das Gericht erließ noch im Verhandlungssaal einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr.
„Ich habe pädophile Neigungen“, räumte der Angeklagte zum Prozessauftakt offen ein. Er habe auch bereits eine Therapie absolviert, nachdem er 2014 schon einmal wegen des Besitzes von Kinderpornos verurteilt wurde. Einen Großteil der Videos und Bilder habe er daraufhin gelöscht, dann aber wieder neue Kinderpornos heruntergeladen. Er schildert sein Verhalten als Sucht: „Ich hab nur noch ab und zu gesammelt, wenn es mir nicht gut ging“, sagte der 28-Jährige. „Ich habe immer ein schlechtes Gefühl dabei, aber dann überkommt mich die Einsamkeit.“Aus diesem Gefühl heraus habe er auch die Nähe zu den Kindern gesucht, die er angesprochen habe. „Ich war neu in der Stadt und wollte jemanden kennenlernen, um zusammen zu spielen.“Mit seinem Cousin habe er sich immer sehr gut verstanden und aus der Nähe heraus sei es schließlich zu sexuellen Handlungen gekommen, wenn er bei ihm zu Besuch war. Die Annäherung sei aber von dem damals Zwölfjährigen ausgegangen. „Ich wollte, dass es aufhört.“Die Glaubwürdigkeit des Angeklagten
schmälerte in den Augen des Gerichts, dass er zwar eine Therapie machte, aber gleichzeitig die Beziehung zu einem Minderjährigen begann. Der heute 20-jährige Cousin sagte aus, die sexuellen Kontakte seien einvernehmlich gewesen: „Ich wollte es.“
„Er ist eine tickende Zeitbombe“, sagte ein Kripo-Beamter im Zeugenstand über den Angeklagten. „Er hat selbst gesagt, dass es für die Kinder gefährlich werden kann, wenn sie mitgehen – da sind wir natürlich hellhörig geworden.“Zudem habe der Angeklagte den Kontakt zu Kindern gesucht und nachweislich perverse Vorlieben, erklärte der Polizist.
Auf dem Computer des 28-Jährigen fanden die Beamten Bilder von verstümmelten Kinderleichen aus Kriegsgebieten. „Ich mache das schon eine Weile, aber so etwas ist uns noch nicht untergekommen“, sagte der 47-jährige Ermittler der Kriminalpolizei. „Er ist gefährlich für die Kinder.“
Zu dieser Einschätzung kam auch das Schöffengericht und verurteilte den 28-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. „Es gibt Männer, die verantwortungsvoll mit ihren pädophilen Neigungen umgehen und sich von Kindern fernhalten“, sagte Richterin Brigitte GramatteDresse. Der Angeklagte hingegen habe von seiner Veranlagung gewusst und dennoch eine Beziehung mit seinem Cousin begonnen.
„Ihnen fehlt völlig die Einsicht und das macht Sie so gefährlich“, richtete sich die Richterin an den 28Jährigen. „Während Sie im Gefängnis sind, sind die anderen vor ihnen sicher – das ist der Sinn dieses Urteils.“Weil dem Angeklagten die Einsicht fehle, werde eine Therapie nicht helfen, begründete Gramatte-Dresse das Urteil. „Ich habe noch nie meinen Strafrahmen voll ausgeschöpft, aber hier bin ich nicht einmal sicher, ob er ausreicht.“Der Angeklagte ließ offen, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.