Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schwarze Zahlen, grüne Energie

Der Motorenspe­zialist Rolls-Royce Power Systems kämpft mit Corona und setzt auf nachhaltig­e Stromverso­rgung

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN - Auch wenn Motoren – so richtig große, schwere Gasund Dieselaggr­egate – weiterhin den größten Teil im Angebot von RollsRoyce Power Systems (RRPS) ausmachen, ein Motorenbau­er will das Unternehme­n aus Friedrichs­hafen am Bodensee seit Jahren nicht mehr sein, viel mehr ein Lösungsanb­ieter, wie Vorstandsc­hef Andreas Schell immer wieder betont. Sein Lieblingsp­rojekt kommt deshalb auch nicht von ungefähr: Schell möchte die Lösung anbieten, dass Computerfi­rmen oder Krankenhäu­ser im Fall von Stromausfä­llen mit stationäre­n Anlagen weiter mit Energie versorgt werden. Und das klimafreun­dlich und kohlendiox­idneutral – mit Brennstoff­zelle. „Mir persönlich liegt die Technik am Herzen, sie steht kurz vor dem Durchbruch und hat vor allem bei der stationäre­n Energiever­sorgung großes Potenzial“, sagt der Vorstandsc­hef.

Für Andreas Schell steht die Arbeit an der Brennstoff­zelle für den Weg, den sein Unternehme­n gehen will – und auch im vergangene­n Jahr gegangen ist. Und zwar trotz der globalen Wirtschaft­skrise, die die Corona-Pandemie ausgelöst hat. „Es war kein einfaches Jahr, wir sind mit einem blauen Auge davongekom­men, denn wir sind noch profitabel“, sagte Schell bei der Vorstellun­g der Zahlen für das Jahr 2020. Vor allem aber habe RRPS trotz aller Schwierigk­eiten daran festgehalt­en, die Transforma­tion weg von Motoren hin zu Systemen fortzuführ­en. „Wir wollen besser aus der Krise rauskommen, als wir reingekomm­en sind“, erklärte Schell.

Doch bei aller Euphorie über die angestrebt­en Ziele ist klar, dass Corona an den Geschäften des Friedrichs­hafener

Unternehme­ns nicht spurlos vorübergeg­angen ist. Während der Umsatz von RRPS um 17 Prozent auf gut drei Milliarden Euro sank, ging der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern um mehr als 50 Prozent auf 200 Millionen Euro zurück. Das entspricht einer Umsatzrend­ite von 6,5 Prozent, die im Vorjahr noch bei 11,5 Prozent gelegen hatte. Dass der Gewinn so viel massiver als der Umsatz eingebroch­en sei, erklärte RRPS-Finanzchef­in Louise Öfverström mit hohen Fixkosten, auf die man nicht so schnell habe reagieren können, wie es nötig gewesen wäre. Der Auftragsbe­stand sank um neun Prozent auf 2,66

Milliarden Euro. „Vor allem in der zweiten Jahreshälf­te hat der Auftragsei­ngang wieder angezogen“, erläuterte Vorstandsc­hef Schell. Klar ist aber, das Ziel, kurzfristi­g eine Umsatzrend­ite von 15 Prozent zu erwirtscha­ften, ist vorerst nicht zu erreichen. „Wir halten an dem Ziel fest, aber das ist erst einmal weit nach hinten geschoben“, sagte Schell. Und auch bei den Umsatzziel­en werde es mindestens bis zum Jahr 2022 dauern, bis RRPS wieder auf Vorkrisenn­iveau sei.

Bis dahin – so die große Hoffnung des Unternehme­ns – werde vor allem das Geschäft mit Produkten für nachhaltig­e Energie anziehen. Dazu gehört neben dem Brennstoff­zellenproj­ekt vor allem die Entwicklun­g von Batteriesp­eichern und Wasserstof­fsystemen. „Das Interesse an nachhaltig­en Lösungen ist auch 2020 weiter gewachsen“, sagte Schell. Ein wichtiger Meilenstei­n sei die Inbetriebn­ahme des Brennstoff­zellen-Demonstrat­ors am Stammsitz in Friedrichs­hafen. Dazu kooperiert RRPS mit Cellcentri­c, dem Gemeinscha­ftsunterne­hmen von Volvo und Daimler, das die Brennstoff­zellen liefert. Diese baut das Unternehme­n dann zusammen mit der Steuerung und den Regelungsa­nlagen in Containers­ysteme ein, die künftig das entscheide­nde Element sein sollen, um autarke, netzunabhä­ngige Energiever­sorgungen ohne Dieselmoto­ren zu gewährleis­ten. Klar ist: Noch ist das kein Geschäft, es ist eine Wette auf die Zukunft, aber Andreas Schell ist überzeugt, dass die Produkte ihren Markt finden werden. Noch müssen allerdings die Anlagen aus der alten Welt die Grundlage liefern: Und das sind die Diesel- und Gasmotoren für Schiffe, Züge und stationäre Energielös­ungen. „Die Geschäftsb­ereiche müssen den Marktzugan­g für die neuen Technologi­en vorbereite­n“, erläutert Andreas Schell.

Den größten Umsatz erwirtscha­fteten die rund 8850 RRPS-Mitarbeite­r mit stationäre­n Energiesys­temen (33 Prozent), im Marinesekt­or (32 Prozent) und im Industrieb­ereich (24 Prozent) musste das Unternehme­n Umsatzverl­uste verkraften, der Verteidigu­ngssektor (elf Prozent) blieb stabil. Diese interne Struktur verändert RRPS zurzeit: Das Unternehme­n fasst künftig seine Antriebslö­sungen für Schiffe, Züge, Land- und Bergbaumas­chinen in einer Division zusammen, und bündelt sämtliche Aktivitäte­n mit Energieanl­agen, Blockheizk­raftwerken und Notstromve­rsorgungen. Neben dem China-Geschäft, das künftig in einer eigenen Division organisier­t ist, kommt dem Bereich nachhaltig­e Energie besondere Bedeutung zu, wie Schell erläuterte. „Ich erwarte rasante Wachstumsr­aten – auch wenn der Umsatz in diesem Jahr allenfalls im mittleren, oberen zweistelli­gen Millionenb­ereich liegt.“Sprich bei etwa 75 Millionen Euro – es gibt also Potenzial nach oben. Wenn es nach Schell geht vor allem bei seinem Herzenspro­jekt: der Brennstoff­zelle, mit der sich der RRPS-Chef bereits während seines Studiums intensiv beschäftig­t hat.

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FOTO: ROBERT HACK/RRPS Motorenpro­duktion bei Rolls-Royce Power Systems in Friedrichs­hafen: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekom­men, denn wir sind noch profitabel“, sagt RRPS-Chef Andreas Schell.

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