Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Jetzt wird auch in den Gemeinden geimpft
Angebot richtet sich an „Härtefälle“– Kommune kann entscheiden, wer drankommt
KREIS RAVENSBURG - Viele kleine temporäre Impfzentren wird es jetzt im ganzen Landkreis Ravensburg geben. Im flächenmäßig zweitgrößten Landkreis Baden-Württembergs kommen die mobilen Impfteams in die Gemeinden und impfen sogenannte Härtefälle, die nicht den Weg ins Kreisimpfzentrum in die Oberschwabenhalle in Ravensburg auf sich nehmen können und in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Wer geimpft werden kann, entscheiden die jeweiligen Gemeinden.
Ins Rollen gebracht hatte die Aktion die Unzufriedenheit im Allgäu über die Impfstrategie. Die Städte im östlichen Landkreis hatten sich, wie berichtet, ein zweites Impfzentrum neben der Oberschwabenhalle gewünscht. Dieser Wunsch blieb unerfüllt. Denn von Isny, Leutkirch und den umliegenden Gemeinden ist der Weg nach Ravensburg mitunter sehr lang. Die einfache Fahrt kann bis zu 45 Minuten dauern.
Nach dem Start des Pilotprojektes und zwei erfolgreichen Testläufen in Leutkirch und in Altshausen haben sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mit dem Landkreis geeinigt, dass die mobilen Impfteams in allen Städten und Gemeinden Station machen und dort sogenannte „auswärtige Impftage“anbieten. Einzige Ausnahmen sind die Städte Ravensburg mit ihren Ortschaften und Weingarten. Von dort ist der Weg in die Oberschwabenhalle am kürzesten.
Bei den Impftagen in den Kommunen können momentan pro Impftermin 12 oder 30 Erstimpfungen angeboten werden. Dann kommen die Impfteams im dreiwöchigen Abstand wieder in die Gemeinde und verabreichen den 12 oder 30 Erstgeimpften die benötigte zweite Dosis und 12 oder 30 weiteren können ihre Erstimpfung erhalten. Die Aktion soll Stand heute vorläufig bis Ende Juni andauern.
Welche Kommune 12 und welche 30 Erstimpfungen an den jeweiligen Impftagen bekommt, hängt von zwei Faktoren ab, wie Landratsamtssprecherin Selina Nußbaumer erklärt: „Einerseits geht es um die Entfernung nach Ravensburg und zum anderen um die Anzahl der über 80Jährigen, von denen man ausgeht, dass sie nicht mehr so mobil sind.“
Jede Gemeinde konnte sich für diese „auswärtigen Impftage“anmelden. Die Nachfrage sei sehr hoch, sagt Nußbaumer. Von 39 Kommunen im Landkreis nehmen 26 teil, wobei die Gemeinden des Gemeindeverwaltungsverbandes Altshausen einen gemeinsamen Standort in Altshausen haben.
Unter den teilnehmenden Gemeinden ist auch Baienfurt. Dort gibt es den ersten Impftermin am Dienstag, 30. März. „Bei uns gehen wir streng nach dem Alter vor und gehen die Liste von oben nach unten durch. Wir haben jede Person mit einem Brief angeschrieben und über die Möglichkeit informiert. Zusätzlich meldet sich die Gemeinde bei diesen Personen per Telefon“, sagt Bürgermeister Günter Binder, der sich über die neue Möglichkeit freut.
Wer geimpft wird und wie vorgegangen wird, kann die jeweilige Gemeinde selbst entscheiden – allerdings gilt auch hier die Bundesimpfordnung. Das heißt, so ganz frei ist die Gemeinde bei der Auswahl der Impflinge nicht, auch dort wird zuerst die Personengruppe der über 80-Jährigen, die in Stufe 1 sind, geimpft. Deswegen kommt bei den
Impfterminen in den Gemeinden auch der Impfstoff von Biontech/Pfizer zum Einsatz.
„Zwar haben wir es von Baienfurt nicht so weit bis in die Oberschwabenhalle wie vielleicht Personen von Aitrach, aber es ist ein Bürgerservice, den ich für wichtig halte. Für den ein oder anderen ist die Hemmschwelle, sich impfen zu lassen, niedriger, wenn er es im gewohnten Umfeld machen lassen kann“, sagt Binder.
Auch Grünkraut ist mit dabei. Dort findet der erste Impftermin am Sonntag, 28. März, in der Festhalle statt. „Auch wir haben alle angeschrieben, die sich impfen lassen können. Wer das Angebot annehmen will, kann sich bei der Gemeinde melden. Weil wir schon länger einen Impfservice über unsere Seniorenbeauftragte anbieten, wissen wir zudem, wer sich impfen lassen möchte und Unterstützung braucht“, sagt Bürgermeister Holger Lehr.
Wie Binder freut sich auch Lehr, dass Grünkraut einen solchen Impftermin anbieten kann. „Der Aufwand für 12 Personen im ersten Schritt ist aber recht hoch. Wir müssen die Halle herrichten und das Personal bereitstellen“, so Lehr. „Das machen wir natürlich gerne, weil wir uns über jeden freuen, der geimpft ist. Aber schön wäre es, wenn das Thema Impfen insgesamt auf breiteren Beinen stünde.“
Damit meint der Bürgermeister, dass alle Hausärzte impfen dürfen sollten oder dass es prinzipiell mehr Impfstoff gibt. Doch den gibt es momentan noch nicht, deswegen bleibt es auch erst einmal bei den 12 beziehungsweise 30 Erstimpfungen pro Kommune und Impftag.
Wenn es mal mehr Impfstoff geben sollte, könnten dann unter Umständen auch entsprechend mehr Impfungen in der Fläche angeboten werden. „Klar ist aber auch, und darauf haben sich die Gemeinden verständigt, dass die Hauptlast beim Kreisimpfzentrum in Ravensburg bleibt. Die Impftage sind lediglich ein zusätzliches Angebot“, sagt Selina Nußbaumer.
Dass es überhaupt zu diesem Angebot kommen konnte, liegt an dem Fortschritt der Impfungen in den Altenund Pflegeheimen im Landkreis. Nußbaumer: „Wir gehen heute davon aus, dass wir die Impfungen in den Heimen bis Ende April abgeschlossen haben.“