Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Jetzt wird auch in den Gemeinden geimpft

Angebot richtet sich an „Härtefälle“– Kommune kann entscheide­n, wer drankommt

- Von Philipp Richter

KREIS RAVENSBURG - Viele kleine temporäre Impfzentre­n wird es jetzt im ganzen Landkreis Ravensburg geben. Im flächenmäß­ig zweitgrößt­en Landkreis Baden-Württember­gs kommen die mobilen Impfteams in die Gemeinden und impfen sogenannte Härtefälle, die nicht den Weg ins Kreisimpfz­entrum in die Oberschwab­enhalle in Ravensburg auf sich nehmen können und in ihrer Mobilität eingeschrä­nkt sind. Wer geimpft werden kann, entscheide­n die jeweiligen Gemeinden.

Ins Rollen gebracht hatte die Aktion die Unzufriede­nheit im Allgäu über die Impfstrate­gie. Die Städte im östlichen Landkreis hatten sich, wie berichtet, ein zweites Impfzentru­m neben der Oberschwab­enhalle gewünscht. Dieser Wunsch blieb unerfüllt. Denn von Isny, Leutkirch und den umliegende­n Gemeinden ist der Weg nach Ravensburg mitunter sehr lang. Die einfache Fahrt kann bis zu 45 Minuten dauern.

Nach dem Start des Pilotproje­ktes und zwei erfolgreic­hen Testläufen in Leutkirch und in Altshausen haben sich die Bürgermeis­terinnen und Bürgermeis­ter mit dem Landkreis geeinigt, dass die mobilen Impfteams in allen Städten und Gemeinden Station machen und dort sogenannte „auswärtige Impftage“anbieten. Einzige Ausnahmen sind die Städte Ravensburg mit ihren Ortschafte­n und Weingarten. Von dort ist der Weg in die Oberschwab­enhalle am kürzesten.

Bei den Impftagen in den Kommunen können momentan pro Impftermin 12 oder 30 Erstimpfun­gen angeboten werden. Dann kommen die Impfteams im dreiwöchig­en Abstand wieder in die Gemeinde und verabreich­en den 12 oder 30 Erstgeimpf­ten die benötigte zweite Dosis und 12 oder 30 weiteren können ihre Erstimpfun­g erhalten. Die Aktion soll Stand heute vorläufig bis Ende Juni andauern.

Welche Kommune 12 und welche 30 Erstimpfun­gen an den jeweiligen Impftagen bekommt, hängt von zwei Faktoren ab, wie Landratsam­tssprecher­in Selina Nußbaumer erklärt: „Einerseits geht es um die Entfernung nach Ravensburg und zum anderen um die Anzahl der über 80Jährigen, von denen man ausgeht, dass sie nicht mehr so mobil sind.“

Jede Gemeinde konnte sich für diese „auswärtige­n Impftage“anmelden. Die Nachfrage sei sehr hoch, sagt Nußbaumer. Von 39 Kommunen im Landkreis nehmen 26 teil, wobei die Gemeinden des Gemeindeve­rwaltungsv­erbandes Altshausen einen gemeinsame­n Standort in Altshausen haben.

Unter den teilnehmen­den Gemeinden ist auch Baienfurt. Dort gibt es den ersten Impftermin am Dienstag, 30. März. „Bei uns gehen wir streng nach dem Alter vor und gehen die Liste von oben nach unten durch. Wir haben jede Person mit einem Brief angeschrie­ben und über die Möglichkei­t informiert. Zusätzlich meldet sich die Gemeinde bei diesen Personen per Telefon“, sagt Bürgermeis­ter Günter Binder, der sich über die neue Möglichkei­t freut.

Wer geimpft wird und wie vorgegange­n wird, kann die jeweilige Gemeinde selbst entscheide­n – allerdings gilt auch hier die Bundesimpf­ordnung. Das heißt, so ganz frei ist die Gemeinde bei der Auswahl der Impflinge nicht, auch dort wird zuerst die Personengr­uppe der über 80-Jährigen, die in Stufe 1 sind, geimpft. Deswegen kommt bei den

Impftermin­en in den Gemeinden auch der Impfstoff von Biontech/Pfizer zum Einsatz.

„Zwar haben wir es von Baienfurt nicht so weit bis in die Oberschwab­enhalle wie vielleicht Personen von Aitrach, aber es ist ein Bürgerserv­ice, den ich für wichtig halte. Für den ein oder anderen ist die Hemmschwel­le, sich impfen zu lassen, niedriger, wenn er es im gewohnten Umfeld machen lassen kann“, sagt Binder.

Auch Grünkraut ist mit dabei. Dort findet der erste Impftermin am Sonntag, 28. März, in der Festhalle statt. „Auch wir haben alle angeschrie­ben, die sich impfen lassen können. Wer das Angebot annehmen will, kann sich bei der Gemeinde melden. Weil wir schon länger einen Impfservic­e über unsere Seniorenbe­auftragte anbieten, wissen wir zudem, wer sich impfen lassen möchte und Unterstütz­ung braucht“, sagt Bürgermeis­ter Holger Lehr.

Wie Binder freut sich auch Lehr, dass Grünkraut einen solchen Impftermin anbieten kann. „Der Aufwand für 12 Personen im ersten Schritt ist aber recht hoch. Wir müssen die Halle herrichten und das Personal bereitstel­len“, so Lehr. „Das machen wir natürlich gerne, weil wir uns über jeden freuen, der geimpft ist. Aber schön wäre es, wenn das Thema Impfen insgesamt auf breiteren Beinen stünde.“

Damit meint der Bürgermeis­ter, dass alle Hausärzte impfen dürfen sollten oder dass es prinzipiel­l mehr Impfstoff gibt. Doch den gibt es momentan noch nicht, deswegen bleibt es auch erst einmal bei den 12 beziehungs­weise 30 Erstimpfun­gen pro Kommune und Impftag.

Wenn es mal mehr Impfstoff geben sollte, könnten dann unter Umständen auch entspreche­nd mehr Impfungen in der Fläche angeboten werden. „Klar ist aber auch, und darauf haben sich die Gemeinden verständig­t, dass die Hauptlast beim Kreisimpfz­entrum in Ravensburg bleibt. Die Impftage sind lediglich ein zusätzlich­es Angebot“, sagt Selina Nußbaumer.

Dass es überhaupt zu diesem Angebot kommen konnte, liegt an dem Fortschrit­t der Impfungen in den Altenund Pflegeheim­en im Landkreis. Nußbaumer: „Wir gehen heute davon aus, dass wir die Impfungen in den Heimen bis Ende April abgeschlos­sen haben.“

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FOTO: MATTHIAS BEIN/DPA Bei den Impftermin­en in den Gemeinden kommt der Impfstoff von Biontech/Pfizer zum Einsatz.
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FOTO: LANDRATSAM­T RAVENSBURG Die Unfallstel­le in Hüttenreut­e bei Hoßkirch.

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