Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Gefahr für Kletterer durch Steinschlä­ge

Laut Experten ist das Risiko im Frühjahr besonders groß – Griffe und Tritte sollten genau geprüft werden

- Von Tobias Schuhwerk

ALLGÄU - Ungewöhnli­ch viele Kletterer für diese Jahreszeit sind derzeit in den Allgäuer Klettergär­ten aktiv. Das sonnige Wetter vor allem in der zweiten Februarhäl­fte sowie die wegen Corona geschlosse­nen Kletterhal­len sind Gründe für die Zunahme. Experten warnen jedoch vor Steinschlä­gen. Durch stark schwankend­e Temperatur­en kann sich „die Steinschla­ggefahr teils um das Zehnfache erhöhen“, sagt Geologie-Professor Michael Krautblatt­er von der Technische­n Universitä­t München. Bewohntes Gebiet sei nicht bedroht, Kletterer, Alpinisten und andere Sportler sollten jedoch auf der Hut sein.

„Wenn es untertags warm wird, schmilzt der Schnee. Das Wasser dringt in die kleinsten Spalten und Fugen im Gestein ein“, erklärte Tirols Landesgeol­oge Thomas Figl kürzlich in einem Interview. „Gefriert das Wasser über Nacht wieder, dehnt es sich aus. Und drückt kontinuier­lich gegen den Fels.“Dazu trägt laut Krautblatt­er auch die sogenannte Saugspannu­ng von Eis bei. Sie führt Feuchtigke­it aus den Porenräume­n des Gesteins zum Eiskörper – und erhöht dessen Wachstum. Der Fels wird, sofern der Prozess länger anhält, geschwächt und locker. Im schlimmste­n Fall bricht er ab und stürzt hinunter. Gerade an tagsüber stark von Sonne beschienen­en und somit tauenden Felswänden ist Vorsicht angebracht. Nachts sinken dort die Temperatur­en noch immer deutlich unter den Gefrierpun­kt und das Risiko von sogenannte­n Frostspren­gungen steigt.

„Man sollte jeden Griff genau prüfen. Auch wenn man ihn aus dem Vorjahr

zu kennen glaubt. Am Ende des Winters kann der Stein plötzlich locker werden“, warnt Matthias Keller von der Alpenverei­nssektion AllgäuKemp­ten. Er rät dazu, einen Helm zu tragen. Erfahrene Kletterer wüssten meist um die besondere Gefahr im Frühjahr. Da jedoch wegen der Corona-Krise die Kletterhal­len geschlosse­n sind, zieht es mehr Menschen als sonst in die Klettergär­ten. „Ihnen kann ich nur raten, sich genau zu informiere­n und die eigene Fitness und das eigene Können realistisc­h einzuschät­zen“, sagt Matthias Keller.

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FOTO: KLIMKE/DPA Bergsteige­r gehen an der Kanzelwand bei Oberstdorf einen gesicherte­n Kletterste­ig entlang.

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