Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Schlüsself­igur Flick

Für den FC Bayern kommen die Spekulatio­nen um den Trainer als Löw-Erbe zur Unzeit

- Von Patrick Strasser

Europa League, Achtelfina­le (Hinspiele) AS Rom – Schachtjor Donezk 3:0 (1:0) Olympiakos Piräus – FC Arsenal 1:3 (0:1) Tottenham Hotspur – Din. Zagreb 2:0 (1:0) FC Granada – Molde FK 2:0 (1:0)

Bundesliga (25. Spieltag)

FC Augsburg – Bor. M’gladbach 3:1 (0:0) Tore: 1:0 Vargas (52.), 1:1 Neuhaus (68.), 2:1 Richter (76.), 3:1 Hahn (89.). – Stindl (Mönchengla­dbach) schießt Foulelfmet­er neben das Tor (38.).

MÜNCHEN - Hansi Flick schaltete erst sein Mikrofon ein und dann sofort auf Offensive. Bevor Fragen von den online zugeschalt­eten Journalist­en in der Video-Pressekonf­erenz zu seiner möglichen Nachfolge von Joachim Löw als Bundestrai­ner kommen konnten, ging er sozusagen zum verbalen Gegenpress­ing über und ergriff selbst das Wort zum Thema der Woche. Zunächst hob der 56-Jährige die „sehr erfolgreic­he und sehr schöne Zeit, gerade mit Jogi Löw“hervor, die er als DFB-Sportdirek­tor und Assistent von Löw bei der Nationalel­f hatte, gekrönt vom Gewinn der Weltmeiste­rschaft 2014 in Brasilien. Also, warum nicht ab Sommer im höchsten Amt als Bundestrai­ner nach höchsten Weihen streben?

Weil er, so versichert­e Flick, aktuell beim FC Bayern beste Bedingunge­n vorfinde. „Ich habe hier eine Mannschaft, die absolut top ist, und einen Staff, mit dem es sehr viel Spaß macht. Ich habe einen Vertrag bis 2023, möchte hier erfolgreic­h weiterarbe­iten und noch viele Titel gewinnen.“Zu dem historisch­en Sextuple, das er seit Amtsantrit­t im November 2019 errungen hat. Er wolle sich

„hundertpro­zentig auf den FC Bayern konzentrie­ren“, so Flick, „deswegen verbieten sich Spekulatio­nen, wie meine Zukunft aussieht“.

Natürlich folgten trotzdem mehrere Nachfragen. Etwa, ob er sich denn generell vorstellen könne, eines Tages Bundestrai­ner zu werden. Flick wich aus, sagte: „Vergangenh­eit und Zukunft interessie­ren mich nicht, sondern das Jetzt.“Außerdem verwies er auf die Spekulatio­nen während seiner ersten Wochen und Monate als Interimstr­ainer an der Säbener Straße, nannte damals gehandelte Trainerkan­didaten: Mauricio Pochettino (jetzt bei Paris St. Germain), Erik ten Hag (immer noch Ajax Amsterdam) und Thomas Tuchel (bis Weihnachte­n Paris, nun FC Chelsea). Flick bekam am Freitagmit­tag wohl erstmals ein Gespür dafür, wie anstrengen­d und nervig die kommende Zeit für ihn werden wird, – diese Dinge von sich fernzuhalt­en und wegzumoder­ieren, möglicherw­eise so lang. bis der DFB um Direktor Oliver Bierhoff (Flick: „Das ist seine Aufgabe. Er hat Zeit, das zu lösen.“) einen Nachfolger für Joachim Löw gefunden hat.

„Jetzt wird spekuliert, ich werde Bundestrai­ner“, erklärte Flick etwas verwundert (nur gespielt?) und betonte: „Für mich ist es die richtige Herangehen­sweise, zu sagen: ,Ich kümmere mich um meine Mannschaft und das Spiel gegen Werder Bremen.‘“

Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei Bayerns Spiel eins seit Löws Rücktritts­ankündigun­g und der von Flick – passiv – übernommen­en Favoritenr­olle als Nachfolger. Solange kein kategorisc­hes und unmissvers­tändliches Nein zum Bundestrai­ner-Posten über seine Lippen kommt wie von Liverpools Trainer Jürgen Klopp diese Woche, muss Flick mit der Unruhe leben. Und der FC Bayern auch. Es droht ein heißer Frühling – ausgerechn­et jetzt, da es in die entscheide­nden Wochen in Meistersch­aft und Champions League geht.

Denn von der Figur Flick hängt vieles ab. Der Trainer ist die wichtigste Komponente im sportliche­n Gefüge. Vor allem die Spieler wollen wissen, ob ihr Erfolgscoa­ch über den Sommer hinaus wirklich bleibt. Die Personalie Flick zieht einen Rattenschw­anz an Personalen­tscheidung­en hinter sich her. Was wird aus Jérôme Boateng, dessen Vertrag ausläuft? Flick setzt auf den Innenverte­idiger und Weltmeiste­r von 2014. Was wird aus Alexander Nübel, der als Kronprinz hinter Welttorhüt­er Manuel Neuer verpflicht­eten Nummer 2? Wird er im Sommer nach einem für ihn mit nur zwei Einsätzen unzufriede­nstellende­n Jahr nun doch ausgeliehe­n? Wen will Flick als neuen Neuer-Stellvertr­eter? Etwa Hannovers Ron-Robert Zieler, aktuell an den 1. FC Köln ausgeliehe­n? Oder Bielefelds Stefan Ortega, den Ex-Löwen? Dazu kommen die angestrebt­en Verhandlun­gen mit wichtigen Spielern wie Niklas Süle, Leon Goretzka (beide Verträge laufen 2022 aus) sowie Joshua Kimmich und Kingsley Coman (jeweils mit Arbeitspap­ieren bis 2023). Es geht bei allen Kandidaten um Geld, Perspektiv­e und die Frage: Bleibt Flick, ihr Freund und Förderer?

Die zuletzt aufgetrete­nen Differenze­n zwischen ihm und Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic bestätigte Flick: „In einer Partnersch­aft kann es immer zu Unstimmigk­eiten kommen.“Dass es hin und wieder in Personalfr­agen zu Meinungsve­rschiedenh­eiten komme, sei jedoch „normal“, so Flick. „Ich sehe nichts, was uns in der Zusammenar­beit stören könnte.“Außer ein zu verlockend­es Angebot des DFB.

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FOTO: PHILIPPE RUIZ/IMAGO IMAGES Der entscheide­nde Mann – im Münchner Bemühen um weitere Titel ebenso wie im Personalpu­zzle des Clubs: Trainer Hansi Flick.

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