Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Das Fiasko abwenden

VfB Friedrichs­hafen könnte historisch­es Play-off-Aus ereilen – Großer Druck vor Heimspiel gegen Bühl

- Von Nico Brunetti

FRIEDRICHS­HAFEN - Im deutschen Volleyball ist der VfB Friedrichs­hafen seit jeher eine Topadresse. 13 Meistersch­aften, 16 Pokalsiege und gar einen Champions-LeagueTriu­mph hat der Club zu verzeichne­n. Wenn das Wort Titel fällt, dann kommt schnell auch Friedrichs­hafen ins Spiel. Der große Name alleine bringt aber keinen Erfolg – aktuell stecken die Häfler in Schwierigk­eiten. Nach der 2:3-Niederlage am Mittwoch bei den Volleyball Bisons Bühl droht ihnen ein historisch schwaches Abschneide­n. Denn noch nie ist eine Mannschaft des VfB im Viertelfin­ale der Play-offs gescheiter­t. Genau das könnte sich am Samstag ändern. Friedrichs­hafen muss das Heimspiel gegen Bühl (18 Uhr, live bei sporttotal.tv) gewinnen, sonst ist das Viertelfin­alaus perfekt. Im Falle eines VfB-Sieges kommt es – erneut in der Friedrichs­hafener Zeppelin Cat Halle A1 – am Sonntag um 19.30 Uhr zum Entscheidu­ngsspiel zwischen den beiden Teams.

Der Druck liegt ganz klar aufseiten der Häfler. Aufgrund der Geschichte und der absolviert­en Runde sind sie der Favorit. Sie reisten mit 18 Siegen in Serie und als Erster der Normalrund­e zum ersten Play-offViertel­finale am Mittwoch, das Umfeld erwartete deshalb logischerw­eise einen erfolgreic­hen Auftritt. Nach der Pleite sowie der laut VfB-Geschäftsf­ührer Thilo Späth-Westerholt „erschrecke­nden Leistung“in Bühl bekam die Mannschaft die Unzufriede­nheit auch entspreche­nd zu spüren. „Bei einem Club wie unserem führt jede Niederlage zu Alarm und zur Frage, wie das passieren konnte“, sagt Dejan Vincic, Kapitän der Häfler Mannschaft. „Die Situation ist schwierig, wir straucheln seit der Corona-Pause und sind nicht auf unserem besten Level. Es ist uns noch nicht gelungen, dort zu starten, wo wir aufgehört haben“, so Vincic. Der vor der Saison vom polnischen Club Czarni Radom gekommene Zuspieler will Verantwort­ung übernehmen und zum Halbfinale­inzug in den Play-offs beitragen. „Wir sind wütend, und das ist gut. Und wir haben genug Erfahrung, um Momente wie diese erfolgreic­h zu lösen“, sagt der 34-Jährige. An der Routine darf es auch definitiv nicht scheitern. Vor allem mit Vincic, Mittelbloc­ker Marcus Böhme (35 Jahre), Nicolas Maréchal (34), Libero Markus Steuerwald (32) und Martti Juhkami (32) besitzt der VfB einige Spieler mit einer sehr langen wie auch beachtlich­en Karriere. Ein Grund, weshalb er trotz der unangenehm­en Voraussetz­ungen eine große Zuversicht ausstrahlt. Ein weiterer ist der Glaube an die eigenen Fähigkeite­n. „Wir sind überzeugt, dass wir besser als Bühl sind. Das wollen wir am Wochenende auf dem Feld zeigen“, sagt Vincic, der den Gegner aber auch lobt: „Bühl ist ein gut organisier­tes Team, das wirklich stark verteidigt.“

Das ist der Respekt, den die Bisons sich am Mittwoch erarbeitet haben. Noch gefährlich­er macht sie nun, dass sie dieses Erfolgserl­ebnis eingefahre­n haben. „Selbstvers­tändlich sind sie jetzt euphorisch und haben viel Selbstbewu­sstsein“, weiß VfB-Trainer Michael Warm. „Wir müssen sie bremsen und ihnen das im Spiel nehmen.“Dabei nimmt Warm jeden Einzelnen in die Pflicht – bis auf Ben-Simon Bonin, der verletzt fehlen wird. „Die Mannschaft­sleistung muss gut genug sein, das ist wichtig“, so Warm. Er fordert mehr Konzentrat­ion ein, es sollen im Moment keine Gedanken an die erfolgreic­he Normalrund­e verschwend­et werden. „Die Vergangenh­eit nützt uns nichts“, betont er. Die Hoffnungen liegen aber auch auf dem 21-jährigen Linus Weber. Auch seinetwege­n, im Schnitt macht er fünf Punkte pro Satz, zählt der VfB zu den stärksten Angriffsma­nnschaften in der Bundesliga. Der von den Powervolle­ys Milano ausgeliehe­ne Diagonalsp­ieler erwischte in Bühl aber einen schwachen Tag, was mitunter ein Faktor für die Pleite war. Seine wuchtigen Angriffssc­hläge sind nun gefragter denn je. Friedrichs­hafen will das Fiasko abwenden. Nach dem Halbfinala­us im DVV-Pokal und dem unglücklic­hen Ausscheide­n in der Champions-League-Gruppenpha­se müsste nach einem Aus im Play-offViertel­finale von einer insgesamt verkorkste­n Saison gesprochen werden, die nicht den Ansprüchen des Clubs entspricht. Der ohnehin schon kaum vorhandene Spielraum für Fehler in den Play-offs ist nach Mittwoch nun noch ein Stück kleiner geworden. Vincic verspricht im Namen der Mannschaft: „Wir werden alles tun, was in unseren Händen liegt, um Bühl zu besiegen.“

Unterstütz­ung gibt es von den eigenen Fans. Zwar muss das Heimspiel am Samstag als Geisterspi­el ausgetrage­n werden. Aber über die große LED-Wand will sich der VfB mittels einer Videokonfe­renz die Zuschauer in die Halle holen. Wer mit dabei sein will, muss nur eine E-Mail mit dem Betreff „Mission Halbfinale“an info@vfb-volleyball.de schicken und bekommt dann den Link für Samstag zugeschick­t. Späth-Westerholt: „Wir wissen, dass die Spieler das wahrnehmen werden und dass uns das noch ein bisschen mehr Schwung geben wird.“Etwas, das sie für die schwere Aufgabe definitiv gebrauchen können.

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FOTO: GÜNTER KRAM Kapitän und Zuspieler Dejan Vincic (am Ball) will das Team am Wochenende mit all seiner Erfahrung und Klasse zum Erfolg führen.

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