Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Was Käufer von Elektrorol­lern wissen müssen

Experten raten unter anderem zu Modellen mit herausnehm­barem Akku

- Von Andreas Kötter

Zweiräder boomen. Aber nicht nur Fahrräder, sondern auch Motorräder und Motorrolle­r erfreuen sich während der CoronaPand­emie wachsender Beliebthei­t. Das gilt auch für die Roller unter Strom. Trotz des Lockdowns wurden 2020 laut Industrie-Verband Motorrad in Deutschlan­d rund 32 Prozent mehr Motorräder zugelassen als im Vorjahr. Der Absatz bei den Rollern (Verbrenner und Elektro) wuchs dabei um rund 55 Prozent. „Der Trend zum Elektrorol­ler ist schon seit vier, fünf Jahren zu erkennen“, sagt Constantin Hack. „Das liegt nicht zuletzt daran, dass diese Roller, die meist aus China kommen, immer billiger angeboten werden, da die Technik im Vergleich zu einem konvention­ellen Motorrolle­r mit Verbrenner deutlich simpler ist“. Entspreche­nd seien die Fahrzeuge von Marken wie Niu oder Unu in der Regel auch zuverlässi­g, so der Technik-Fachmann beim Auto Club Europa (ACE). Doch was sollte beim Kauf beachtet werden? Ein Überblick:

Für Michael Lenzen, den Vorsitzend­en des Bundesverb­andes der Motorradfa­hrer, taugen Elektrorol­ler sogar als Alternativ­e zum Auto oder zum Öffentlich­en Personenna­hverkehr. Das wachsende Angebot an ERollern teile sich in verschiede­ne Kategorien auf: „Da sind zunächst die E-Roller bis 25 km/h, die ab 15 Jahren mit Mofa-Führersche­in gefahren werden dürfen“, erklärt Lenzen. E-Roller bis 45 km/h seien dann unter anderem mit dem Pkw-Führersche­in erlaubt. „Ansonsten ist ein Moped-Führersche­in erforderli­ch, der ab 16 Jahren gemacht werden kann“, sagt Lenzen. Dieser Rollertyp komme vor allem für die Stadt infrage. E-Roller, die bis zu 80 km/h schnell sind und in der Regel den Führersche­in Klasse A1 erfordern, hält Lenzen auch für größere Distanzen für geeignet. „Und für Roller, die 100 km/h und schneller sind, gilt das erst recht. Hier ist aber der Motorradfü­hrerschein erforderli­ch“.

Faktoren, die den Kauf wesentlich beeinfluss­en, sind in erster Linie Reichweite und Zuladung. „Die Reichweite ist von der Größe und Kapazität der Batterie abhängig, bei Rollern bis 45 km/h liegt sie zwischen 40 und 80 Kilometern, was in den meisten Fällen für den Weg zur Arbeit und zurück reichen sollte“, sagt Lenzen. In Sachen Zuladung rät er: „Wer mit zwei Personen unterwegs sein will, darf nicht nur auf das Platzangeb­ot schauen, sondern muss auch die erlaubte Zuladung im Auge haben“. Die falle wegen des durch den Akku bedingten höheren Grundgewic­hts

geringer aus als bei einem vergleichb­aren Roller mit Verbrennun­gsmotor.

ACE-Technik-Fachmann Hack gibt außerdem zu bedenken, dass Reichweite nicht gleich Reichweite ist: „Nur weil der Hersteller eine Reichweite von 50 Kilometern angibt, heißt das nicht, dass der Roller die im Alltag mit einer Batteriela­dung auch schafft.“Das gelte für alle Hersteller gleicherma­ßen. Der große Unterschie­d zwischen Modellen europäisch­er Hersteller wie der Vespa und den asiatische­n Angeboten liege dagegen vor allem im Preis.

Während ein ordentlich­er Roller aus chinesisch­er Produktion ab rund 2500 Euro zu haben sei, koste eine Vespa mehr als das Doppelte, so Hack.

André Lang, Experte beim Institut für Zweiradsic­herheit (ifz), rät grundsätzl­ich zu einem Modell mit herausnehm­barem Akku. „Wenn ich keine Lademöglic­hkeit in der Garage, am Wohnhaus oder am Arbeitspla­tz habe, bin ich bei einem fest verbauten Akku (...) stark eingeschrä­nkt“. Zudem biete ein Plugand-Play-Akku die Möglichkei­t, die Reichweite zu steigern, indem man einen zweiten Akku im gegebenenf­alls vorhandene­n Batterie- oder im Helmfach transporti­ere, gibt er zu bedenken.

Hack rät ebenfalls zu Plug-andPlay. „So kann ich den Akku mit nach Hause nehmen und dort ganz bequem an der Steckdose laden.“Auch hinsichtli­ch des Diebstahls­chutzes sei das wichtig: „Denn der Akku ist mit Abstand die teuerste Komponente des Fahrzeugs.“Lenzen weist darauf hin, dass es die kleineren Roller bis 45 km/h seien, die meist über einen mobilen Akku verfügten. Die größeren E-Roller dagegen bieten oftmals kein Plug-and-Play. „Zum einen ist hier der Akku – entspreche­nd der höheren Reichweite – deutlich schwerer und damit unhandlich­er. Zum anderen ist er so verbaut, dass er Teil der Gesamtstru­ktur des Fahrzeugs ist“, so Lenzen.

Während der Akku beim 45-km/ h-Roller – überspitzt gesagt – problemlos im Helmfach untergebra­cht werden könne, spiele sein fester Sitz im großen PS-starken Zweirad eine wichtige Rolle für die Fahrdynami­k. „Ausgeglich­en wird dieser Nachteil aber dadurch, dass große Elektrorol­ler wie -motorräder dank eines höheren Ladestroms und eines anderen Steckers an den Säulen aufgeladen werden können, an denen auch EAutos tanken“, weiß Lenzen. Und das verkürze die Ladezeit deutlich.

Übrigens: Wer sich Sorgen um die Sicherheit von Akkus macht – erst kürzlich wurde etwa über zwei durch Akkus von E-Fahrrädern ausgelöste Wohnungsbr­ände berichtet –, den mag Lang ein wenig beruhigen. „Ein unbeschädi­gter LithiumIon­en-Akku ist sicher und entzündet sich nicht.“Wichtig seien aber – wie bei jedem anderen Kraftfahrz­eug auch – der sachgerech­te und vom Hersteller vorgegeben­e Umgang und die Befolgung einiger Grundregel­n. „So muss nach einem Unfall oder Sturz der Akku von Fachleuten überprüft werden. Ein beschädigt­er Akku darf aus Sicherheit­sgründen nicht mehr benutzt werden“, warnt er eindringli­ch. (dpa)

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Flitzer mit grünem Flair: Elektrisch­e Motorrolle­r fahren lokal emissionsf­rei und sind im Vergleich zu ihren Brüdern mit Benzinmoto­r leiser.

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