Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Wie stelle ich einen Rentenantrag?
Fragen zum Thema Rentenbezug haben Experten bei einer Telefonaktion der „Schwäbischen Zeitung“beantwortet
RAVENSBURG (sz) - Jedes Jahr erhalten rund 800 000 Versicherte erstmalig ihre Rente von der Deutschen Rentenversicherung, ein Großteil von ihnen bereits vor Erreichen des regulären Rentenalters. Insgesamt beziehen mehr als 18 Millionen Frauen und Männer eine Altersrente. Für viele von ihnen ergeben sich mit dem neuen Abschnitt Fragen rund um einen möglichen Hinzuverdienst: Darf ich neben meiner Rente noch weiter arbeiten gehen und mir etwas hinzuverdienen? Wie hoch darf mein Hinzuverdienst sein? Diese und viele weitere Fragen haben die Experten Katja Urban und Dieter Scherhans von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und Gundula Sennewald von der Deutschen Rentenversicherung Bund bei der Telefonaktion der „Schwäbischen Zeitung“beantwortet.
Ich bin im vergangenen Herbst mit 63 in Rente gegangen. Nun fällt mir manchmal die Decke auf den Kopf und ich würde gerne ein paar Stunden in der Woche arbeiten. Hätte dies Auswirkungen auf meine Rente?
Das kommt auf die Höhe des Verdienstes an. Da Sie das reguläre Rentenalter noch nicht erreicht haben und eine vorgezogene Altersrente beziehen, müssen Sie die Hinzuverdienstgrenze beachten. Dieses Jahr wurde diese Grenze durch die Corona-Pandemie auf 46 060 Euro festgesetzt. Ab 2022 gilt wieder die reguläre Hinzuverdienstgrenze von 6300 Euro im Jahr. Solange Sie nicht mehr verdienen, wird Ihre Rente auch nicht gekürzt. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie den Verdienst verteilt auf mehrere Monate oder beispielsweise nur einmal im Jahr erzielen. Wenn Sie aber mehr als 46 060 Euro in diesem Jahr verdienen wird Ihre Rente gekürzt. Es werden dann 40 Prozent des über dieser Grenze liegenden Verdienstes von Ihrer Rente abgezogen. Nach Erreichen des regulären Rentenalters können Sie dann aber unbegrenzt hinzuverdienen.
langjährig Versicherte gehen. Meine Chefin will mich gerne noch bis einschließlich November beschäftigen. Ich würde in dieser Zeit 20 000 Euro verdienen. Außer meiner Betriebsrente hätte ich dann keine weiteren Einkünfte. Kann ich zum 1. August die Rente beziehen oder muss ich bis Dezember warten?
Die Hinzuverdienstgrenze beträgt dieses Jahr ausnahmsweise 46 060 Euro brutto. Mit 20 000 Euro würden Sie die Hinzuverdienstgrenze nicht überschreiten. Das bedeutet, Sie könnten zum 1. August die Rente ungekürzt beziehen.
Ich (62) werde während meiner Altersrente noch eine Betriebsrente bekommen und Mieteinkünfte haben. Werden diese als Hinzuverdienst bei meiner Rente berücksichtigt?
Nein, auch Kapitalerträge und private Renten sind kein zu berücksichtigender Hinzuverdienst.
Ich (62) habe mal im öffentlichen Dienst gearbeitet und werde irgendwann eine Zusatzrente bekommen. Ab wann steht mir diese zu?
Sobald Sie Anspruch auf eine Altersrente als Vollrente haben, haben Sie auch Anspruch auf die Zusatzrente vom öffentlichen Dienst. Haben Sie bei der gesetzlichen Rente Abschläge, so haben Sie die gleichen Abschläge auch bei Ihrer Zusatzrente. Der maximalmögliche Abschlag beträgt allerdings nur 10,8 Prozent.
Ich (54) möchte diesen Ausgleichsbetrag zahlen, um den Abschlag bei einer vorzeitigen Rente zu umgehen. Habe ich dann die gleiche Rentenhöhe, als wenn ich bis zum regulären Rentenbeginn durchgearbeitet hätte?
Nein, denn mit dieser Ausgleichszahlung wird nur der Rentenabschlag für den vorzeitigen Rentenbeginn ausgeglichen. Für die Monate, die Sie bis zum regulären Renteneintritt keine Beiträge einzahlen können, weil Sie vorzeitig in Rente gegangen sind, ist keine weitere Beitragszahlung möglich.
Ich (53) habe bei der Rentenversicherung nachgefragt, wie hoch der Ausgleichsbetrag ist. Muss ich alles zahlen?
Ihnen wurde vermutlich der Betrag mitgeteilt, der zu zahlen wäre, um den Abschlag mit einer Zahlung auszugleichen. Das bedeutet weder, dass Sie alles auch in einer Summe zahlen müssen, noch, dass nur eine einmalige Zahlung möglich wäre. Sie können auch zweimal im Jahr eine Teilzahlung vornehmen. Da diese Beträge aus steuerlicher Sicht Altersvorsorgeaufwendungen sind und unter Umständen steuerlich absetzbar sind, ist eine steuerliche Beratung vorab empfehlenswert. Mit einer Ausgleichszahlung gehen Sie keine Verpflichtung ein, auch zu dem früheren Rentenbeginn in Altersrente zu gehen.
Ich (64) bekomme bereits seit einem Jahr eine vorgezogene Altersrente mit Abschlag. Zwischenzeitlich habe ich einen Schwerbehindertenausweis bekommen. Reduziert sich dadurch der Abschlag?
Nein, das geht leider nicht. Da Sie bereits seit einem Jahr eine vorgezogene Altersrente beziehen, ist ein Wechsel in eine andere Altersrente mit wohlmöglich geringeren Abschlägen nicht möglich. Eine Voraussetzung für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist, dass die Schwerbehinderung bereits zum Rentenbeginn vorliegen muss. Sollte die Anerkennung einer Schwerbehinderung während des Rentenantragsverfahrens erfolgen oder noch innerhalb der Widerspruchsfrist des Rentenbescheides, dann sollte sofort eine Kopie des Schwerbehindertenausweises unter Angabe der Versicherungsnummer der Rentenversicherung mit dem Hinweis, dass nun die Altersrente für schwerbehinderte Menschen beantragt wird, übersandt werden.
Wie stelle ich derzeit einen Rentenantrag?
Benötigen Sie Hilfe beim Ausfüllen der Antragsformulare, können Sie einen Termin für eine Telefonberatung in unseren Auskunfts- und Beratungsstellen telefonisch vereinbaren. Sie können den Antrag aber auch gerne über das Internet stellen. Besuchen Sie dazu unsere InternetSeite www.deutscherentenversicherung.de und klicken auf die Rubrik „Online-Dienste“. Dort werden Sie dann entsprechend weitergeführt. Sie können sich auch die Formulare aus dem Internet herunterladen, ausdrucken und ausfüllen oder sich die Vordrucke per Post zuschicken lassen. Kontaktieren Sie uns. Der Antrag selber sollte bei einem geklärten Rentenkonto etwa drei bis vier Monate vor Rentenbeginn gestellt werden, sodass der Übergang in die Rente reibungslos erfolgen kann.
Ich (64) bin Rentnerin und war in der Pflege tätig. Mein früherer Arbeitgeber hat gefragt, ob ich bei ihm einspringen kann. Ich möchte gern helfen, aber wird mir dadurch von der Rente etwas abgezogen?
Da Sie die sogenannte Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben, müssen Sie eine Hinzuverdienstgrenze beachten, damit Ihre Rente nicht gekürzt wird. Die Hinzuverdienstgrenze beträgt grundsätzlich 6300 Euro brutto im Jahr. In diesem Jahr wurde sie für vorgezogene Altersrenten auf 46 060 Euro erhöht. Jahreseinkünfte bis zu dieser Höhe führen somit nicht zur Kürzung Ihrer Altersrente. Ab 2022 gilt voraussichtlich wieder die „alte“Hinzuverdienstgrenze von 6300 Euro.
Ich (68) bin Rentnerin und pflege meinen kranken Mann. Stimmt es, dass ich dadurch eine höhere Rente bekommen kann?
Ja, das stimmt. Vorausgesetzt Sie beziehen Ihre Rente als Teilrente. Wenn Sie auf mindestens ein Prozent Ihrer Rente verzichten und Ihr Mann mindestens Pflegegrad zwei hat, zahlt die Pflegekasse Rentenversicherungsbeiträge für Sie. Diese führen jeweils zum 1. Juli des Folgejahres zu einer höheren Rente. Ob sich das lohnt, hängt von der Höhe Ihrer Rente und dem Pflegegrad Ihres Mannes ab. Sie können sich von der Rentenversicherung hierzu beraten lassen. Wenn Sie zusätzlich auch eine Betriebsrente beziehen, sollten Sie vorab klären, ob der Bezug einer Teilrente Auswirkungen auf deren Zahlung hat.
Ich (68) beziehe nur eine kleine Rente. Steht mir damit die neue Grundrente zu?
Die Frage lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Die Grundrente wird als individueller Zuschlag zur Rente gezahlt, sofern mindestens 33 Jahre Pflichtbeiträge entrichtet, Kinder erzogen, Angehörige gepflegt oder Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation bezogen wurden. Den Zuschlag gibt es dabei nur für die Zeiten, in denen mindestens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes erzielt wurden. Zeiten der Schulausbildung, des Bezugs von Arbeitslosengeld I und II oder der freiwilligen Beitragszahlung werden nicht berücksichtigt. Daneben erfolgt auch eine Einkommensprüfung. Die Rentenversicherung prüft den Anspruch auf Grundrente für alle automatisch.
Wird bei der Grundrente mein Einkommen angerechnet?
Ja, bei der Grundrente erfolgt eine Einkommensprüfung. Das bedeutet, dass die Grundrente in voller Höhe nur die Rentner bekommen, die als Alleinstehende ein Monatseinkommen von bis zu 1250 Euro oder als Ehepaar von bis zu 1950 Euro zur Verfügung haben. Das darüber liegende Einkommen, wird zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet. Ab einem Monatseinkommen von 1600 Euro beziehungsweise 2300 Euro bei Ehepaaren wird das darüber liegende Einkommen zu Hundert Prozent angerechnet.