Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Norwegen stoppt Rolls-Royce
Triebwerkshersteller wollte RRPS-Tochter verkaufen
FRIEDRICHSHAFEN/BERGEN - Der britische Triebwerkshersteller RollsRoyce kann nicht wie geplant seinen norwegischen Motorenbauer Bergen Engines, der zum Geschäftsbereich von Rolls-Royce Power Systems (RRPS) mit Sitz in Friedrichshafen am Bodensee gehört, an den russischen Technologiekonzern TMH verkaufen. Die norwegische Regierung hat das Geschäft am Dienstag gestoppt, wie RRPS auf Nachfrage bestätigte. „Die norwegische Ministerin für Justiz und öffentliche Sicherheit hat vor dem norwegischen Parlament angekündigt, dass die norwegische Regierung beschlossen hat, den Verkauf zu untersagen“, sagte ein Sprecher. Rolls-Royce werde nach Erhalt der offiziellen Benachrichtigung andere Optionen für Bergen Engines prüfen und auch die norwegische Regierung um Unterstützung bitten, „so schnell wie möglich einen neuen Eigentümer für Bergen Engines zu finden“.
Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“aus Mitarbeiterkreisen informierte RRPS-Chef Andreas Schell seine Belegschaft am Dienstag auf einer Mitarbeiterversammlung über das geplatze Geschäft. Schell habe die Entscheidung bedauert, da er den Verkauf an TMH nach wie vor als eine Chance für das
Unternehmen halte. Nun müsse man nach Alternativen suchen.
TMH wollte 150 Millionen Euro für den Spezialisten für mittelschnelle Gas- und Dieselmotoren bezahlen. Der Verkauf sollte das Motorenwerk, eine Service-Werkstatt und eine Gießerei in Norwegen sowie ein Servicenetzwerk in sieben Ländern umfassen. Bergen Engines ist seit 1999 Teil von Rolls-Royce. Mit der Übernahme des baden-württembergischen Traditionsunternehmens MTU aus Friedrichshafen fügten die Briten die beiden Unternehmen zum Geschäftsbereich Power Systems zusammen. Im Jahr 2019 kam Bergen Engines auf einen Umsatz von umgerechnet 270 Millionen Euro, das Unternehmen schreibt jedoch seit 2013 rote Zahlen. Bergen Engines war viele Jahre spezialisiert auf Motoren für Versorgungsschiffe für Ölpattformen, doch mit der Aufgabe vieler Plattformen in der Nordsee musste sich das Unternehmen mit seinen rund 950 Mitarbeitern vor allem auf Energielösungen konzentrieren.
Die Gründe für den Verkauf liegen nicht zuletzt in den schlechten Geschäftsaussichten. „Leider hat sich das Geschäft dort nicht so entwickelt, wie wir uns alle das gewünscht haben“, hatte RRPS-Betriebsratschef Thomas Bittelmeyer im Februar erklärt, als Rolls-Royce die Pläne bekannt gemacht hatte.