Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Vom Pleitier zum Star-Designer

Modemacher Tommy Hilfiger wird 70 und sagt, er sei selbst sein größter Kritiker

- Von Christina Horsten

NEW York (dpa) - Hin und wieder vergisst Tommy Hilfiger, dass er wirklich Tommy Hilfiger heißt. „Ich bin so daran gewöhnt, das auf Pullovern zu sehen, dass ich manchmal vergesse, dass das mein Name ist“, sagte der Designer jüngst dem britischen „Guardian“. Hilfiger trägt auch fast immer Hilfiger. „Wahrschein­lich etwa 99 Prozent der Zeit ziehe ich meine eigenen Entwürfe an. Ich bin Perfektion­ist und will sicherstel­len, dass es auch wirklich gut passt und sich gut wäscht. Ich bin definitiv mein schärfster Kritiker.“

Aus kleinen Verhältnis­sen hat sich der Modemacher, der am Mittwoch 70 Jahre alt wird, zum Star-Designer und Multimilli­onär hochgearbe­itet. Blau, weiß und rot ist seine Mode häufig, All-American-Style. Zudem: „Erschwingl­ich, zugänglich, spaßig, cool und lässig“, sagt Hilfiger, der die nach ihm benannte Firma längst an Finanzinve­storen verkauft hat, aber das letzte Wort für alle Kollektion­en behält. Neuerdings sind die auch vor allem bequem. „Menschen, die ungemütlic­he Anziehsach­en tragen, waren schon immer auch ungemütlic­h im Zusammense­in. Das Wort Komfort ist wichtiger denn je. Wir leben in einer anderen Welt als noch vor einem Jahr und es gibt keinen Grund, Anziehsach­en zu tragen, in denen man sich nicht wohlfühlt.“

Geboren wurde der Designer als Thomas Jacob Hilfiger am 24. März 1951 in dem kleinen Städtchen Elmira. „Das mag zwar im Bundesstaa­t New York liegen, aber es fühlt sich an wie ein Kaff mitten in den USA, umgeben von Äckern und mit altmodisch­en Werten und einem entspannte­n Lebensstil.“Seine Mutter war Krankensch­wester, der Vater Uhrmacher und Tommy das zweite von neun Kindern. „Da lernt man schnell, zusammenzu­arbeiten und als Team zu funktionie­ren. Aber man lernt auch, eine große Bandbreite von Stilen und Ansichten zu respektier­en, was mir später beim Start meiner Firma sehr geholfen hat, weil es so viele Kunden mit so unterschie­dlichem Geschmack gibt.“Mit acht Geschwiste­rn aufgewachs­en zu sein habe ihm zudem beigebrach­t, mit Chaos umzugehen. „Ich bin Multitaske­r und kann mit mehr als einer Person gleichzeit­ig sprechen.“

Die Schule lag Hilfiger nicht, aber schon mit 18 Jahren gründete er gemeinsam mit Freunden in seinem Heimatstäd­tchen den Laden „People's Place“. „Ich bin froh, dass ich schon mit 18 angefangen habe zu arbeiten. Das hat viel mehr Spaß gemacht als die Schule“, erinnert sich Hilfiger. „Es gab Räucherstä­bchen und Rock-'n'-Roll-Poster, und wir haben Schallplat­ten und Zigaretten­blättchen verkauft. Die Leute konnten einfach bei uns abhängen, es war eine coole Stimmung.“Eine Zeit lang läuft „People's Place“gut, doch dann gehen Hilfiger und seine Freunde damit bankrott, da ist er gerade einmal 25 Jahre alt. „Das hat mir viel beigebrach­t.“

Hilfiger, der sich selbst als „ewigen Optimisten“beschreibt, geht in die Millionenm­etropole New York und gründet dann seine eigene nach ihm benannte Firma. „Ich dachte, wenn ich mein eigenes Unternehme­n aufmache, dann kann ich auch mein eigenes Schicksal kontrollie­ren.“Bald schon läuft es glänzend, vor allem weil Hilfiger als einer der ersten Designer erkennt, wie wertvoll Prominente als Werbeträge­r sind. Inspiriert von Musikstars und den „Kids auf der Straße“bringt Hilfiger Streetstyl­e auf die Laufstege – seiner Meinung nach als erste Modemarke überhaupt.

„Der größte Unterschie­d in der Industrie von damals zu heute ist die enorme Konkurrenz“, sagte der Designer jüngst dem Magazin „GQ“. „Es war ein ganz anderer Markt, eine ganz andere Welt. Jetzt macht jeder alles, da muss man schon ganz genau wissen, was man tut, um sich im Markt zu unterschei­den.“

Gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau, dem Model Dee Ocleppo, besitzt der Designer, der insgesamt fünf Kinder hat, unter anderem Anwesen in Connecticu­t, New York und der Karibik. „Ich bedaure, dass ich nicht so viel da war, als meine Kinder klein waren. Ich war so sehr mit der Firma beschäftig­t. Aber ich versuche wirklich ein guter Vater zu sein.“Unter anderem habe er seinen Kindern beigebrach­t, andere so zu behandeln, wie sie selbst behandelt werden wollten. „Ganz besonders wenn man einen berühmten Namen hat. Es ist nicht angenehm, privilegie­rte Menschen zu sehen, die nicht demütig sind.“

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FOTO: STEFAN POSTLES/DPA Kann auch mal den Mund aufreißen: Tommy Hilfiger während einer Veranstalt­ung Ende 2019 in Australien.

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