Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Aitrach nimmt das Risiko in Kauf
Breitbandausbau: Auch ohne Förderbescheid des Landes wird jetzt ausgeschrieben
AITRACH - Beim Ausbau der Breitbandversorgung geht die Gemeinde Aitrach ins Risiko. Verwaltung und Gemeinderat sind aber im Sinne einer zügigen Abwicklung des Millionenprojekts dazu bereit.
Erklärtes Ziel der Aitracher ist es, alle bisher noch weißen Flecken ans Glasfasernetz anzuschließen. Ein Mammutprojekt, gilt es doch dabei alleine rund 38 Kilometer Leitungen zu verlegen. Die Kosten sind mit fast 6,4 Millionen Euro entsprechend hoch. Der Plan: Die Hälfte wird durch Bundeszuschüsse finanziert, weitere 40 Prozent (rund 2,5 Millionen Euro) durch Landesförderung. Die restlichen zehn Prozent muss die Gemeinde selbst tragen.
Nun hat der Bund bereits seine Unterstützung schriftlich zugesichert. Ein Förderbescheid des Landes indes fehlt noch, und wird dies noch einige Zeit tun. Denn die bereitgestellten Mittel sind aufgebraucht, den Fördertopf kann erst der neu gewählte Landtag beim Aufstellen des Doppelhaushalts 2021/2022 füllen.
Die Gemeinde Aitrach steht jedoch unter einem gewissen Zeitdruck,
da die Bundesmittel Ende 2024 verfallen. Ein Projekt in dieser Größenordnung in diesem Zeitraum zu verwirklichen, ist sportlich. Daher hat sich die Verwaltung entschlossen, auch ohne Landesbescheid jetzt zumindest die Ingenieursleistungen auszuschreiben. Dies tut für die Gemeinde der Zweckverband (ZV) Breitbandversorgung Ravensburg.
Das Risiko dabei: Sollte das Land am Ende den Zuschuss nicht gewähren (können), kommt das gesamte Projekt nicht zustande. „Ohne Landesmittel können wir den Ausbau nie und nimmer stemmen“, betonte Bürgermeister Thomas Kellenberger (CDU).
Im schlimmsten anzunehmenden Fall schreibt der ZV die Ingenieursleistungen aus, vergibt den Auftrag und muss ihn dann stornieren. Dann muss die Gemeinde trotzdem dem beauftragten Büro rund 75 000 Euro zahlen. Sollte gar kein Auftrag erteilt werden, drohen Schadensersatzforderungen.
21 Gemeinden hätten sich bereits dazu entschlossen, dieses Risiko zugunsten eines schnelleren Vorankommens einzugehen, berichtete Diana Deppe, Geschäftsführerin des ZV. Ihr Kollege Alexander Flock nannte es eine „überschaubare Summe. Bei größeren Kommunen mit noch größeren Projekten hätte ich Bauchschmerzen.“Er mahnte zudem: Wer nicht frühzeitig sein Projekt in Angriff nehme, laufe Gefahr, später, wenn Hunderte Kommunen in ganz Deutschland Aufträge vergeben wollen, keine ausführenden Firmen mehr zu finden.
Der Gemeinderat stellte sich einstimmig hinter die Ausschreibung der Ingenieursleistungen. Dies mache angesichts der vom Bund gesetzten Frist Sinn, so Lucia Cervoni (FLA) und Peter Beuter (SPD).