Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Gleichgewicht im Kleinen wie im Großen
Irene Schauer ist Sprecherin der Steuerungsgruppe „Fair-Trade-Stadt“Isny
ISNY - Die Anstöße, als Sprecherin und „Motor“der Isnyer Fair-TradeSteuerungsgruppe zu fungieren, seien vielschichtig gewesen, erklärt Irene Schauer. Mitten in der Natur auf einem Bauernhof im württembergischen Allgäu sei sie aufgewachsen. Als „Lehrerin im Unruhestand“wisse sie, wie Jugendliche ticken, sie freue sich darüber, dass viele von ihnen Sensibilität entwickeln.
Nicht nur die Sorge um ihre eigene Zukunft treibe sie immer mehr um. Auch viele Jugendliche würden sich Gedanken machen über die „großen Menschheitsfragen“: Wirtschaftswachstum um jeden Preis in den Industrienationen. Ausbeutung der Menschen in den Ländern der südlichen Hemisphäre – das könne langfristig nicht gut gehen. Auch die Klimaerwärmung stehe bei Jugendlichen auf der Tagesordnung; oder auch die rapide abnehmende Artenvielfalt.
Im Vorstand des SPDOrtsvereins sei es häufig um mögliche Schritte in eine gerechtere Welt für alle Menschen gegangen, um Inklusion im Kleinen und im Großen. Als Vorsitzende des Deutschen Alpenvereins (DAV), Sektion Isny, ist Irene Schauer nah dran an der Beobachtung, wie sich die Tourismuskonzerne der Bergwelt bemächtigen.
Bei der Eröffnung des Weltladens in Pfronten mit Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller seien ihr durch seine Beispiele vor allem vom afrikanischen Kontinent endgültig die Augen aufgegangen: „Uns geht es so gut, weil es denen so schlecht geht.“Das Buch „Todschick – edle Labels, billige Mode, unmenschlich produziert“von Gisela Burckhardt vom Verein „Femnet“(www.femnetev.de) über die Ausbeutung von Frauen in Südost-Asien bestätige, was der Minister berichtete.
Irgendwann sage man sich, dass man etwas tun muss, wenn jeder auf den anderen warte, verändere sich nichts: „Wenn die kleinen Produzenten nicht bezahlt werden, dass sie ihr Leben sichern können, wandern sie vom Land in die Städte, landen in den Elendsvierteln – und machen sich schließlich irgendwann auf den Weg nach Europa ins vermeintliche Paradies“, ist Schauer überzeugt. Ihre persönliche Sensibilisierung für die Kampagne Fair-Trade-Town habe also viele verschiedene Quellen. Dass sich neben weit über 700 Städten in Deutschland 2020 auch Isny der Fair-TradeKampagne angeschlossen hat, freut Schauer. Wobei sie auch realistisch ist: Es werde ein langer Weg sein, eine ganze Stadt in der Breite „mitzunehmen“, die FairTrade-Akteure aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft zu sensibilisieren, zu erweitern und zu vernetzen. Froh ist Irene Schauer über die Einmütigkeit im Gemeinderat und über die Mitarbeit von Hauptamtsleiter Frank Reubold im Rathaus.
Die Steuerungsgruppe, die sie initiiert hat, kann sich coronabedingt leider aktuell nicht persönlich treffen, um zusammenzuwachsen, die
Zukunft zu diskutieren und gemeinsam konkrete Schritte an der Basis zu entwickeln. Im Moment sei mit Schulklassen ein „action bound“, eine Art digitaler Schnitzeljagd geplant, bei der Jugendliche mit einer App auf dem Smartphone bestimmte Personen und Geschäfte ansteuern können, um sich am Ziel mit dem Thema des fairen Handels, der Nachhaltigkeit oder auch der Regionalität von Produkten auseinanderzusetzen.
Schauer freut sich, dass die Stadtverwaltung das seitherige Isnyer Logo durch das Emblem „Fairtrade Town Isny“zugunsten permanenter Wahrnehmung im Erscheinungsbild auf allen Ebenen ergänzen will. So sollen etwa Rollups in Auftrag gehen, die bei städtischen Veranstaltungen aufgestellt werden. Ein wirkungsvolles Zeichen wäre auch, an Markttagen ein Banner vom Rathausbalkon zu hängen. Mit der Isny Marketing GmbH sei besprochen, einen der eventuellen Feierabendmärkte der „fairen Stadt“zu widmen. Mit der VHS solle geklärt werden, welche spezifischen Fair-Trade-Themen ins Programm wandern könnten. Für sinnvoll hält Schauer zuletzt, mindestens einmal im Quartal mit einem Stand auf dem Wochenmarkt über den fairen Handel zu informieren.