Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Radke mahnt innere Einheit Zweckverband Ikowa an
Grundsatzdebatte kennzeichnet die öffentliche Sitzung des Zweckverbandes Ikowa in Kißlegg - So wird argumentiert
KISSLEGG - Die Feststellung der Jahresrechnung 2019 und der Beschluss der Haushaltssatzung mit Haushaltsplan 2021 warteten am zurückliegenden Donnerstag auf die Mitglieder des Zweckverbandes Ikowa. Zudem wurde über den Stand der Dinge und die künftigen Vorhaben des Verbandes informiert. Vor Sitzungsbeginn gab es im Foyer der Mensa des Schulzentrums Kißlegg die Möglichkeit, sich freiwillig auf Corona testen zu lassen.
„Wo stehen wir, und wo geht es hin?“Diese beiden Fragen beantwortete Clemens Stadler, der seit zwei Jahren im Kißlegger Rathaus mit der Wirtschaftsförderung und dem Projekt „Ikowa“betraut ist. Sein Rückblick umfasste die Gründung des Zweckverbandes im Jahr 2008 ebenso, wie die Verfahren rund um den Bebauungsund Flächennutzungsplan und schloss mit dem eingereichten „Zielabweichungsverfahren über den Regionalverband Bodensee-Oberschwaben“.
Bereits in der Sitzung vom Juli 2018 war mehrheitlich beschlossen worden, die Verbandsverwaltung zu beauftragen, parallel zum Fortschreibungsverfahren des Regionalplans die Zielabweichung vom Landesentwicklungsplan
2002 für das Ikowa beim Regierungspräsidium Tübingen zu beantragen. Die erste Offenlegung erfolgte 2019, die zweite im Februar 2021.
Das Ingenieurbüros Stocks (umweltfachliche Projektsteuerung) und die Sieber Consult GmbH (städtebauliche/technische Projektsteuerung) trafen sich bereits Ende September 2020. Jetzt sollen in einem weiteren Schritt die Raumanalyse und die floristischen und faunistischen Untersuchen abschließend aktualisiert werden, gefolgt von der Aktualisierung des städtebaulichen Entwurfs. Ein Planungsworkshop mit der Aufstellung des Bebauungsplan-Entwurfes ist für die Zeit nach dem Sommer angedacht. Ende 2021 möchte man den
Bebauungsplan formal auf den Weg bringen. Die Verbandsversammlung beauftragte die Verwaltung, die weiteren Planungsarbeiten im Rahmen des Haushaltsplanes 2021 und 2022 an die jeweiligen Planungsbüros zu vergeben. Nach den Kosten befragt, bezifferte Stadler diese auf 339 447 Euro.
Roland Kant, Amtsleiter der Finanzverwaltung bei der Gemeinde Kißlegg, erläuterte die Jahresrechnung 2019. Es gab zur Eröffnungsbilanz nur geringe Veränderungen und es wurden keine investiven Zahlungen getätigt. Bevor die Verbandsversammlung das Rechnungsergebnis feststellen und den Haushalt für 2021 aufrufen konnte, meldete sich Tilman Schauwecker (Stadt Wangen, GOL) zu Wort. Ausdrücklich betonte er seine Wertschätzung gegenüber den bisherigen Bemühungen von Bürgermeister Dieter Krattenmacher und den anderen Beteiligten, wollte aber mit seiner inzwischen erworbenen „Erkenntnis zweier Geburtsfehler“nicht hinter dem Berg halten.
Zunächst ging Schauwecker auf „Gründungsprobleme“ein, die noch aus der Zeit des Baus der A96 stammen würden. Vorrangig war der Kanal gemeint, „der parallel zur Autobahn durch das Gelände führt und das Bauen dort erschwert beziehungsweise beeinträchtigt“. Dann nannte er die fehlende Anbindung an eine Wohn- oder Gewerbebebauung, „die zu heilen bereits einmal in einem Zielabweichungsverfahren gescheitert ist.“
Weiter sieht Tilman Schauwecker „nicht die geringste realistische Chance“im Hinblick auf die Beschlussfassung des aktuellen Entwurfs des Regionalplans in diesem Jahr. Dass die avisierten Flächenverbräuche für Wohnen und Gewerbe „massiv umstritten“sind, sieht der GOL-Stadtrat nicht zuletzt im Verhalten der Menschen begründet. Habe die Landtagswahl doch gezeigt, „wie sensibel man mittlerweile beim Thema Flächenverbrauch und im Kontext mit der Klimaproblematik geworden ist“.
Bereits im August 2020, so Schauwecker weiter, habe er eine umfassende Information des aktuellen Sachstands in einem eigenen Tagesordnungspunkt gefordert. Zumindest in Wangen, aber auch in den drei anderen Gemeinden, sei das offensichtlich noch nicht geschehen.
Gegen diese Äußerung erhob sich im Gremium Widerstand. Dennoch machte der Verbandsvorsitzende den Vorschlag, „wenn Sie es so haben möchten“, die ins Auge gefasste Klausurtagung so zu erweitern, dass alle gewählten Gemeinderäte daran teilnehmen könnten. Man könne dann mit Fachleuten und in einer größeren Halle „alles durchsprechen“.
Josef Kunz (Kißlegg, SPD) wollte zunächst versuchen, „auf die Gegner zuzugehen, mit ihnen zu reden und vielleicht entgegenzukommen“. Dass es generell nicht einfacher würde, davon war Dr. Andreas Kolb (Kißlegg, GOL/ELK) überzeugt. Er wollte den Optimismus von Dieter Krattenmacher nicht teilen und wandte sich an die im Verband zusammengefassten Gemeinden und sagte: „Das finanzielle Loch wird immer größer. Wofür zahlen Sie eigentlich?“
Oberbürgermeister Michael Lang erinnerte an die Verpflichtung der Gründer, „dem Verband zum Erfolg zu verhelfen und etwas größeres Gemeinsames
hinzubekommen“. Er sei auf jeden Fall dafür angetreten, den Menschen eine Chance zu geben, „damit sie in der Raumschaft gut leben können“. Schließlich ginge es nicht ums Geld, sondern um die Menschen. Dass jedes Jahr gerade aus Wangen mehrere Anfragen nach Gewerbeflächen kommen, das war von Bürgermeister Roland Sauter zu erfahren. Wie er vor Augen hielt: „Einfach streichen, wenn es schwierig wird? Das kann nicht in unserem Sinn sein!“
Nachdem schon Thomas Linder (Amtzell, UL) das ständige Hin und Her bemängelt hatte und „alles unter ein Dach bringen“wollte, meldete sich Detlef Radke (Kißlegg, FWV) zu Wort. Er, der von Anfang an dabei war und darauf verwies, „immer auf Kritik reagiert zu haben“, richtete einen Appell an die Anwesenden. Wörtlich sagte er: „Solange wir hier untereinander nicht einig sind, werden wir an Grenzen stoßen. Wir bekommen es nur hin, wenn wir mit einer Stimme sprechen.“Und die Opponenten forderte er auf: „Machen Sie uns doch einen Vorschlag und sagen Sie uns, was Sie sich vorstellen.“
Die Vergabe der Planungsarbeiten an die jeweiligen Planungsbüros, die Jahresrechnung 2019 und die Aufstellung des Haushaltsplanes 2021 – alles wurde mehrheitlich beschlossen.