Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Experten: Tod des Pflegers muss untersucht werden
Ärzte der Uniklinik in Tübingen warnen bezüglich des Zusammenhangs mit der Impfung vor schnellen Schlüssen
RAVENSBURG (len) - Der Tod eines Pflegers des Ravensburger Krankenhauses einige Tage nach der Impfung mit dem Vakzin der Firma Astra-Zeneca muss nach Ansicht von Experten näher untersucht werden. Ärzte der Universitätsklinik in Tübingen, wo der Patient verstorben ist (die „Schwäbische Zeitung“berichtete), warnen laut „Südwest Presse“vor schnellen Schlüssen. „Es gibt bislang keinen gesicherten Nachweis, dass sein Tod mit der Impfung zusammenhängt“, sagte der Leitende Ärztliche Direktor der Klinik, Michael Bamberg, der Zeitung mit Sitz in Ulm.
Der 24-Jährige, der in Ravensburg arbeitete, aber aus einem anderen Landkreis in Baden-Württemberg stammte, war nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung der Firma Astra-Zeneca an der Uniklinik Tübingen verstorben. Bei ihm wurde den Informationen zufolge einige Tage nach der Impfung eine Kombination aus Thrombosen und ein Mangel an Blutplättchen festgestellt. Deshalb sei der Fall von der Klinik umgehend an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das für Impfstoffe in Deutschland zuständig ist, gemeldet worden, wie die „Südwest Presse“berichtet.
Die Pressesprecherin des PEI sagt auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“, sie mache grundsätzlich keine Angaben zu Einzelfällen. Sie verweist auf den regelmäßigen Sicherheitsbericht des PEI, dessen neue Version voraussichtlich am Mittwoch, 24. März, erscheine.
Uni-Klinik-Chef Bamberg sagt über die Blutungen des 24-jährigen männlichen Patienten laut „Südwest Presse“, sie passten nicht in das Schema des bis dato Bekannten. Bei den vorwiegend weiblichen Patientinnen, die nach einer Astra-ZenecaImpfung in Krankenhäusern behandelt werden mussten oder sogar starben, waren überwiegend schwere Thrombosen, also Blutgerinnsel, vor allem sogenannte Sinusvenenthrombosen, festgestellt worden.
Der Impfstoff von Astra-Zeneca kam nach Auffälligkeiten in einigen Ländern auf den Prüfstand. Bei den bisher in Deutschland bekannten 13 Fällen handelt es sich um zwölf Frauen und einen Mann im Alter zwischen 20 und 63 Jahren. Die Bundesregierung hatte den Einsatz von Astrazeneca vor gut einer Woche nach einer Empfehlung des PEI vorübergehend gestoppt – zu diesem Zeitpunkt gab es sieben Fälle.
Inzwischen wird wieder damit geimpft. Die Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) erklärte am vergangenen Donnerstag, sie sehe keine erhöhten Gesundheitsgefahren und empfahl die Fortsetzung der Impfungen. „Der Impfstoff ist sicher und effektiv gegen Covid-19, und die Vorteile sind wesentlich größer als die Risiken“, sagte EMA-Chefin Emer Cooke in Amsterdam. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Impfungen die Vorfälle verursacht hätten.
An der Uniklinik Tübingen hatte dem Vernehmen nach auch der Arzt Tamam Bakchoul mit dem Fall des 24-Jährigen zu tun: Bakchoul leitet das Institut für klinische und experimentelle Transfusionsmedizin am
Universitätsklinikum Tübingen. Das Nachrichtenmagazin „Spiegel“hat den Experten kürzlich interviewt, der zu Gerinnungsstörungen forscht: Auch Bakchoul spricht sich dafür aus, dass man genau analysieren sollte, „ob es sich lediglich um einen zeitlichen oder auch um einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Gerinnselbildung handelt“.
Außerdem erklärt er in dem Interview, warum auch Blutungen in diesem Zusammenhang nicht ungewöhnlich seien. Wenn das Immunsystem zum Beispiel auf Infektionen mit Bakterien oder Viren wie SarsCoV-2, aber auch Verletzungen, Medikamente oder Tumoren reagiere, dann werde eine sogenannte Gerinnungskaskade im Körper angestoßen. Dann bildeten sich viele kleine Gerinnsel im Körper. Bakchoul sagt dazu im „Spiegel“: „Die vielen Thrombosen verbrauchen die Blutplättchen und andere Gerinnungsfaktoren, sodass es zu starken Blutungen kommt. Der Körper gerät in einen Schockzustand, die lebenswichtigen Organe drohen zu versagen.“