Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Die Parlamente einbeziehen
Angela Merkel hat die Bürger für die missglückten Osterbeschlüsse um Verzeihung gebeten. Das ist honorig. Die Bundeskanzlerin übernahm persönlich die Verantwortung für die Entscheidung, den Gründonnerstag und Karsamstag zu sogenannten Ruhetagen zu erklären. Mit dieser Vorgabe hatte kaum jemand etwas anfangen können. Den Befürwortern eines harten Lockdowns ging die erzwungene Osterruhe nicht weit genug. Andere rätselten, was es denn bringen möge, wenn sich am Ostersamstag die Kunden im Supermarkt drängeln. Und die Unternehmen fragten sich, wie sie mit diesen Beschlüssen wohl rechtlich umzugehen haben. Der Aufruhr, den die Bund-Länder-Runde mit dieser Entscheidung verursacht hatte, war groß.
Mit ihrem Schuldeingeständnis hat Merkel die Ministerpräsidenten aus der Schusslinie genommen. Das ist nicht nur ehrenhaft von ihr, es ist auch ein kluger Schachzug. Denn in dieser Riege befinden sich zwei Landeschefs, die potenziell als Nachfolger der Kanzlerin zur Verfügung stehen. Merkel, die sich nach der nächsten Bundestagswahl zurückziehen wird, hat hingegen nichts mehr zu verlieren.
Diese Panne in einer Zeit, in der die Menschen ohnehin starke Zweifel am Krisenmanagement der Regierung haben, hätte so nicht passieren dürfen. Und sie wäre auch leicht zu verhindern gewesen, wenn Bund und Länder endlich das täten, was seit Monaten von ihnen gefordert wird: die Abgeordneten in das Corona-Krisenmanagement einzubeziehen. Nach einem Jahr Pandemie ist es niemanden mehr zu erklären, warum die Regierenden nach wie vor auf Verordnungen setzen, zu denen sie sich nach stundenlangen Beratungen hinter verschlossenen Türen durchringen. Das schadet dem Ansehen der parlamentarischen Demokratie und schwächt den Stellenwert der Abgeordneten, von denen die Beschlüsse mitgetragen werden sollen. Dass der Bundestag von Merkel zum Schön-Wetter-Parlament gemacht wurde, ist letztlich der größere Fehler als die missglückte Entscheidung, Ruhetage an Ostern einzuführen.