Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Staat setzt Hilfspolitik fort
Auch 2022 Neuverschuldung wegen Pandemiefolgen
BERLIN - Erstaunliche Zeiten: Wegen der Corona-Krise will der Bund bis zum Ende dieses Jahres etwa 300 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben. Um diese Summe liegen die Haushalte 2020 und 2021 über dem Vor-Krisen-Niveau. Damit gleicht die Bundesregierung die CoronaVerluste der Unternehmen und Privathaushalte insgesamt komplett aus. Diese bezifferte das Institut der deutschen Wirtschaft am Mittwoch auf rund 250 Milliarden Euro.
Und so soll es im kommenden Jahr auch weitergehen, wie Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ebenfalls am Mittwoch erläuterte.
Zuvor hatte das Bundeskabinett den Nachtragshaushalt 2021, die Eckwerte für 2022 und die Folgejahre beschlossen. „Wir nehmen die nötigen Mittel in die Hand, um die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen der Pandemie zu bewältigen“, sagte der Finanzminister.
Der Nachtragshaushalt für dieses Jahr umfasst rund 60 Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben, die mit neuen Schulden finanziert werden. Das Geld fließt unter anderem in mehr Hilfen für Unternehmen, weil die Geschäftsschließungen länger dauern. Außerdem stehen damit Mittel zur Verfügung, um das Gesundheitssystem zu stabilisieren. Insgesamt steigt die Neuverschuldung des Bundes 2021 auf 240 Milliarden Euro – knapp die Hälfte des gesamten Etats.
2022 soll die Neuverschuldung dann zurückgehen, aber immer noch beträchtlich bleiben. Scholz plant rund 80 Milliarden Euro an Krediten ein. Von 2023 an rechnet der Finanzminister mit der Rückkehr zu einem Normalzustand, in dem die Einnahmen mehr oder weniger die Ausgaben decken. Ob das klappt, steht allerdings in den Sternen.
Trotz der großen Summen sind die Staatsfinanzen einigermaßen solide. Die Gesamtverschuldung wird zum Ende 2021 auf etwa 75 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung steigen, ungefähr 2,7 Billionen Euro (2700 Milliarden). Die Schuldenquote liegt dann niedriger als nach der Weltfinanzkrise um 2010. Scholz betonte, dass andere vergleichbare Staaten deutlich mehr Kredite im Vergleich zu ihrem Bruttoinlandsprodukt aufnähmen.
Ob ein Staat seine Schulden tragen kann, hängt unter anderem vom Wachstum ab. Liegt dieses mittelund langfristig über der Zunahme der Kredite, geht deren Summe im Vergleich zur Wirtschaftsleistung zurück. So war es in Deutschland während der vergangenen zehn Jahre.
Außerdem spielen die Zinsen eine Rolle. Diese lagen in der jüngeren Vergangenheit so niedrig, dass der Staat teilweise weniger zurückzahlen muss, als er sich geliehen hat. Aktuell steigt die Zinsbelastung allerdings leicht.