Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Mahnungen vor dem EU-Türkei-Gipfel
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth fordert harte Linie – Pro Asyl kritisiert Flüchtlingsabkommen
BERLIN (AFP/dpa) - Vor dem EUGipfel zu den Beziehungen zur Türkei am heutigen Donnerstag wird die Kritik an der Menschenrechtslage im Land lauter. Bundestagsabgeordnete mehrerer Parteien und Menschenrechtsaktivisten forderten in Berlin ein klares Signal der Bundesregierung und der EU an die Adresse der Türkei. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet äußerte sich derweil bestürzt über die Abkehr Ankaras von der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor
Gewalt. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hat die EU aufgefordert, Druck auf die Türkei auszuüben. Bundesregierung und EU seien gefordert, „endlich alle ihr zur Verfügung stehenden Hebel zu nutzen, um auf Demokratie und Menschenrechte zu drängen“, sagte Roth.
Schwachstelle des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sei die Wirtschaft. Daher sei die EU gefragt, „starke Sanktionen offen zu formulieren“und für demokratische Werte einzutreten. Es sei „unbegreiflich“,
worauf der Optimismus über die Beziehungen zur Türkei fuße, „schließlich entbehrt der massive autokratische Umbau der Türkei durch Erdogan jedes Hauchs eines gemeinsamen Wertefundaments“.
Die Grünen im Bundestag fordern zudem ein Ende des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei, das die Migration über die Türkei nach Griechenland eindämmen soll. Auch die Organisation Pro Asyl warnte am Mittwoch vor einer Neuauflage des EU-Türkei-Deals.
„Für Flüchtlinge gibt es in der Türkei weder Schutz noch Perspektiven“, hieß es in einer Mitteilung der Organisation. Das gelte besonders für Afghanen.
Mit dem Flüchtlingspakt von 2016 hat die Türkei zugesagt, gegen irreguläre Migration vorzugehen. Das Abkommen sieht zudem vor, dass die EU Flüchtlinge und Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann. Im Gegenzug soll die EU Syrer aus der Türkei aufnehmen.