Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Kommt bald die gelbe Tonne?
Kreistag steht vor wichtiger Entscheidung – Gemeinderat bereitet sich auf zwei Varianten vor
LEUTKIRCH - Der Kreistag steht in der kommenden Woche vor einer Gretchenfrage: Sollen die Bürgerinnen und Bürger Leichtverpackungen weiterhin in gelben Säcken über Wertstoffhöfe beziehungsweise Annahmestellen entsorgen – oder gibt es dafür bald eine gelbe Tonne, die abgeholt wird? Wie die Entscheidung ausfällt, ist derzeit offen. Der Leutkircher Gemeinderat hat sich in seiner jüngsten Sitzung auf Vorgehen für beide Varianten geeinigt. Ein Überblick zur Sachlage.
Warum steht die Frage zur Debatte?
Die Kreisverwaltung steht kurz vor erneuten Verhandlungen mit der Dualen System Landbell AG, was ab kommendem Jahr mit den Wertstoffen geschehen soll. Im Kern geht es dabei um die im Landkreis seit Jahren bekannte Entsorgungsmethode über Wertstoffhöfe beziehungsweise Annahmestellen oder die Einführung einer gelben Tonne – und zwar für die folgenden drei Jahre. Diese Frage muss der Kreistag in seiner Sitzung am Dienstag, 30. März, beantworten. Ansonsten bleibt bis 2025 alles so wie es ist.
Wie ist die derzeitige Beschlusslage?
Im Jahr 2018 hatte sich der Kreistag prinzipiell für die Umstellung vom Bring- aufs Holsystem entschieden. Wertstoffe sollten demnach in einer Art Kombination beziehungsweise im Wechsel über eine Tonne mit dem Altpapier entsorgt werden, nach dem so genannten „Biberacher Modell“. Verhandlungen dazu scheiterten, das Duale System akzeptierte den Beschluss nicht, klagte dagegen – und bekam Recht.
Da mit dem Unternehmen jetzt erneut Verhandlungen anstehen, wie es in den kommenden drei Jahren weitergehen soll, steht der Kreistag erneut vor der Entscheidung zwischen einer Verbesserung des bisherigen Systems und der Einführung einer gelben Tonne. Sie muss im April abgeschlossen sein.
Im Ausschuss für Umwelt und Mobilität des Kreistags stand das Thema bereits Anfang März nichtöffentlich zur Debatte. Das Abstimmungsergebnis ist inzwischen bekannt – und deutet eine mögliche Kehrtwende an. Wie Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle in der jüngsten Sitzung des Leutkircher Gemeinderats berichtete, habe sich der Ausschuss mehrheitlich für die Beibehaltung des bisherigen Systems ausgesprochen. „Wie es aber kommt, wissen wir nicht“, so das Stadtoberhaupt.
Was sind die Vor- und Nachteile des bestehenden Systems?
Das Landratsamt führt als Vorteile diese Punkte auf: eine hohe Sortenreinheit, also eine gute Qualität der Wertstoffe, kaum Fehlwürfe, ein höherer Recyclinganteil als im Holsystem, häufige Annahmemöglichkeiten (in Leutkirch zum Beispiel an sechs Tagen in der Woche), keine
Standplatzprobleme wegen zusätzlicher Tonnen.
Bei den Nachteilen nennt die Kreisverwaltung geringere Sammelmengen, weniger Komfort für die Bürgerinnen und Bürger, Mobilität als Voraussetzung zur Entsorgung, zusätzlicher Autoverkehr.
Was sind die Vor- und Nachteile der gelben Tonne?
Auf der Habenseite konstatiert das Landratsamt Ravensburg folgende Punkte: keine Verschmutzung öffentlicher Flächen durch umherfliegende Säcke, keine ungewollte Nahrungsquelle für Tiere, bessere Stabilität und Befüllungs- wie Lagermöglichkeiten sowie Erleichterungen für ältere und gehbehinderte Menschen.
Negativ sieht die Behörde in Ravensburg die festen Abholtermine, Lager- und Standplatzprobleme durch eine zusätzliche, weitere Tonne sowie mehr „Störstoffe“als im gelben Sack.
Wie bereitet sich die Stadt Leutkirch vor?
Sollte sich der Kreistag für die Einführung einer gelben Tonne entscheiden, sollen in der Leutkircher Innenstadt 120-Liter-Gefäße zum Einsatz kommen. Das hat der Gemeinderat beschlossen. Die Standardtonne hat ein Volumen von 240 Litern, was der blauen Papiertonne entspricht. Wie Oliver Keller von der Stadtverwaltung erklärte, sei bei dieser Größe in der Innenstadt an vielen Stellen ein Platzproblem zu befürchten. Deshalb sprachen sich die Stadträte – ausschließlich in der Innenstadt – für eine kleinere Variante aus. Die Leerung könnte 14-tägig erfolgen. Eine Abgabe der Verpackungen wäre dann – neben der gelben Tonne – nur noch in den Entsorgungszentren in Ravensburg-Gutenfurt sowie in Wangen-Obermooweiler möglich.
Sprechen sich die Kreisräte indes für das bisherige System – mit leichten
Verbesserungen – aus, wird die Leutkircher Stadtverwaltung auf Wunsch des Gemeinderats auf die Suche nach einem Standort für eine weitere Annahmestelle (Rollende Wertstoffkiste) nahe der Innenstadt gehen. Diese könnte dann – zusätzlich zum Wertstoffhof – samstags nutzbar sein. Bisher stehen solche Abgabemöglichkeiten in den Ortschaften zur Verfügung. Wie die Stadt mitteilt, habe die Landbell AG zugesagt, insbesondere in Stadtbezirken das Angebot der „Rollenden Wertstoffkiste“auszubauen.
Stadtrat Bernd Schosser (Unabhängige) plädierte dafür, dass – wenn sich der Kreistag für das bisherige System ausspricht – mit dem Betreiber des Leutkircher Wertstoffhofs Gespräche über eine Veränderung der Öffnungszeiten geführt werden. Wünschenswert sei seiner Einschätzung nach, dass das Gelände an manchen Tagen länger als bis 17 Uhr zugänglich wird.