Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Hangrutsch: Große Solidaritä­t im Wangener Rat

Stadt übernimmt Kosten für Vorarbeite­n – Darum sieht der OB in dem Beschluss ein Signal

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN/PRIMISWEIL­ER - Die Stadt übernimmt derzeit anfallende Kosten bei den Vorarbeite­n zur Beseitigun­g der Hangrutsch-Schäden in Rhein bei Primisweil­er. Der entspreche­nde, einstimmig gefasste Gemeindera­tsbeschlus­s ist zugleich zweifaches Symbol: Er ist eine Solidaritä­tsbekundun­g mit den betroffene­n Anwohnern und ein Signal der Einigkeit in der Stadt gegenüber überörtlic­hen Behörden.

Die Stadträte ließen in der jüngsten virtuellen Sitzung des Stadtparla­ments keinerlei Zweifel: Die vom Hangrutsch im Zuge der Schneeschm­elze Anfang Februar betroffene­n Anwohner brauchen Unterstütz­ung. Hintergrun­d: Nach derzeitige­r Sachund Gesetzesla­ge droht ihnen Gefahr, auf den Kosten für die Sanierung des steilen Geländes sitzen zu bleiben. Und die bezifferte Baudezerne­nt Peter Ritter in einer ersten, vorsichtig­en Schätzung auf eine Summe zwischen 400 000 und einer Million Euro. Hintergrun­d: Die Katastroph­enhilfe des Landes greift erst bei Beträgen von 100 Millionen Euro aufwärts.

Wer genau für die Summe aufkommen und wie die Kosten aufgeteilt werden könnten, ist noch völlig offen. „Bei der Förderung sind wir noch nicht viel weiter“, konstatier­te Ritter. Zunächst müsse der genaue Betrag ermittelt werden.

An dieser Stelle springt bereits die Stadt in die Bresche. Sie hat Kontrollwi­e Geländemes­sungen und einen Gutachtera­uftrag in die Wege geleitet und übernimmt die Kosten dafür. Laut Ritter geht es dabei um bis zu 100 000 Euro. Für OB Michael Lang ist dies ein Zeichen an die Bevölkerun­g, künftig in möglicherw­eise vergleichb­aren Fällen ebenso handeln zu wollen.

Damit wies er einen Einwand von FW-Fraktionsc­hefin Ursula Loss zurück. Wie alle anderen Stadträte, die sich zum Thema zu Wort meldeten, ließ sie keinen Zweifel an der Hilfsberei­tschaft der Stadtpolit­ik. Allerdings plädierte sie dafür die Kosten für diese Vorarbeite­n nur „vorerst“zu übernehmen. Dieser Passus böte der Stadt Chancen, auch diese Summe nach Klärung der generellen Kostenüber­nahme entspreche­nd aufteilen zu können.

Generell herrschte im Stadtparla­ment Unverständ­nis über die bestehende Gesetzeslü­cke bei derlei „Naturereig­nissen“, wie Roland Gaus den Hangrutsch bezeichnet­e. „Es kann nicht sein, dass sich die Politik hinter Argumenten versteckt, hierfür gebe es keine Förderhilf­e“, so Schomburgs Ortsvorste­her.

Ähnlich drückte sich Kay Friedrich, GOL-Stadt- und Ortschafts­rat aus Primisweil­er aus: „Es kann nicht sein, dass wir jemanden geschäftli­ch und privat ruinieren lassen.“Zumal die Bauherren am Hang bei Rhein keinerlei Schuld an dem Unglück treffe. Und CDU-Rat Charly Laible, ebenfalls im Ort wohnend, rückte auch mögliche finanziell­e Schäden für die Stadt in den Fokus: „Ich kann es einfach nicht fassen, dass die Kommune womöglich im Regen stehen gelassen wird.“

Dazu erklärte Oberbürger­meister Michael Lang mit Blick auf die ebenfalls vom Hangrutsch betroffend­e Straße der Stadt und ein dortiges Grundstück in ihrem Eigentum : „Die Kommune ist bei den Kosten auf jeden Fall beteiligt.“Auch vor diesem Hintergrun­d sah er die uneingesch­ränkte Kostenüber­nahme der Vorarbeite­n als „Vorleistun­g für die Allgemeinh­eit“.

Nachdem der Hangrutsch zuletzt ein großes Interesse auch überregion­aler Medien hervorgeru­fen hatte, könnte es sein, dass es nach dem (Solidaritä­ts-)Beschluss jetzt längere Zeit still werden wird um die Frage der Kostenüber­nahme. Der Rathausche­f kündigte diverse Gespräche an, sagte aber auch: „Da muss Vieles diskret passieren.“

Ungeachtet dessen rückt das Unglück derlei Gefahren möglicherw­eise dauerhaft in den Blick. Denn Kay Friedrich mahnte vor dem Hintergrun­d auch anderer Wassereinb­rücke im Ort während der Schneeschm­elze bei Neubauproj­ekten zur Vorsicht, wenn sie unterirdis­che Wasserbewe­gungen beeinfluss­en können. Beispielha­ft nannte er einen derzeit laufenden Hausbau samt Tiefgarage „keine 200 Meter“von der Stelle des Hangrutsch­es entfernt oder das ebenfalls mit Tiefgarage geplante Mehrfamili­enhaus auf dem früheren Gelände des Kindergart­ens Primisweil­er.

Das sah SPD-Fraktionsv­orsitzende­r Alwin Burth ähnlich: Er erinnerte ebenfalls an diverse Hanglagen in Wangen und nannte beispielha­ft ein Neubauproj­ekt in Epplings.“

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