Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Nektar für den Kleinen Fuchs und die Bienen
Warum Imkerin Monika Theuring Brennnesseln mag und den „Kahlschlag an Straßenrändern“verurteilt
OBERALLGÄU - Ein bisschen ärgert sich Monika Theuring über manche Straßenmeisterei und die Autobahn GmbH. Sie spricht von einem „Kahlschlag an Straßenrändern“. Manchmal würden die Sträucher bei Abholzaktionen Anfang eines Jahres regelrecht zerfetzt, kritisiert die Vorsitzende des Kreisverbands der Imker Oberallgäu. Dabei sei es wichtig, dass Insekten und Wildbienen im Frühjahr genügend Nektar finden. „Bitte keine Weidenkätzchen abschneiden und in die Vase stellen“, bittet die Fachfrau jetzt.
Weiden sind eine der ersten und wichtigen Nahrungsquellen für zahllose Insekten wie Schmetterlinge, (Wild-)Bienen und Hummeln. „Sie bieten eiweißreiche Pollen und Nektar an, wichtige Energielieferanten und Kraftfutter zur Aufzucht der Brut“, sagt Imkerin Theuring. „Aus diesem Grund stehen Weidenkätzchen auch unter Schutz und dürfen in der freien Natur nicht geschnitten werden.“Aber das scheinen viele nicht zu wissen. Immer wieder sind Spaziergängerinnen zu sehen mit einem Boschen Palmkätzchen unterm Arm als Schmuck für die Vase vor Ostern.
Wenn bald der Rasen im eigenen Garten wieder wächst, dann schnellen auch sogenannte „Unkräuter“wie die Brennnesseln in die Höhe.
Aber auch die seien sehr wichtig: „Sie sind Futterpflanzen für 30 Tagund Nachtfalterarten“. In manchem Privatgarten landen auch Löwenzahnsamen – und im Frühjahr wird die Wiese gelb vor leuchtender Blüten. „Bitte blühen lassen“, sagt Theuring. „Löwenzähne sind ein goßartiger Pollen- und Nektarspender, nicht nur für Bienen.“
Monika Theuring aus Rettenberg vertritt als Kreisvorsitzende der Oberallgäuer Imker 15 Ortsvereine im Oberallgäu und Kempten, in denen 780 Imker und Imkerinnen 5000 Bienenvölker betreuen. „Das Hauptanliegen unserer Verbandsarbeit ist die Förderung der Bienenzucht und, damit verbunden, die Sicherung der Befruchtung der Obstbäume und der insektenblütigen Kultur- und Wildpflanzen“, sagt Theuring.
Deshalb ärgert sie sich darüber, wenn an Rändern von Autobahnen wie bei Waltenhofen Böschungen über mehrere hundert Meter radikal gestutzt werden, wie es im Winter immer wieder geschieht. Teilweise sei das nicht fachgerecht. „Mancher Unternehmer macht Tabula rasa“, kritisiert auch Julia Wehnert vom Bund Naturschutz. Eine Entnahme von Teilbereichen sei in Ordnung bei 20 oder 30 Metern, aber nicht bei mehreren hundert.
Tobias Ehrmann von der zuständigen Autobahn GmbH, Außenstelle Kempten, sagt zu dieser Kritik dagegen: „In der Regel machen das die von uns beauftragten Firmen richtig.“Er spricht von regelmäßigen „Gehölzpflegemaßnahmen“. Diese muteten zwar „an einigen Stellen wie Rodungen oder Kahlschläge an, dienen aber der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit und auch zur Erhaltung der ökologischen Funktionen des Hecken- und Gehölzbestandes“. Grundsätzlich sei die Autobahn GmbH verantwortlich für die Standfestigkeit der Bäume, die auf ihren Grundstücken stehen.
Ehrmann ist überzeugt, dass vor allem Insekten dort schon bald „ein neues, umfangreiches Nahrungsangebot bekommen, da durch Samenanflug auf den gelichteten Flächen Blumen und Kräuter neu wachsen können. Die Sträucher treiben zudem wieder aus“.
Die Strukturvielfalt der Gehölze bleibe erhalten. Dass aber Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten insbesondere im Frühjahr Nahrung brauchen, darauf weist Imkerin Theuring hin. Außerdem seien Büsche Lebensräume „für Insekten sowie für Kleinsäuger und Vögel – und sollten nicht großflächig abgeholzt werden“.