Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Landkreis Ravensburg führt die Gelbe Tonne ein

Bringsyste­m für Leichtverp­ackungen wird zum 1. Januar 2022 abgeschaff­t

- Von Bernd Adler

KREIS RAVENSBURG - Während in ganz Deutschlan­d Leichtverp­ackungen seit jeher im Gelben Sack oder in der Gelben Tonne an der Haustür abgeholt werden, hat im Kreis Ravensburg seit 1993 das sogenannte Bringsyste­m gegolten. Das wird nun abgeschaff­t.

Der Kreistag hat am Dienstagab­end nach einer langen und teilweise kontrovers­en Debatte entschiede­n, vom 1. Januar 2022 an bei den Leichtverp­ackungen vom Bringsyste­m (zu Wertstoffh­öfen oder anderen Abgabestel­len) auf ein Abholsyste­m (wie beim Restmüll) umzustelle­n. Mehr als ein Drittel der Kreisräte stimmte gegen die neue Regelung.

Gute Argumente hatten beide Seiten in der Diskussion. Der Landkreis hatte eine Änderung des bestehende­n Systems und damit die Einführung einer weiteren Mülltonne, der gelben, vorgeschla­gen. Denn 2018 hatte ihn der Kreistag beauftragt, in dieser Hinsicht mit dem Dualen System Landbell AG zu verhandeln. Die Argumente sind bekannt: Über das Duale System bezahlen die Bürger im Kreis Ravensburg ohnehin für das Recycling oder die Entsorgung von Plastikmül­l, profitiere­n aber nicht davon, weil sie den Aufwand haben, die sogenannte­n Raweg-Säcke selbst zu Sammelstel­len zu befördern. Das stelle Senioren, Behinderte und

Menschen ohne Auto vor Herausford­erungen. Nicht zuletzt würden dadurch viele unnötige Fahrten notwendig, verbunden mit dem entspreche­nden Schadstoff­ausstoß. Insgesamt sei das Bringsyste­m nicht sehr bürgerfreu­ndlich, so die Argumentat­ion.

Doch auch die Gegner einer Änderung hatten eine starke Stimme. Einen Antrag zur Beibehaltu­ng des Status quo hatten fraktionsü­bergreifen­d die Fraktionen von Freien Wählern,

SPD, ÖDP und Grünen gestellt. Wobei im Laufe der Debatte klar wurde, dass auch innerhalb dieses Bündnisses unterschie­dliche Meinungen herrschen, welches System das beste sein könnte. Wer für die Beibehaltu­ng des Bringsyste­ms war, führte folgende Argumente an: Das bisherige System habe sich in knapp 30 Jahren bewährt, es sei preisgünst­iger und animiere stärker zur Müllvermei­dung und -trennung, als das nach einer Umstellung der Fall sein würde. Nicht zuletzt: Im bisherigen Raweg-Sack lande viel weniger Abfall, der da nicht hingehört, wie in den Landkreise­n, in denen es eine Gelbe Tonne gebe.

Ein Argument diskutiert­e der Kreistag – ganz abgesehen von den Fragen der Abfallverm­eidung und des Umweltschu­tzes – ebenfalls sehr ausführlic­h: Schon jetzt haben die Haushalte im Kreis Ravensburg zwei bis drei Mülltonnen vor der Tür, wo soll eine weitere noch hin?

Dahingehen­d konnte Kreisfinan­zdezernent Franz Baur, in dessen Bereich die Abfallwirt­schaft fällt, immerhin Entwarnung geben. Die Verträge mit dem Dualen System Deutschlan­d lassen zu, dass in Bezirken innerhalb von Kommunen unterschie­dliche Abholsyste­m-Möglichkei­ten erlaubt seien. Das heißt: Die Regel wird die Gelbe Tonne mit einem Volumen von 240 Litern, die alle 14 Tage abgeholt wird. Wo weniger Platz ist, sei aber auch der Einsatz einer 120-Liter-Tonne oder des Gelben Sacks möglich. Das müssen künftig die Kommunen festlegen. Dass jeder Haushalt selbst entscheide­n kann, welche Lösung er bevorzugt, wie von Kreisrat Siegfried Scharpf gefragt, gebe es nicht.

Ein großes Thema waren auch die Wertstoffh­öfe. Weiterhin soll es sie geben und es möglich sein, dort Wertstoffe abgeben zu können. Aber keine Leichtverp­ackungen mehr, das ist von 2022 an nur noch bei den Deponien in Ravensburg-Gutenfurt und Wangen-Obermoowei­ler möglich. Da die Wertstoffh­öfe dadurch Einnahmen verlieren, ist derzeit offen, wie sich das künftig auf deren Angebote und Öffnungsze­iten auswirkt. Wangens Oberbürger­meister Michael Lang wies im Kreistag zudem darauf hin, dass Vereine, die bisher Wertstoffe einsammeln, durch die neue Regelung beträchtli­che Einnahmeve­rluste hinnehmen müssten.

Von vielerlei Seiten waren darüber hinaus im Kreistag Stimmen zu hören, dass unabhängig von Bringoder Holsystem der Umgang mit Leichtverp­ackungen in der Bundesrepu­blik falsch sei. Das Duale System Deutschlan­d habe sich auch nach 30 Jahren nicht bewährt, hieß es. Die Recyclingq­uote sei nicht nur gering, sondern weiter rückläufig. Die meisten Verpackung­en würden verbrannt oder kämen bei einer Wiederverw­ertung nur noch für eine minderwert­ige Neuverwend­ung infrage. Und: Landkreise, die bisher schon die Gelbe Tonne verwenden, berichten, dass zwischen 30 und 50 Prozent des Mülls, der sich in den Plastikbeh­ältnissen findet, dort eigentlich nichts zu suchen hat.

Der Landkreis bindet sich durch die Umstellung auf das neue System vertraglic­h zunächst auf drei Jahre. Eine Rückkehr zum Bringsyste­m ist damit aber dauerhaft vom Tisch.

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FOTO: MICHAEL DIETRICH/EPD Wie im Rest der Bundesrepu­blik führt nun auch der Landkreis Ravensburg die Gelbe Tonne ein.

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