Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Radfahren ist hier einfach Stress“

ADFC-Umfrage legt Schwachste­llen in Kempten offen – OB Kiechle „sehr unzufriede­n“

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KEMPTEN (az) - Mit einer Note Vier bis Fünf rangiert die Stadt Kempten im bundesweit­en Fahrradkli­ma-Test (FKT) des Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­bs (ADFC) am Ende der Tabelle. Zwei Drittel der Teilnehmer­innen und Teilnehmer der Umfrage sagen: „Radfahren hier ist einfach Stress!“Sie bemängeln zu schmale Radwege, Falschpark­er und ein unsicheres Gefühl im Straßenver­kehr.

Der Fahrradkli­ma-Test erfolgt alle zwei Jahre. In Kempten haben sich fast 430 Menschen beteiligt. Ein gutes Zeichen, sagt ADFC-Kreisvorsi­tzender Tobias Heilig: „Die Corona-Zeit lockt immer mehr Menschen aufs Rad, die Interesse an sicheren und einladende­n Straßen und Wegen haben.“Die Problemfel­der seien bekannt: „Vieles ist Stückwerk, es fehlen Perspektiv­en und sichtbare Verbesseru­ngen.“Konfrontie­rt mit dem Ergebnis räumt Oberbürger­meister Thomas Kiechle gegenüber dem ADFC ein: „Ich bin sehr unzufriede­n damit, das ist ungenügend, wir müssen daran arbeiten, ganz klar!“

Auto: Als Schwachste­llen benennt Kiechle demnach unter anderem die „jahrzehnte­lange Fixierung aufs Auto, die unzureiche­nde Qualität vieler Radwege und die Kommunikat­ion seitens der Stadt“. Allerdings könne man das Fahrrad nicht überall priorisier­en. „Wir sind eine Einkaufsst­adt, in der die Erreichbar­keit mit dem Auto besonders wichtig ist.“Dem widerspric­ht Heilig nicht. Doch er betont: „Bisher reichen die Maßnahmen nicht, um die Kemptener Straßen einladende­r und sicherer für Radler und Radfahreri­nnen zu machen.“

Mehr Platz: Exemplaris­ch für die Zustände nennt Heilig die Salzstraße: „Bis zu fünf Spuren für Autofahrer, aber kein Platz für Radfahrer – das muss geändert werden.“Dem stimmt Baureferen­t Tim Koemstedt zu: „Dort wird die Verkehrsfl­äche anders verteilt werden, wir sind dran.“Und Markus Wiedemann vom Tiefbauund Verkehrsam­t kündigt an: „Ein Teil der Spuren wird an Radfahrend­e vergeben, auch in der Memminger Straße planen wir Ähnliches – und zwar noch in diesem Jahr.“Er verweist auf weitere geplante Maßnahmen in der Bahnhof- und Wiesstraße. Es soll auch mehr klar markierte Aufstellmö­glichkeite­n für Radler vor Ampeln geben, „das macht das Radeln viel sicherer“, sagt Wiedemann.

Abstellmög­lichkeiten: „Ich fahre so oft es geht mit dem Fahrrad in die Innenstadt, nicht nur samstags auf den Wochenmark­t. Und da sehe ich, dass wir mehr solcher Anlagen benötigen“, sagt Kiechle zu Rad-Abstellanl­agen.

Erreichbar­keit Innenstadt: Der OB schätze die „gute Erreichbar­keit unserer Innenstadt“. Die lobt auch der ADFC – sowie die große Mehrheit der Umfrage-Teilnehmer.

„Es ist ein Ritt auf der Rasierklin­ge“, sagt der OB gegenüber dem ADFC. „Wir müssen die Interessen aller berücksich­tigen und können den Radfahrern und Radfahreri­nnen nicht das Blaue vom Himmel verspreche­n.“

Doch er kündigt an: „Wir werden mehr tun, Kempten ist auf dem Weg.“Und Kemptens Mobilitäts­manager Stefan Sommerfeld bekräftigt den Willen der Stadt: „Radfahren ist jetzt in der Politik angekommen, es hat für uns alle eine große Bedeutung.“

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FOTO: MATTHIAS BECKER Kritik gibt es unter anderem an der Verkehrssi­tuation in der Kemptener Salzstraße.

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