Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Irrfahrt nach Vorarlberg mit spürbaren Folgen
Leutkircher Amtsgericht stellt das Verfahren vorläufig gegen eine Geldstrafe und Arbeitsauflage ein
LEUTKIRCH - August 2020: Vier junge Asylbewerber aus Gambia machten sich mit Auto und Grillutensilien auf den Weg zu einem „Barbecue“nach Langenargen.
Auf der Autobahn 96 kurz vor Lindau bogen sie – „sich auf ihr Navi verlassend“– aber nicht rechtzeitig ab und gelangten so bei Hörbranz über die Grenze ins österreichische Vorarlberg. Noch vor dem Pfändertunnel korrigierten sie ihre Irrfahrt, konnten wenden und „in wenigen
Minuten“wieder nach Deutschland zurückfahren.
So die Version der vier Ausflügler, von denen keiner einen gültigen Pass und einer keine gültige Duldung hatte, die dann von einer Polizeistreife mit erheblichen Konsequenzen kontrolliert wurden. Es folgten mehrere Stunden Vernehmung im Lindauer Revier, die Erstellung von Berichten und letztlich die Anklage durch die Staatsanwaltschaft. Der Wohnsitz von zwei der Betroffenen ist in Bad Wurzach, für sie war daher die Hauptverhandlung am Dienstagnachmittag
im Leutkircher Amtsgericht.
Mit schwerem Geschütz wartete hier die Anklage insbesondere gegenüber dem Fahrer der Gruppe auf: „Einschleusung zugunsten mehrerer Ausländer und unerlaubte Einreise“, hieß es. Letzteres wurde auch dem Mitfahrer zur Last gelegt. In der dann folgenden Beweisaufnahme mit ausführlicher Befragung durch das Gericht unter Mithilfe einer Dolmetscherin wurde aber in doch schlüssigen und geständigen Äußerungen der Beklagten zunehmend glaubwürdig, dass sie unabsichtlich eine Irrfahrt und damit dennoch „faktisch eine kurze Aus- und Einreise“unternommen hatten.
Der Staatsanwalt und die Verteidigerin sahen darin übereinstimmend, unterstützt von günstigen Sozialprognosen, „zwei minderschwere Fälle“und machten sich in ihren Plädoyers für die vorläufige Einstellung des Verfahrens, verbunden mit folgenden Auflagen stark. Gemessen am Einkommen der Angeklagten einerseits zu einer Geldstrafe von 750 Euro, zum anderen 40 soziale Arbeitsstunden.
Der leitende Amtsrichter Franz Hölzle folgte diesem weitgehend in seinem vorläufigen Einstellungsbeschluss.
Die Geldstrafe zugunsten des Fördervereins der Don-Bosco-Schule kann in drei Raten bezahlt werden, die 40 Stunden gemeinnützige Arbeit ist beim Jugendhilfe-Verein abzuleisten, kann aber auch in eine Geldstrafe von 400 Euro umgewandelt werden. Die beiden Beklagten erklärten sich mit dem Richterspruch einverstanden, der damit rechtsgültig ist.