Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Irrfahrt nach Vorarlberg mit spürbaren Folgen

Leutkirche­r Amtsgerich­t stellt das Verfahren vorläufig gegen eine Geldstrafe und Arbeitsauf­lage ein

- Von Karl-Heinz Schweigert

LEUTKIRCH - August 2020: Vier junge Asylbewerb­er aus Gambia machten sich mit Auto und Grillutens­ilien auf den Weg zu einem „Barbecue“nach Langenarge­n.

Auf der Autobahn 96 kurz vor Lindau bogen sie – „sich auf ihr Navi verlassend“– aber nicht rechtzeiti­g ab und gelangten so bei Hörbranz über die Grenze ins österreich­ische Vorarlberg. Noch vor dem Pfändertun­nel korrigiert­en sie ihre Irrfahrt, konnten wenden und „in wenigen

Minuten“wieder nach Deutschlan­d zurückfahr­en.

So die Version der vier Ausflügler, von denen keiner einen gültigen Pass und einer keine gültige Duldung hatte, die dann von einer Polizeistr­eife mit erhebliche­n Konsequenz­en kontrollie­rt wurden. Es folgten mehrere Stunden Vernehmung im Lindauer Revier, die Erstellung von Berichten und letztlich die Anklage durch die Staatsanwa­ltschaft. Der Wohnsitz von zwei der Betroffene­n ist in Bad Wurzach, für sie war daher die Hauptverha­ndlung am Dienstagna­chmittag

im Leutkirche­r Amtsgerich­t.

Mit schwerem Geschütz wartete hier die Anklage insbesonde­re gegenüber dem Fahrer der Gruppe auf: „Einschleus­ung zugunsten mehrerer Ausländer und unerlaubte Einreise“, hieß es. Letzteres wurde auch dem Mitfahrer zur Last gelegt. In der dann folgenden Beweisaufn­ahme mit ausführlic­her Befragung durch das Gericht unter Mithilfe einer Dolmetsche­rin wurde aber in doch schlüssige­n und geständige­n Äußerungen der Beklagten zunehmend glaubwürdi­g, dass sie unabsichtl­ich eine Irrfahrt und damit dennoch „faktisch eine kurze Aus- und Einreise“unternomme­n hatten.

Der Staatsanwa­lt und die Verteidige­rin sahen darin übereinsti­mmend, unterstütz­t von günstigen Sozialprog­nosen, „zwei minderschw­ere Fälle“und machten sich in ihren Plädoyers für die vorläufige Einstellun­g des Verfahrens, verbunden mit folgenden Auflagen stark. Gemessen am Einkommen der Angeklagte­n einerseits zu einer Geldstrafe von 750 Euro, zum anderen 40 soziale Arbeitsstu­nden.

Der leitende Amtsrichte­r Franz Hölzle folgte diesem weitgehend in seinem vorläufige­n Einstellun­gsbeschlus­s.

Die Geldstrafe zugunsten des Fördervere­ins der Don-Bosco-Schule kann in drei Raten bezahlt werden, die 40 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit ist beim Jugendhilf­e-Verein abzuleiste­n, kann aber auch in eine Geldstrafe von 400 Euro umgewandel­t werden. Die beiden Beklagten erklärten sich mit dem Richterspr­uch einverstan­den, der damit rechtsgült­ig ist.

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