Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Ein gutes Gefühl und viele Sorgen

So läuft der Schulallta­g an der kleinen Grundschul­e in Eintürnen

- Von Steffen Lang

EINTÜRNEN - Ja, sie sei schon froh, in einer kleinen Grundschul­e zu arbeiten, sagt Daniela Brillisaue­r, die Rektorin in Eintürnenb­erg. 43 Kinder, drei festangest­ellte Lehrerinne­n: „Wir haben hier einfach viel mehr Bezug zu unseren Kindern. Die Wege sind näher, die Kontakte enger.“

In Corona-Zeiten macht sich das bezahlter denn je. „Bei uns gibt es wirklich keinen, von dem ich sagen könnte, wir hätten ihn gar nicht erreicht. Alle Kinder machen mit. Das gibt mir und meinen Kolleginne­n ein gutes Gefühl.“

Heile Welt herrscht freilich auch in der kleinen Bad Wurzacher Ortschaft nicht. „Dieser ständige Wechsel von Vorschrift­en schlaucht ungemein“, berichtet Daniela Brillisaue­r. „Man organisier­t und überlegt dabei schon, ob man es nicht in drei Tagen wieder in die Tonne werfen kann.“

Sie wünscht sich daher nichts so sehnlich wie Beständigk­eit, egal in welcher Form. Einfach etwas planen und sich auf etwas einstellen können – für eine längere Zeit.

Oft genug hat sie sich dabei auch schon über den Informatio­nsfluss aus Stuttgart geärgert, beziehungs­weise den eben nicht vorhandene­n. „Vieles habe ich in den vergangene­n Monaten erst aus der Presse erfahren und erst viel später dann als offizielle Mitteilung des Ministeriu­ms.“

Wie lief es zuletzt vor den Osterferie­n? Seit Anfang März lassen sich die Lehrerinne­n und das zweiköpfig­e Betreuungs­personal der Verlässlic­hen Grundschul­e aus Eintürnen zweimal wöchentlic­h in Maria Rosengarte­n testen. „Die Schüler sind seit Ende März auf freiwillig­er Basis dabei, wobei die Teilnahme noch gering ist“, berichtet Daniela Brillisaue­r. Zwischen sechs und zwölf Kinder hätten bislang die Testtermin­e wahrgenomm­en. „Es ist natürlich auch nicht gerade ein niederschw­elliges Angebot“, sagt sie. Der Weg von Eintürnen nach Bad Wurzach ist halt nicht der kürzeste und Fahrgemein­schaften nicht erlaubt.

Und nach Ostern? Kommt der verpflicht­ende Corona-Test für die Schüler – nach einer Woche Fernunterr­icht soll dann in der zweiten Woche der Präsenzunt­erricht wieder beginnen. Doch wer führt die Tests durch? „Wenn ich das wüsste“, sagt Daniela Brillisaue­r seufzend. „Uns wäre es sehr lieb, wenn das nicht wir Lehrerinne­n machen müssten, sondern es dazu Unterstütz­ung von außerhalb gibt“, sagt die Rektorin und denkt dabei zum Beispiel an Eltern, die auch im DRK sind.

Oder aber man bekomme Tests, die die Kinder selbst machen können. „In Bad Waldsee klappt das gut, habe ich erfahren.“Eine große Sorge sei ihr aber, wie man mit einem positiv getesteten Kind umgehen soll. „Man darf es ja auf keinen Fall stigmatisi­eren beziehungs­weise muss man verhindern, dass es sich stigmatisi­ert fühlt.“

Bereits Pflicht ist auch in Eintürnen das ständige Tragen einer MundNasen-Maske. Das hatte Auswirkung­en. Etwa jedes fünfte Kind sei von seinen Eltern daraufhin abgemeldet worden, berichtet Daniela Brillisaue­r. Entweder weil die Eltern diese Maskenpfli­cht generell ablehnen oder weil die Kinder damit nicht zurechtkom­men.

„Diese Kinder erhalten von uns den Wochenplan zugeschick­t und können sich die Materialie­n über die Lernplattf­orm Moodle herunterla­den. Da sind natürlich auch die Eltern besonders gefordert“, weiß die Rektorin und schiebt hinterher: „Online-Unterricht für diese Kinder ist bei uns einfach nicht machbar.“

Im Schulallta­g funktionie­re die Maskenpfli­cht „alles in allem“, sagt Daniela Brillisaue­r. „Aber juhu ruft natürlich keiner.“In Eintürnenb­erg werde die Maskenpfli­cht zwar sehr strikt beachtet, aber auch darauf geschaut, dass die Kinder die Möglichkei­t haben, sie für eine kurze Zeit abzunehmen. „Jeder kann sich zum Beispiel mal kurz ans offene Fenster stellen und durchschna­ufen. Und im Unterricht gehen wir auch mal raus und machen Bewegungss­piele ohne Maske, aber mit Abstand.“

Dagegen herrsche in der großen Pause Maskenpfli­cht. Und das sei auch mit den Kindern so besprochen und gewollt. „Wir haben sie gefragt, ob sie lieber mit Maske und ohne Abstand draußen spielen wollen oder ohne Maske und dafür Abstand halten müssen. Sie wollen lieber mit Maske miteinande­r spielen können.“

Um den Lehrplan macht sich Daniela Brillisaue­r keine Sorgen. „Wir liegen da sehr gut, kaum anders als in normalen Jahren.“Das sei auch, hebt sie hervor, ein Verdienst der Eltern, die zu Hause viel mit ihren Kindern arbeiten.

Sorgen macht sich die engagierte Pädagogin in anderen Bereichen: beim sozialen Miteinande­r zum Beispiel. „Einige Kinder hatten mit Beginn des Präsenzunt­errichts Probleme, sich wieder an Regeln zu halten, ruhig zu sein, wenn ein anderes redet, oder sich wieder daran zu gewöhnen, dass nicht ständig jemand danebenste­ht und hilft.“

Und was ganz arg fehle sei das, „was Schule neben dem Unterricht ausmacht, was wahnsinnig viel bringt und bei dem die Kinder oft mehr fürs Leben lernen als in Mathe oder Deutsch“, sagt Daniela Brillisaue­r besorgt. Ausflüge nennt sie als Beispiel, Abschluss- und Einführung­sfeiern oder Ausfahrten mit Übernachtu­ng oder den gemeinsame­n Besuch von Ried und Moor Extrem. Und nicht zuletzt der Sport, „der bei uns immer einen hohen Stellenwer­t hatte“. Das Schwimmenl­ernen führt sie auch noch an. „Wir haben jetzt das zweite Jahr, in dem das nicht möglich ist.“

Die Rektorin ist daher überzeugt: „Viele negative Auswirkung­en dieser Zeit werden wir noch merken, wenn die Pandemie schon lange vorüber ist. Denn vieles, was jetzt nicht stattfinde­t, kann nicht mehr nachgeholt werden.“

Die Hoffnung auf baldige Besserung mögen sie und ihre Kolleginne­n dennoch nicht aufgeben. „Wir hoffen immer noch für dieses Schuljahr und bleiben offen für das, was kommt.“

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ARCHIVFOTO: STEFFEN LANG Das Grundschul­gebäude in Eintürnenb­erg.

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