Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
B 467-alt: Im Sommer werden die Karten neu gemischt
Probejahr für Tempo 40 endet im Juli – Aktionsgruppe votiert für Fahrradstraße
TETTNANG - Nach langer Diskussion, zahlreichen Verkehrsuntersuchungen und zwei gegensätzlichen Gemeinderatsbeschlüssen aus den beiden betroffenen Gemeinden ist auf der B 467-alt zwischen Tettnang und Kressbronn im Sommer vergangenen Jahres Tempo 40 eingeführt worden – zunächst für die Dauer von einem Jahr. Dieses Probejahr endet im Juli. Doch wie könnte es danach perspektivisch mit der Straße weitergehen?
Das Landratsamt, das als Straßenverkehrsbehörde zuständig ist, hält sich zu dieser Frage aktuell noch bedeckt. „Momentan ist hier noch alles offen“, teilt Landratsamtssprecher Robert Schwarz mit. Die Aktionsgruppe, die sich für die Einrichtung einer Fahrradstraße auf der B 467-alt stark gemacht hatte, begrüßt die Temporeduzierung auf Tempo 40 nach wie vor. „Man hätte aber durchaus noch ein paar Schippen drauflegen können – und das fordern wir nun auch nach dem Ende der Probezeit“, stellen Otto Remmert und Daniel Hegele von der Aktionsgruppe „Sichere B 467-alt“klar.
Wichtig wäre ihnen vor allem, dass viel mehr Autofahrer sich auch tatsächlich an das Tempolimit halten würden – denn nach wie vor würden viele Autofahrer ihrer Wahrnehmung nach auf der Strecke zu schnell fahren. Dennoch liege eines der größten Probleme in Sachen Sicherheit für Radfahrer aus Sicht der Aktionsgruppe gar nicht bei den Autofahrern – sondern bei den Lkws, die noch immer über die Straße fahren dürfen.
„Wenn ein Lkw einen Radfahrer anfährt, ist das deutlich gefährlicher als bei einem Auto. Auch der Winddruck ist höher. Hinzu kommt, dass Lastwagen auf der Straße beim Überholen gar nicht so viel Abstand halten können wie eigentlich notwendig wäre“, erklärt Daniel Hegele. Obwohl parallel die neue Bundesstraße verläuft, würden immer noch viele Sattelschlepper über die alte B 467 fahren. Das werde auch so bleiben, solange diese nicht für den Schwerlastverkehr gesperrt werde, glauben Daniel Hegele und Otto Remmert. „Die Lkw-Fahrer nutzen oft gar nicht absichtlich diese Strecke, aber sie werden vom Navi dorthin geleitet.“
Dass es nach dem Probejahr, das im Sommer ende, bei Tempo 40 bleiben wird, glauben Remmert und Hegele nicht. Entscheiden wird das letztlich die Straßenverkehrsbehörde. Mögliche Szenarien und Entscheidungen werde man von den Ergebnissen des gesamten Probezeitraums abhängig machen, erklärt Robert Schwarz vom Landratsamt.
Auch werde es gemeinsame Beratungen mit der Stadt Tettnang, der Gemeinde Kressbronn und der Polizei geben, die mit in den Entscheidungsprozess einfließen sollen. „In dieser Sache sind wir auch bereits in Kontakt mit der oberen Straßenverkehrsbehörde des Regierungspräsidiums Tübingen“, so Schwarz weiter.
Allerdings waren sich die Gemeinderäte in Tettnang und Kressbronn damals alles andere als einig: Der Tettnanger Gemeinderat sprach sich für eine Fahrradstraße aus. Doch weil die letzten 300 Meter der Straße auf Gemarkung Kressbronn liegen, hatte die Seegemeinde das letzte Wort – und entschied sich gegen das Vorhaben.
Die Stadt Tettnang stehe nach wie vor hinter dem Beschluss des Tettnanger Gemeinderats, teilt Stadt-Sprecherin Judith Maier mit. Zwar würden dazu bislang keine Zahlen vorliegen, jedoch „nehmen wir wahr, dass es eine erhebliche Reduzierung des Verkehrs gibt“, so Maier über die Tempo-40Maßnahme. „Wir unterstützen nach wie vor die Entscheidung des Tettnanger Gemeinderates, eine Fahrradstraße einzurichten. Das sollte nach wie vor das Ziel sein“, sagt Daniel Hegele.
Ob eine Fahrradstraße nun tatsächlich wieder näher in Betracht gezogen werden könnte, hängt unter anderem vom Anteil des Radverkehrs im Verhältnis zum Kfz-Verkehr ab. So dürfe eine Fahrradstraße nur eingerichtet werden, „wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald erwartet wird“, teilt Schwarz mit.
In den kommenden Monaten werde das Landratsamt weitere Verkehrszählungen durchführen, um insbesondere während der wärmeren Jahreszeit den Anteil des Radverkehrs zu erheben.
Sollte die Entscheidung für eine Fahrradstraße fallen, wäre für die B 467-alt eine straßenrechtliche Umwidmung erforderlich, da es sich dabei aktuell noch um eine Gemeindeverbindungsstraße für alle Verkehrsarten handelt. Für den Unterhalt dieser Straßen bekommen Kommunen außerdem derzeit Fördermittel, die dann mit der Einrichtung einer Fahrradstraße entfallen würden.
Die Aktionsgruppe habe sich nun zum Ziel gesetzt, das Thema wieder mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. Auf keinen Fall solle nach dem Probejahr eine Verschlechterung eintreten, etwa durch eine Rückkehr zum Ausgangszustand, betonen Remmert und Hegele.
„Auf Tempo 50 zu gehen wäre absurd. Dann würden die Leute wieder 70 fahren“, meint Hegele. Wichtig sei den Initiatoren, die schwächsten Verkehrsteilnehmer auf der Stecke zu schützen.
„In den unübersichtlichen Kurvenbereichen fordern wir ein Überholverbot“, so Hegele. Dort komme es immer wieder zu gefährlichen Überholmanövern. Hegele und Remmert sind überzeugt, dass weitere Maßnahmen, die die Straße für Autofahrer unattraktiver machen würden, zu einer Zunahme des Radverkehrs führen würden. „Wir müssen die Pendler auf die Straße bringen“, sagt Hegele. Auch könnte die B 467 mehr als Schulradweg genutzt werden – was wiederum die Elterntaxis an den Schulen reduzieren könnte.
Was bisherige Verkehrsuntersuchungen seit der Einführung von Tempo 40 an der B 467-alt bereits ergeben haben, dazu macht das Landratsamt aktuell keine Angaben.